Wie ordnen Sie als Experte den Stellenwert von Corporate Influencing & LinkedIn in Österreich im internationalen Vergleich ein?
Stephan Kreissler: Österreich hat in den letzten Jahren enorm aufgeholt, sowohl was die Präsenz von Corporate Influencern auf LinkedIn betrifft als auch das Verständnis von Social Media als strategischem Kommunikationskanal. Im Vergleich zu Ländern wie Deutschland oder den USA sind wir noch nicht ganz auf Augenhöhe, aber es tut sich viel: Unternehmen erkennen zunehmend, dass Corporate Influencing nicht nur ein HR- oder Marketingthema ist, sondern ein echter Businesshebel, von Sales über Recruiting bis zur Markenbildung. Besonders stark ist das Momentum bei jenen Firmen, die authentisches Storytelling fördern und Mitarbeiter:innen aktiv unterstützen, als Persönlichkeiten sichtbar zu werden. Es gilt also die Kommunikation zu managen, geführt wird sie so oder so.
Welche Entwicklungen und Trends fallen Ihnen als Experte besonders auf?
Stephan Kreissler: Je stärker Künstliche Intelligenz in den Vordergrund rückt, desto wichtiger wird authentische Kommunikation mit echtem Mehrwert. Menschen vertrauen Menschen, besonders dann, wenn man die Person auch persönlich kennt oder zumindest ein Gefühl für ihre Sprache und Haltung entwickelt hat. Fühlt sich ein Beitrag unauthentisch oder generisch an, wird weitergescrollt oder sogar der Kontakt entfernt. Trends wie z.B. der starke Fokus auf Video-Content kommen und gehen. Der eigentliche Erfolgsfaktor ist aber eine langfristige, strategisch gedachte Positionierung: Wofür will ich als Person und Unternehmen stehen? Wer sind meine Zielgruppen? Und wie spreche ich sie wann und wie an? Natürlich gibt es Formate wie PDF Slider die gut performen, aber am Ende zählt der Inhalt: Relevante Themen mit echtem Mehrwert. Wer diesen Weg geht, punktet nachhaltig.
Welches heimische Corporate Influencing betrachten Sie als Vorzeigebeispiel?
Stephan Kreissler: Da gibt es mittlerweile viele großartige Beispiele , wie etwa MOON POWER, ProSiebenSat.1 PULS 4 oder ISS Austria. Einige dieser Unternehmen begleiten wir auch aktiv. Was sie eint: Der interne Enthusiasmus ist nach außen spürbar, und das schlägt sich in klar messbaren KPIs nieder. Ob Reichweite der Beiträge, qualitativ hochwertige Kundenanfragen oder gestärkte Arbeitgebermarke, gutes Corporate Influencing zeigt Wirkung.
Welche internationale Corporate Influencing ist Ihnen in den vergangenen Monaten aufgefallen?
Stephan Kreissler: Jede:r lebt in ihrer:seiner eigenen LinkedIn-Bubble, was auffällt, hängt also stark von der persönlichen Perspektive ab. Besonders beeindruckt mich die Kommunikation von vibe moves you. Auch wenn es sich um ein nationales Unternehmen handelt, spielt die Qualität ihrer LinkedIn-Präsenz international ganz vorne mit: langfristig strategisch gedacht, inhaltlich konsistent und mit hoher Beteiligung der gesamten Belegschaft. Postings werden kommentiert, Fragen beantwortet, neue Inhalte und Links hinzugefügt und Partner mit ein bezogen. Da kommen coole vibes rüber und die für sie wichtigen Player lesen mit!
Welchen schnell umsetzbaren Tipp können Sie für Corporate Influencer:innen und Unternehmen empfehlen?
Stephan Kreissler: Das LinkedIn-Profil jeder Mitarbeiterin und jedes Mitarbeiters ist eine Visitenkarte, oder besser: die dezentrale Vertriebs- und Markenabteilung. Der erste Schritt ist ein vollständiges und professionelles Profil: Ein hochwertiges Profilbild, ein individuelles Hintergrundbild, ein prägnanter Slogan mit Fokus auf Expertise, all das erscheint im Newsfeed anderer und entscheidet über Aufmerksamkeit. Wichtige Basics wie korrekte Namensangabe (keine Spitznamen oder Zweitnamen), eine geschäftliche E‑Mail-Adresse, ein aussagekräftiger Infobereich und die Verlinkung zum Unternehmensprofil sollten selbstverständlich sein, sind es aber oft nicht.
Dieses Interview ist Teil einer Interviewserie mit Mitgliedern des MCÖ Digital Marketing Experts Pool in Kooperation mit der Internet World Austria Redaktion. Stephan Kreissler, Gründer der Digital Agenturen AdsThatWork und Digitalisten, ist Initiator und Leiter des Pools der Digital Marketing Expertinnen und Experten. Er wird unterstützt von Harald Rametsteiner, Lehrgangsleitung für den MBA General Management an der FH des BFI Wien.