Was waren vor einem Jahr die hauptsächlichen Beweggründe für Sie, sich für das Amt des iab-austria-Präsidenten zu bewerben?
André Eckert: In meiner Brust schlagen als Publisher und Vermarkter zwei Herzen. Die Branche ist durch die Übermacht der US-Digitalgiganten und der EU-Regulierungen wie EU-Datenschutzgrundverordnung und der in Diskussion befindlichen ePrivacy-Verordnung in letzter Zeit stark unter Druck geraten. Das betrifft nicht nur die Digitalwerbelandschaft, sondern mittlerweile die gesamte Digitalwirtschaft. Daher war es mein Ziel, das iab austria zu einem starken Sprachrohr der gesamten Digitalwirtschaft zu machen, das mit anderen Verbänden kooperiert und über den Tellerrand der Werbung hinausschaut.
Wenn Sie das Jahr aus iab-Sicht revuepassieren: Was haben Sie in diesen etwas mehr als zwölf Monaten Ihrer Präsidentschaft bereits erreicht bzw. umgesetzt?
André Eckert: Wir haben das hervorragende Aus- und Weiterbildungsangebot nochmals ausgebaut und sind damit erstmalig in die Bundesländer gegangen. Mir ist es von Anfang an wichtig gewesen, zu dezentralisieren. Gemeinsam mit anderen Kommunikations- und Wirtschaftsverbänden hat die Arbeitsgruppe Public Affairs die Alliance for Digital Advancement formiert. Wir haben binnen eines Jahres die Mitgliederbasis um rund 15 Prozent vergrößert und uns für Start-ups zu sehr fairen Konditionen geöffnet. Sie haben damit von Anbeginn ihres Unternehmertums eine starke Interessensvertretung, die ihnen wertvolle Austausch- und Networking-Möglichkeiten bietet. Den wichtigsten Preis der Digitalwirtschaft, den iab webAD, haben wir auf vollkommen neue Beine gestellt und erstmals in einer neuen Location verliehen. Dabei haben wir einen neuen Einreichrekord aufgestellt. Vor allem konnten wir aber einen sehr fruchtbaren Dialog mit der Bundesregierung aufbauen. Sie hat sich den Interessen der Digitalwirtschaft im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft angenommen. Dadurch kam es auch zu Anpassungen in der EU-Datenschutzgrundverordnung und zu einer Entschärfung der ePrivacy-Verordnung. Unterm Strich konnten wir uns durch die breitere Mitgliederbasis weiter professionalisieren und neue Themenfelder erschließen, die einem gesamten Wirtschaftszweig dienen.
Einer der zentralen Fixpunkte im Laufe des Verbandsjahres ist – wie Sie erwähnt haben – der iab WebAd: Sind Sie mit der Entwicklung der Awardshow über die Jahre und mit der Außenwirkung des iab WebAd zufrieden?
André Eckert: Mit 258 Einreichungen konnten wir den Vorjahresrekord nochmals um 5,3 Prozent übertrumpfen. Die neue Location in der Marx Halle ist extrem gut angekommen. Der iab webAD hat seinen Stellenwert als wichtigster Preis der Digitalwirtschaft weiter gefestigt. Davon zeugt auch die Eröffnung durch Digitalisierungsministerin Margarete Schramböck, womit es erstmals politische Wertschätzung für die Preisträger gab. Der iab webAD ist in einem laufenden Evolutionsprozess, da er exakt die Trends und Entwicklungen der Branche abbildet. Wir werden im nächsten Jahr gemeinsam mit den Juroren und innerhalb der Arbeitsgruppe alle Elemente und Kategorien prüfen und sicherstellen, dass sie dem Markt entsprechen.
Welchen Themen im iab Austria harren noch der Umsetzung und was haben Sie im iab Austria für 2019 geplant?
