Frau Schneeweis, wie trägt Data-Driven Media zur Personalisierung von Medieninhalten und Werbekampagnen Ihrer Meinung nach bei?
Schneeweis: Es gibt mehrere Möglichkeiten aufgrund einer Vielzahl von Daten. Der Begriff „Data-Driven“ bezieht sich breit gefasst auf datengetriebener Ausspielung von Werbungplatzierungen. Konkrete Anwendungsfelder dafür wären beispielsweise Dynamic-Ads oder Responsive-Ads, bei denen Texte, Bilder und Videos dynamisch je nach den Zielgruppendaten angepasst werden. Dies sind Werbebanner oder auch Videos, bei denen das Grundgerüst festgelegt wird und Bilder sowie Texte entsprechend den Targeting-Einstellungen gewechselt werden können.
Welche AdTech-Tools setzt Österreich Werbung ein?
Schneeweis: Die Österreich Werbung setzt auf eine breite Vielfalt an Tools, die für die internationale Werbeausspielung und Werbemessung relevant sind. Angefangen von Google Ads Systemen, aber auch Adserver, DSP und viele mehr. bis hin zu einem Dashboard, das unsere Marktforschungsergebnisse als auch die weltweiten Marketingdaten aus den unterschiedlichen Systemen visualisiert, um Erkenntnisse zu gewinnen und die Werbeaktivitäten unserer Partner abzubilden. Prinzipiell ziehen wir alle Systeme innerhalb der Werbetechnologie inhouse und verwalten damit die gesamte Infrastruktur auf den Accounts der Österreich Werbung.
Bezüglich Digital AdTech gibt es bekanntlich datenschutzrechtliche Bedenken (Datenverarbeitung/-sammlung, Tracking/Profilbildung,…). Teilen Sie diese Sorgen und wie stellt Österreich Werbung die Einhaltung der DSGVO sicher?
Schneeweis: Als Nutzer teile ich natürlich auch gewisse Bedenken. Ich möchte aber betonen, dass die Daten, die wir tatsächlich haben, nicht so umfangreich sind, wie sie oft dargestellt werden. Wir arbeiten hauptsächlich mit nicht-sensiblen-Daten, da der öffentliche Auftrag der Österreich Werbung darin besteht, für Urlaub in Österreich zu inspirieren und die Branche zu unterstützen. Das bedeutet, wir verkaufen keine Unterkünfte und haben daher CRM-Daten. Unsere Daten beziehen sich vor allem auf Website-Nutzer und Marketingdaten, die wir verwenden. Wir legen großen Wert auf Datenschutz und markieren keinen Nutzer mit Cookies, ohne die ausdrückliche Zustimmung zu haben. Alle unsere Aktivitäten sind darauf ausgerichtet, Tools nur mit Zustimmung zu nutzen, auch in Anbetracht des EU-Gerichtsurteils von damals.
Sie haben in einem Blogbeitrag über eine Zukunft ohne Cookies berichtet. Wie bereitet sich Österreich Werbung auf die Zukunft ohne Cookies vor?
Schneeweis: Wir bereiten uns seit Jahren auf diese Veränderungen vor und haben verschiedene Datenquellen evaluiert. Wir testen Daten, die ohne Cookies auskommen, wie zum Beispiel Wetterdaten, statistische Erkenntnisse und kontextuelles Targeting, das den Inhalt einer Seite analysiert. Zudem gibt es alternative Ansätze, die auf alternative IDs oder browserzentrierte Lösungen setzen, um Benutzer zu identifizieren und den Datenschutz zu gewährleisten. Diese Veränderungen bieten Alternativen zum Cookie-basierten Targeting und sind in verschiedene Kategorien unterteilt: predictive, kontextual, ID-Solutions und browserzentrierte Lösungen.
Wir waren auf der diesjährigen DMEXCO, wo das Thema KI ein sehr großes war. Wird KI Ihr Arbeitsleben verändern, oder hat sie das bereits?
