SKY endlich nicht mehr allein zuhause

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Albert Sachs
Millionendeal in der TV-Branche. RTL will SKY kaufen. Das ist eine Überraschung. Überrascht aber nicht wirklich. Auch im Fernsehgeschäft ändern sich die Rahmenbedingungen dramatisch. Um Geld zu verdienen, müssen sich die Sender neue Strategien überlegen.

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Wächst da zusammen, was längst zusammengehört? RTL will den Bezahlsender SKY Deutschland kaufen. Das Großgeschäft soll im kommenden Jahr über die Bühne gehen, denn der Millionendeal bedarf noch der Zustimmung der Medien- und Kartellbehörden. Für Sky Deutschland könnte damit eine lange Reise zu Ende gehen. Für RTL ist es ein logischer Schritt im Medienmarkt.

Die RTL Group will für die Sky-Übernahme 150 Millionen Euro in bar auf den Tisch legen. Der Verkäufer, der US-Medienkonzern Comcast, darf aber auf einen Nachschlag von bis zu 377 Millionen Euro hoffen, sollte sich die RTL-Aktie in den kommenden Jahren entsprechend gut entwickeln.

Komplizierte Verträge und verschachtelte Finanzkonstruktionen sind in der Wirtschaftswelt nichts Ungewöhnliches, in diesem Fall darf aber der gestaffelte Kaufpreis auch als ein Symptom für die Situation in der Medienlandschaft gewertet werden. TV gilt zwar noch immer als eine der wichtigsten Mediengattungen, aber längst nicht mehr als die potenteste und auch nicht als jene mit dem meisten Potenzial. Noch vor ein paar Jahren wäre bei einer Übernahme wie von SKY durch RTL möglicherweise ein Milliardendeal bejubelt worden. Aktuell fallen die Summen eine Kategorie geringer aus, und die früher euphorische Begleitmusik zu ähnlichen Zusammenschlüssen ist nüchterner Sachlichkeit gewichen. Das Fernsehen als einstiger Publikumsmagnet und damit intensiv sprudelnde Quelle von Werbeeinnahmen ist in den mühsamen Ebenen des medialen Alltags, um nicht zu sagen im Tal der Tränen, angekommen.

Wenn die Zuschauerinnen und Zuschauer sich immer häufiger mit anderen Medien vergnügen, Nachrichten und Informationen in anderen Kanälen suchen, sind im TV-Geschäft neue Allianzen, zukunftsweisendere Strategien als bisher gefragt. Aus RTL-Sicht ist es daher absolut sinnvoll, den einstigen Konkurrenten SKY Deutschland unter das eigenen Konzerndach zu holen. Nicht nur, weil Bertelsmann- und RTL Group-Chef Thomas Rabe aus seinem Unternehmen (wieder) einen einflussreichen europäischen Medienkonzern mit vielen nationalen Champions formen will.

Der ehemals hell leuchtende Stern am TV-Himmel, RTL, drohte immer mehr zu verblassen. Viele Formate laufen zwar noch gut, sind aber deutlich in die Jahre gekommen. Wichtige Sportrechte fehlen, wurden abgegeben oder sind wie die Formel 1 nur in einer halbherzigen Teilzeitlösung an RTL gebunden. Vor allem aber dürfte die RTL Group dem Streaming-Trend etwas verschlafen haben. Das konzerneigene Angebot RTL+ scheint nicht wirklich vom Fleck zu kommen. RTL+ wirkt längst nicht so glanzvoll und präsent wie Joyn, jenes von Pro7Sat.1, des ewigen RTL-Konkurrenz-Konzerns im deutschsprachigen Markt. Ganz abgesehen von den vielfältigen Angeboten der internationalen Techgiganten, von Amazon bis Netflix, von Apple über Disney und Paramount bis hin zu Rakuten TV.

Auf der anderen Seite steht SKY mit seiner wechselvollen und vielfach am Rande der Existenz verlaufenden Geschichte sowie ebenfalls einem Bezahl-Angebot, das sich mit immer mehr Aufwand und Anstrengungen gegen die ebenfalls immer vielfältiger werdende neue Konkurrenz durchsetzen muss. Spielfilme, Serien und Dokumentationen zählen längst nicht mehr zu den Trümpfen des 1990 als Premiere gestarteten Bezahl-Senders. Zu dessen Eigentümern schon damals neben der Kirch-Gruppe und dem französischen Canal Plus auch Bertelsmann zählte.

Vor allem mit Fußball und Formel 1 versuchte sich Premiere/Sky im hochkompetitiven deutschen TV-Markt durchzusetzen, schreibt in diesem Jahr möglicherweise sogar erstmals eine schwarze Null. Doch andererseits werden auch die internationalen Sportrechte immer teurer, während neue Anbieter wie DAZN und Canal + Sport auf den Markt drängen, Sport-Ligen und ‑Serien immer öfter Konzepte für die eigene TV-Vermarktung wälzen.

Sky Deutschland hätte mit der RTL Group endlich eine starke Mutter bzw. mit RTL einen starken Schwester-Sender an seiner Seite. RTL würde zudem nicht nur das Bezahlangebot von SKY Deutschland, sondern auch dessen Streaming-Marke wow für die DACH-Region, Südtirol und Luxemburg übernehmen und so in diesem Segment immerhin zur Nummer drei in der DACH-Region – nach Netflix und prime video – aufsteigen. 

Mit einer Übernahme würde sich nicht nur das Programm-Angebot von RTL und Sky weitgehend perfekt ergänzen, auch die unstete Reise des deutschen Bezahlsenders durch die Fernsehgeschichte fände möglicherweise ein positives Ende. Es wächst also zusammen, was zusammengehört.

Allerdings werden dadurch weder für RTL, SKY noch für die gesamte Branche die Wogen im heftig aufgewühlten deutschsprachigen, europäischen Fernsehmarkt geglättet.

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