André Eckert: Die in Verhandlung befindliche ePrivacy-Verordnung wird uns weiter intensiv beschäftigen. Vorrangig bleiben unsere Bestrebungen, nationale Wertschöpfung auszubauen und den Digitalstandort Österreich nachhaltig abzusichern und zu entwickeln. Die digitale Betriebsstätte ist noch nicht umgesetzt und von absoluter Wettbewerbs- und Steuergleichheit sind wir weit entfernt. Als Interessensvertretung der Digitalwirtschaft geht es uns auch immer darum, Leistungen sichtbar zu machen und Qualitätsstandards zu setzen, von denen die gesamte Branche profitiert. Hier arbeiten wir eng mit den Schwesterverbänden in Deutschland und der Schweiz zusammen. Erst kürzlich konnten wir in dieser Konstellation unseren Code of Conduct Programmatic Advertising erweitern. Sogar Google hat unterzeichnet. Auch die Absicherung der in der DACH-Region extrem wichtigen Sitebar bei der Coalition for better Ads war ein wegweisender Erfolg. Wir setzen uns weiter stark für Rahmenbedingungen ein. Es geht aber auch um Sensibilisierung auf Agentur- und Auftraggeberseite, um den Wertschöpfungs- und Steuerabfluss in die USA zu stoppen. Dazu leisten wir mit Qualitätsstandards, extrem hoher Brand Safety und Viewability weit über dem europäischen Schnitt einen wesentlichen Beitrag. Es bleibt trotzdem eine missionarische Aufgabe, auf die Vorteile heimischer Publisher und Vermarkter aufmerksam zu machen und den Verlockungen der US-Digitalgiganten zu widerstehen. Das iab austria soll künftig auch für neue Player der Digitalwirtschaft die erste Adresse sein. Wir werden unsere Mitgliederstruktur nach der Entwicklung des Marktes ausrichten und geben uns große Mühe, alle Wirtschaftszweige der Digitalwirtschaft zu repräsentieren und zu vertreten.
Nach der ersten Hälfte Ihrer Präsidentschaft haben Sie sicher Vorstellungen über Ihre Zukunft im iab Austria: Würden Sie gern eine zweite Funktionsperiode als Präsident absolvieren?
André Eckert: Das liegt nicht an mir. Wir haben aktuell ein extrem motiviertes, professionelles und engagiertes Vorstandsteam und ein wunderbar zielstrebig und effizient arbeitendes Büro rund um Geschäftsführer Stephan Kreissler und Karin Duft. In den Arbeitsgruppen wird viel und herausragend gute Arbeit geleistet. Wenn dieses Team die erste Periode mit diesem Drive weitermacht, wäre es schön, gemeinsam für eine zweite Runde zu kandidieren.
Sie sind ein „alter Hase“ im Vermarktungsbusiness – sowohl bei Online‑, als auch bei Offline-Medien – und haben schon viel erlebt: Wie stellt sich Ihnen das Online-Vermarktungsbusiness im Jahr 2018 im Vergleich zu früheren Jahren dar?
André Eckert: Der technologische Fortschritt – Stichwort Programmatic Advertising – ist Fluch und Segen zugleich: Er öffnet neue Möglichkeiten, fordert uns aber gleichzeitig. Wissenserweiterung und Fortbildung gehören zum Alltag. Bei aller Technologie dominiert zum Glück noch immer das Menschliche. Da können wir als Online-Premiumvermarkter austria.com/plus unsere Vorteile wie Beratungskompetenz, Service und Unterstützung klar ausspielen. Im Vergleich zu vor zehn Jahren hat sich alles geändert: Ehemals stark konkurrierende Unternehmen rücken zusammen, weil das Bedrohungsszenario ein anderes geworden ist. In der Digitalwerbung kämpfen fast die gleichen Anbieter wie früher nicht mehr um 90 Prozent des Kuchens, sondern nur mehr um die Hälfte des Budget-Kuchens, weil gefräßige Monopolisten wie Facebook, Google und Co. kräftig zugebissen haben. Wir befinden uns in einem Ungleichgewicht, das gemeinsame Interessen stärkt.
Was sind aus Ihrer Sicht die dominierenden Themen für die kommenden Monate für digitale Publisher und Vermarkter?
André Eckert: Der steigende Video-Konsum wird uns in den nächsten Monaten intensiv beschäftigen. Er ist ein Wachstumstreiber und bietet neue Monetarisierungsmöglichkeiten. Die Mobile-Spendings entsprechen bei weitem nicht der starken Nutzung mobiler Devices; Dieser Gap muss kleiner werden! Brand Safety und Viewability sind dominierende Themen im Vermarktungsbusiness. Damit können wir uns im globalen Wettbewerb stark abgrenzen. Die Beratungskompetenz auf Vermarkterseite muss noch weiter steigen, um Programmatic-Prozesse optimal zu unterstützen und den Kunden neue Kompetenzfelder zu bieten. Auf Publisher-Seite braucht es differenzierten Qualitätscontent statt reiner Agenturmeldungen. Am starken Wachstum unseres Portals VIENNA.AT sehen wir deutlich, wie sich Investitionen in den Content User-seitig rechnen und damit auch das Vermarktungsgeschäft ankurbeln.