Schneeweis: Ehrlich gesagt, nutze ich persönlich auch viel Text-Automatisierung. Besonders bei E‑Mail-Antworten ist es oft hilfreich, vorformulierte Texte zu verwenden oder Texte zu kürzen, um auf den Punkt zu kommen. Allerdings sollte man die automatisierten Texte immer parallel überprüfen. In der Österreich Werbung testen wir viele verschiedene Ansätze. Wir haben bereits mit Midjourney und HeyGen experimentiert, um Übersetzungen anzupassen. Wir haben auch einen Chatbot entwickelt, der auf Basis von Chat-GPT und unserer Websiteinhalte arbeitet. Der Chatbot ist in der Beta-Phase und lernt mit jeder gestellten Frage. Dies ist unser erstes Praxisprojekt, das wir auf der Webseite veröffentlicht haben.
Gibt es interne Regelungen für die Verwendung von KI einerseits im Arbeitsleben, andererseits auch für Kampagnen oder eben speziell für diesen Chatbot?
Schneeweis: In den Kampagnen ist die Grenze zwischen Algorithmus und Künstlicher Intelligenz nicht immer klar. Gerade in der automatisierten Werbung spielt KI eine bedeutende Rolle. Die Regulierung ist noch nicht umfassend, aber wir sind in einer Pilotphase, in der wir ausgiebig testen können. Wir haben auch Weiterbildungsprogramme, zum Beispiel im Bereich Texten, da viele unserer Mitarbeiter redaktionell tätig sind. Wir erkunden auch Möglichkeiten, wie KI zur Entwicklung kreativer Ideen oder zur Bildgenerierung genutzt werden kann. Der Umgang mit AI wird in der Österreich Werbung stark gefördert, achten jedoch darauf, keine sensiblen Daten zu verwenden. Es gibt auch eine Pilotphase, in der die ersten Mitarbeiter eine ChatGPT-Variante mit Unternehmenslizenz testen, um sie in unseren Arbeitsalltag zu integrieren.
Es gibt auch hier kritische Stimmen zur Entwicklung der KI. Wie sehen Sie die schnelle Entwicklung von KI?
Schneeweis: Es ist verständlich, dass es Sorgen gibt. Was ist die Datenquelle? Wer speist die KI mit Daten, von denen sie dann lernt? Wie schauen die Projektgruppen, die Entwickler aus? Wie sind die ethisch zusammengesetzt? Wie viele Frauen sind darunter? Also das bringt einmal viele Vorurteile mit sich. Die AI wird da zum Teil dann auch indirekt subjektiv. Aber es gibt auch anderer Gefahren, die durch die Nutzung entstehen. Technologie kann missbraucht werden, aber im Marketing sehe ich persönlich nicht so viele Gefahren, da es eine vergleichsweise harmlose Branche ist.
Österreich Werbung ist international vernetzt. Gibt es Unterschiede in den Marketingstrategien und Herangehensweisen?
Schneeweis: Unsere Herangehensweise basiert auf marktspezifischen Marktforschungserkenntnissen. Wir haben ein eigenes Marktforschungsteam im Haus, das den ersten Schritt unternimmt, um die Potenziale in verschiedenen Märkten zu identifizieren. Unsere Budgets werden auf Grundlage dieser Erkenntnisse verteilt. Es gibt natürlich Unterschiede in der Ansprache und den Themen, je nachdem, welchen Markt wir ansprechen. Zum Beispiel, wenn es um Winterurlaub geht, kann für einen Markt der Familienurlaub relevant sein. Wir berücksichtigen Informationen darüber, ob die Menschen als Paare reisen, als Familie, ob Großeltern dabei sind und so weiter. Diese Informationen fließen in unsere Werbung ein, ebenso wie kleinere Details wie die Sprache, die angepasst werden müssen. Es kann auch so etwas sein wie die Verwendung des Wortes „Ferien“ statt „Urlaub“ in der Schweiz.
Ist Österreich hier im Vergleich mit anderen Ländern in gewissen Themen hintennach?
Schneeweis: Es schaut nicht ganz so schlecht aus, würde ich sagen. Österreich kann sich schon anschauen lassen, aber es gibt natürlich auch Bereiche, in denen andere Länder klar die Nase vorn haben. Insbesondere im Bereich Emerging Channels – neue Kanäle – und Automatisierung von ehemalig klassischen Kanälen. In Großbritannien ist es schon seit Jahren möglich, über die gängigen Technologien Digital out-of-Home Werbung programmatisch einkaufen.
Internet World Austria berichtete in Zusammenarbeit mit dem Studiengang Marketing und Kommunikation der FH St. Pölten. Dieses Interview wurde im Zuge der Kooperation von Dilara Altinbas und Philipp Strommer geführt.