Herr Seiringer, was waren aus Ihrer Sicht 2021 die wichtigsten Entwicklungen und für das Online-Angebot des ORF und für den Online-Markt in Österreich?
Matthias Seiringer: Aus unserer Sicht hat sich der Digitalmarkt 2021 durchaus positiv entwickelt. Wachstum konnten wir in erster Linie im Bereich Video und hier vor allem bei InStream-Video verzeichnen.
Worauf führen Sie diese Tendenzen zurück?
Seiringer: Die Kombination aus TV und Digital ist unschlagbar. Und genau hier hat die ORF-Enterprise mehr zu bieten als alle anderen am Markt. Das beflügelt die Umsätze in beiden Gattungen.
Wie lautet Ihre allgemeine Einschätzung des Online-Werbemarktes in Österreich, welche Tendenzen sehen Sie?
Seiringer: Leider vernehmen wir eine immer stärkere Abwanderung von Kunden und Digital-Budgets ins Ausland. Dadurch wird der Markt nachhaltig geschwächt, Wertschöpfung wandert ab. Wir sollten alle an einem Strang ziehen, heimische Player bevorzugen und so diesem Effekt entgegenwirken.
Mit welchen Entwicklungen und Innovationen dürfen die Werbekunden 2022 beim ORF zu rechnen?
Seiringer: Wir haben mit Contextual Intelligence gerade ein ausgesprochen smartes Produkt, komplett ohne Cookies und damit frei von datenschutzrechtlichen Bedenken gelauncht. Darauf werden wir einen Fokus legen und vor allem wollen wir das Produkt in Richtung Video weiterentwickeln. Video ist ein gutes Stichwort: Die Integration von Video in die Channels News und Sport schreitet voran und wird noch weiter ausgebaut. Die ORF-TVthek wird einen Relaunch erfahren, in dessen Zuge wir auch neue Features integrieren werden, die für unsere Kunden von großem Interesse sein werden. Inhaltlich stehen neben den Sporthighlights und hier vor allem der Fußball-WM im November/Dezember, einige Kulturhighlights auf dem Programm, die wir mit Sonder-Channels und zum Teil mit komplett neuen ORF-Channels begleiten werden.
Gibt es andere Ereignisse, die 2022 für Ihr Unternehmen wichtig werden?
Seiringer: Wie gerade erwähnt, stehen aus redaktioneller Sicht einige Highlights im Sport- und Kultur-Bereich an. Daneben wird heuer auch wieder gewählt. Die Bundespräsidentenwahl im Herbst wird wieder viel Traffic im ORF.at-Network generieren. Dazu kommen diverse TV-Highlights. „Starmania“ ist gerade in die neue Staffel gestartet. Hier wollen wir auch digital an die Erfolge des Vorjahres anknüpfen. Oder der „Song-Contest“ in Turin, den wir wieder redaktionell in allen Medien begleiten werden. Sie merken schon, viele spannende Umfelder für die unterschiedlichsten Kampagnen und Zielsetzungen.
Welche Werbeformen und Werbemittel werden Ihrer Meinung nach künftig eher an Bedeutung gewinnen bzw. verlieren und warum?
Seiringer: Der Videotrend ist ungebrochen. Für uns ist besonders auffällig, dass TV und Digital-Video immer weiter zusammenrücken und teilweise bereits gemeinsam geplant werden. Die Kombination verspricht schlichtweg Erfolg. Und selbstverständlich kann der ORF mit den unschlagbaren Reichweiten in TV und Digital hier besonders punkten.
DSGVO, 3rd-Party-Cookies, Cookie-Tracking, Programmatic unter Druck usw. – derzeit beherrschen viele Schlagworte die Branche. Steckt dahinter mehr als künstliche Aufregung?
Seiringer: Da steckt alles andere als künstliche Aufregung dahinter. Vor allem Programmatic sehe ich unter einem enormen datenschutzrechtlichen Druck. Hier wird es aus meiner Sicht zu starken Veränderungen kommen müssen. Naturgemäß sehen wir im ORF.at-Network Datenschutz als zentral an. Deshalb ist unsere technische und rechtliche Umsetzung schon jetzt strenger als bei anderen Marktteilnehmern. Diesen Weg werden wir auch weiter beschreiten und voran gehen, wenn neue und vor allem nutzerfreundliche Frameworks zu implementieren sind.
Was erwarten, was erhoffen Sie sich 2022 für den Online-Werbemarkt?
Seiringer: Ich erhoffe mir, dass wir unseren Markt schützen und heimische Player in den Fokus rücken. Das gilt für alle Bereiche: für die technischen Tools, die wir einsetzen, für die Agenturen, die wir beauftragen und natürlich für die Medien und Vermarkter, die gebucht werden. Ich erwarte mir, dass die Aufmerksamkeit der Verantwortlichen im Marketing viel stärker auf den Digitalbereich gerichtet wird und dass endlich auch Qualität im Digitalmarketing ein Wert beigemessen wird. Die einseitige Suche nach dem günstigsten TKP sollten wir mittlerweile hinter uns gelassen haben.