Was ist Ihre Meinung als Media-Beraterin, wenn Unternehmen ihren Online-Auftritt selbstständig in die Hand nehmen?
Marcela Atria: Prinzipiell würde ich große Etats an Mediaagenturen vergeben und kleine Etats selbst verwalten. Grundsätzlich beauftragen Unternehmen mit kleinen Etats keine Mediaagenturen. Mit einem kleinen Budget kann man es ohnehin auch selbst besser machen, solange man die grundlegenden Tools der Online-Werbung beherrscht. Eben diesen Unternehmen hilft zuerst auf jeden Fall eine wirklich gut gemachte, intelligente Webseite. Dafür ist das Wichtigste Search Engine Optimization, erst dann sollte man Search Engine Advertisement machen. Das muss natürlich die Webseite auch widerspiegeln. Also man sollte schon am Anfang strategisch festgelegt haben, wie man später Google bespielen will. Und wenn man das alles einmal gemacht hat, erst dann sollte man sich mit Social Media Ads beschäftigen.
Wie nehmen Sie den Wettkampf zwischen klassischen und Online-Werbeformaten wahr?
Marcela Atria: Also die Massenmedien erreichen jetzt noch den Großteil der Bevölkerung, trotzdem kann man nicht sagen, Fernsehen und Radio ist super und das bleibt alles so, wie es in den vergangenen 50 Jahren war. Denn dann kommt Netflix und nimmt Fernsehzeit weg. Da muss man sich sicher in den nächsten zehn Jahren etwas überlegen, wie wir damit umgehen. Man muss mit der Zeit gehen und sich neue Strategien und neue Inhalte überlegen, wie zum Beispiel Addressable-TV.
In einem Interview haben Sie gesagt: „Wie in der Mode hat jede Zeit ihre Werbeformate“. Was ist 2020 der „Mode“-Trend?
Marcela Atria: Das Thema für die Mediabranche 2020 ist, dass man versucht die Budgets zu behalten. Das ist zwar ein Trend, von dem man sagen kann, dass er nicht wahnsinnig dynamisch ist, aber auf der anderen Seite versucht man, wirklich dynamisch zu werden. Natürlich kann man über Corona lamentieren. Das ist auch wichtig, aber es bringt uns dazu, über vieles nachzudenken. Corona hat uns auch einen sehr sehr positiven Schub gegeben. Die Pandemie zwingt uns dazu, flexibel und dynamisch zu bleiben und insofern auch auf die Online-Kanäle zu schauen.
Welche Entwicklung würden Sie gerne in den nächsten Jahren in der Media-Branche sehen?
Marcela Atria: Was ich hoffe ist, dass man in der Online-Werbung die Menschen weniger stalkt, also Re-Targeting betreibt. Die Idee von Re-Targeting ist zwar großartig, aber das Sofa, das ich mir schon gekauft habe, muss ich nicht mehr sehen. Das habe ich ja gerade gekauft. Da würde ich lieber Werbung für Pölster oder einen Couch-Tisch bekommen. Denn das große Problem von zu viel Werbung ist, dass die Menschen abdrehen. Und wir müssen nicht viel, sondern intelligente Werbung zu machen.
In Kooperation mit dem Studiengang Marketing und Kommunikation der Fachhochschule St. Pölten veröffentlicht Internet World Austria Interviews mit Experten aus der heimischen Marketing‑, Werbe‑, und Medienszene. Dieses Interview wurde im Zuge der Kooperation von Stephanie Kerbl und Moritz Lugmayr geführt. Das redaktioneller Coaching erfolgte durch die Internetworld.at-Redaktion.