Wie hat sich die Marketingstrategie des ÖAMTC über die Jahre entwickelt, insbesondere mit Blick auf Digitalmarketing?
Stefan Lorbeer: Digitales Marketing ist mittlerweile der größte Teil unseres Werbebudgets und hat sich enorm weiterentwickelt. Vor zehn Jahren ging es eher um einfache Banner-Werbung und Google-Suchanzeigen. Heute umfasst digitales Marketingkanäle wie Social Media, Digital Audio, Video und sogar Connected TV. Wir optimieren täglich, schauen, welche Kanäle wo gut funktionieren, und das macht digitales Marketing zwar komplex, aber auch sehr flexibel und messbar.
Seit Beginn des Jahres arbeiten Sie mit der Lead-Agentur „dreifive“ zusammen. Welche Rolle spielt die Zusammenarbeit im digitalen Wandel?
Lorbeer: dreifive ist für uns ein wertvoller Partner, der uns hilft, die Komplexität des Digitalmarketings zu steuern. Die Agentur unterstützt uns strategisch bei der Jahresplanung als auch bei der täglichen Kampagnenoptimierung. dreifive verfügt über spezialisiertes Know-how und Ressourcen, die es uns erlauben, gezielt und in Echtzeit zu steuern. Gleichzeitig übernehmen wir intern zunehmend kleinere Kampagnen, um Wissen aufzubauen und flexibler zu werden.
Welche Bedeutung hat KI im Marketing des ÖAMTC und wo sehen sie das Potenzial der Technologie in Zukunft?
Lorbeer: Künstliche Intelligenz nutzen wir bisher nur punktuell. Wir setzen es bereits in Bereichen wie der grafischen Gestaltung oder bei Google-Produkten ein, wo Performance-Max-Kampagnen KI-gestützt laufen. Das größte Potenzial der KI sehe ich darin, zielgruppengerechtere Werbeansprache zu schaffen – theoretisch könnte jeder unserer KundInnen ein individuelles Werbemittel erhalten. Auch in der strategischen Mediaplanung kann KI künftig helfen, Budgets optimal zu verteilen. Doch am Ende steht immer noch der Mensch im Vordergrund. Unsere Herausforderung ist es, KI effektiv einzusetzen, ohne den persönlichen Faktor zu verlieren.
Mit der zunehmenden Nutzung von KI und datengetriebenen Entscheidungen im Marketing: Wie stellen Sie sicher, dass die Privatsphäre und der Datenschutz Ihrer Mitglieder respektiert werden?
Lorbeer: Datenschutz hat für uns höchste Priorität. Wir sind in Österreich und Europa sehr strikt und setzen zusätzliche Maßnahmen um, die sicherstellen, dass die Daten der Konsumenten geschützt sind. Beispielsweise verwenden wir beim ÖAMTC serverseitiges Tracking, das verhindert, dass Daten an Dritte wie Google weitergegeben werden. Das reduziert zwar die Möglichkeiten des Retargetings, aber unsere langfristige Kundenbeziehung steht für uns an erster Stelle. Trotz dieser Einschränkungen können wir unsere Jahresziele kontinuierlich übertreffen, was zeigt, dass Datenschutz und Erfolg Hand in Hand gehen können.
Der ÖAMTC wurde 2024 in der Markenstudie „Brand Asset Valuator“ unter den 10 stärksten Marken Österreichs gelistet. Welche Faktoren haben Ihrer Meinung nach zu diesem Erfolg beigetragen?
Lorbeer: Das ist schwer, auf einzelne Komponenten herunterzubrechen. Wir sind das erste Mal in der Top Ten – früher waren wir immer so um Platz 15 herum. Wir haben versucht, die letzten Jahre eine sehr strategische Markenpositionierung anzugehen. Es gibt gewisse Imageattribute, die wir erreichen wollen, und wir planen danach – egal ob Text, Fotoshooting, ein Video oder eine Stützpunkt Beklebung. Es geht immer darum, die Marke einheitlich und konsequent zu positionieren.
Welche Marketing-Trends sehen Sie aktuell als besonders einflussreich für die Zukunft, insbesondere in der Mobilitätsbranche?
Lorbeer: Abgesehen von der KI, die ohne Frage ein enormer Einflussfaktor ist, sehe ich eine wachsende Bedeutung von Audioformaten. Lange galt Video als das Nonplusultra, aber jetzt erlebt Audio, vor allem Podcasts und Digital Audio, ein Comeback. Es bietet den KonsumentInnen die Möglichkeit, Inhalte zu konsumieren, ohne von ständigen visuellen Reizen überflutet zu werden und es zeigt, dass der Wunsch nach Entschleunigung wächst. Was unsere Branche betrifft, setzen wir bewusst den Trend vom reinen Automobilclub zum Mobilitätsclub für alle – egal ob mit oder ohne eigenes Auto. Unser Angebot reicht von Pannenhilfe für Fahrräder bis hin zu Schutzbriefen im Ausland. Damit sprechen wir ganz Österreich an und nutzen verschiedenste Kanäle, um alle Mobilitätsbedürfnisse abzudecken.
Welchen Rat würden Sie jungen Marketingfachkräften geben?
Lorbeer: Networking ist essenziell. Ich empfehle jungen Fachkräften, sich so früh wie möglich mit der Branche zu vernetzen und den Austausch mit KollegInnen und ExpertInnen zu suchen. Je häufiger man sich auf Branchen-Events trifft, desto mehr profitiert man von neuen Ideen und Perspektiven. Wer mutig ist und Chancen ergreift, kann in diesem Beruf sehr viel bewirken – auch wenn das manchmal bedeutet, Fehler zu machen und daraus zu lernen.
Internet World Austria berichtet in Zusammenarbeit mit dem Studiengang Marketing und Kommunikation der FH St. Pölten. Dieser Artikel wurde von Katharina Hahn und Felix Sonnleitner verfasst.