Die integrierte Kommunikation ist tot! Es lebe die integrierte Kommunikation!

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Albert Sachs
BMW legt sein deutsches Modell für integrierte Markenkommunikation auf Eis. Integrierte Kommunikation ist tot. Ein Gegenbeweis kommt aus Österreich. Integrierte Kommunikation ist quicklebendig.

Ausgespielt. Mit THE GAME schuf BMW vor drei Jahren eine eigene, überdisziplinäre Agentur, die exklusiv für den Autobauer arbeiten und sowohl eine organisatorische wie auch kreative Klammer über Werbung, PR, Sozial-Media-Aktivitäten sowie Erlebnis- und Eventmarketing schaffen sollte. Eine klare, vor allem aber in allen Kanälen einheitliche, gebündelte und damit vermeintlich stärkere Ansprache der Kundinnen und Kunden. „Eine effektive Orchestrierung der Bereiche Brand Campaign, Brand Experience, Brand Content, Brand Protection und Public Relations” lautete nach eigenen Angaben die kommunikative Vision.

Jetzt ist das Modell gescheitert. BMW hat diverse Kommunikationsaktivitäten wieder zielgerichtet für einzelne Spezialagenturen neu ausgeschrieben, scheint Markenwerbung und PR wieder zu entkoppeln. Das Modell der integrierten Kommunikation ist tot.

Mit einer Insolvenz im Vorfeld, einer komplizierten Konstruktion und Eigentümerstruktur, kolportierten persönlichen Animositäten sowie angeblich strukturellen, organisatorischen und inhaltlichen Problemen mag das Scheitern des ambitionierten Agenturmodells viele interne Gründe haben. Es verdeutlicht aber auch, dass Markenkommunikation (verkürzt: Werbung) und Public Relations nicht allzu viel miteinander zu tun haben und es sich dabei um zwei völlig verschiedene Disziplinen handelt.

Werbung und PR funktionieren nach völlig unterschiedlichen Wirkmechanismen und ökonomischen Rahmenbedingungen, sie haben unterschiedliche Ziele und Zielgruppen, jeweils eigene Aufgaben und laufen über unterschiedliche Kanäle. Zu all dem gesellt sich die Tatsache, dass die Basis und das Umfeld für dieses Disziplinen in den vergangenen Jahren unendlich vielfältiger und damit auch schwieriger geworden sind, als sie es noch vor 20, 30 oder gar 40 Jahre waren. Hat sich die Dualität von Werbung und PR in den Boomer-Jahrzehnten kaum verändert, so sind beide Disziplinen mit den beginnenden 1980er-Jahren anfangs nur gemächlich und mit zunehmender zeitlicher Nähe zum Jetzt immer mehr in Spezial- und Unterkategorien ausgefranst, die eigene Rahmenbedingungen mit sich brachten und spezielles Know-how erforderten.

Integration kann unter diesen Rahmenbedingungen gelingen. Sie muss aber nicht zwangsweise gelingen. Zumal mit der zunehmenden Spezialisierung auch der Aufwand für diese Integration wuchs und weiter wächst.

Damit sind wir beim Wechsel von Deutschland nach Österreich, von BMW zu Porsche. Denn ausgerechnet in der kleinen Alpenrepublik zeigt eine Agentur, wie eine solch disziplinenübergreifende Konstruktion auch gelingen kann. Porsche Media & Creative (PMC), schon 1989 als Inhouse-(Media)Agentur und 100-Prozent-Tochter der Porsche Holding Salzburg gegründet, hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr zum Anbieter von integrierten Services entwickelt. Dieses Modell scheint, zumindest von außen betrachtet, zu funktionieren. Die Gründe dafür liegen zum einen möglicherweise in den nicht zu hochtrabend formulierten Ansprüchen und Zielen, zum anderen vermutlich auch in der Überschaubarkeit des Marktes und dessen Besonderheiten. Gerade im Automarkt wird die Kreation vielfach aus dem Ausland zugeliefert, kommen die kommunikativen Vorgaben von den Stammhäusern. 

Österreich, ein kleiner Markt, in dem die große Kommunikationswelt ihre Probe abhält. Eben, weil dieser Markt kleiner, die Strukturen überschaubar, die Ambitionen realistischer und die Ziele erreichbarer sind. Integrierte Kommunikation ist auch in einem fragmentierten Marketing- und Medienuniversum möglich.

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