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© leisure communications/Christian Jobst

CCA Fair Work: Rückblick und Weichenstellung für eine zukunftsfähige Kreativbranche

Der Creativ Club Austria zog Bilanz über die bisherigen Erfolge der Fair-Work-Initiative und gab einen Ausblick auf die nächsten Aktivitäten. Für wichtige Impulse sorgte auf Einladung des Clubs die Hamburger Personalagentur Dear Human.

Der Creativ Club Austria (CCA) reflektierte ein weiteres Jahr der „CCA Fair Work Initiative“. Die von der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation Wien geförderte Initiative wurde 2022 ins Leben gerufen, um die Arbeitsbedingungen in der Kreativbranche zu beleuchten. Neben Gehältern und Arbeitszeiten geht es auch um Diversität, respektvollen Umgang und eine zukunftsorientierte Arbeitskultur. Im Rahmen des „CCA Fair Work“-Recaps präsentierte die Hamburger Agentur Dear Human, wie gelebte Vielfalt zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil für Kreativbetriebe werden kann.

Herausforderungen und konkrete Maßnahmen

Der Creativ Club Austria setzt sich für faire und zukunftsorientierte Arbeitsbedingungen ein. Mit Österreichs größter Branchenumfrage identifizierte er die Hauptprobleme: Die Branche leidet unter einem schlechten Ruf, oberflächlicher Mentalität, veraltetem Führungsstil und ungleichen Arbeitsbedingungen. Maßnahmen wie Coachings, Workshops und Diskussionsformate wie der „Talk der Erregung“ im Rahmen der Ausstellung „Raum der Erregung“ oder der Podcast „Mutter und Muße“ sorgten seither für positive Impulse.

„Werbung war für viele Menschen lange Zeit einer der schönsten Jobs der Welt: kreativ, offen, antreibend, sinnstiftend, besonders. Natürlich ändern sich jedoch über Generationen hinweg die Ansprüche an das Berufsleben. Wenn wir Werbung wieder zu einer attraktiven Arbeitgeberin machen wollen, müssen auch wir uns verändern – durch zeitgemäße Kommunikation, faire Bedingungen und klare, für alle geltende Regeln. Diese geben die Linie vor und sorgen für Gleichberechtigung aller, sowohl junger als auch älterer Generationen in unserer Branche“, so Rita-Maria Spielvogel (BBDO Wien) als Vertreterin der Fair-Work-Arbeitsgruppe im CCA.

Nächste Ziele und Programmausblick

Die positive Resonanz auf bisherige Workshops zeigt den Veränderungswillen der Branche. Am 31. Oktober 2024 laden CCA und designaustria zum „Frühstück mit Folgen“ ein, um die Gleichstellung in der Kreativwirtschaft zu beleuchten. Künftig sollen das Arbeitsumfeld innerhalb von Agenturen und die Zusammenarbeit mit den Kunden stärker in den Fokus rücken. Anfang November fördert der Workshop „Feedback on Creative Work“ mit Designer und Autor Sven Ingmar Thies, das gegenseitige Verständnis zwischen Kreativen und Auftraggebern. Anfang 2025 wird der „Creative Leadership Workshop“ neu aufgelegt. Ergänzend startet im Herbst 2024 eine Umfrage unter Studierenden, um die Erwartungen der nächsten Generation zu verstehen.

„Um die Kreativbranche langfristig attraktiv zu halten, müssen wir jetzt eine Kultur schaffen, die Vielfalt, Zusammenarbeit auf Augenhöhe und die Bedürfnisse der nächsten Generation fördert“, kommentiert Reinhard Schwarzinger (CCA).

Diversity als Treiber für eine zukunftsfähige Kreativbranche

Die Keynote der Diversity-Expertinnen Simone Domke und Fabienne Braun-Haffani von der Hamburger Agentur Dear Human verdeutlichte: Gelebte Vielfalt ist mehr als ein moralischer Anspruch – sie treibt Kreativität, Innovationskraft und eine positive Arbeitskultur voran und wird so auch zum strategischen Vorteil. Laut der Diversity Umfrage der deutschen GWA, dem Gesamtverband Kommunikationsagenturen, legen 67 Prozent der unter 30-Jährigen großen Wert auf eine klare Haltung ihres Arbeitsgebers zu Diversity. Während 44 Prozent kritisieren, dass nicht-weiße Menschen in Unternehmen noch zu wenig gefördert werden. Braun-Haffani betonte, dass junge Talente genau prüfen, ob Unternehmen wirklich hinter ihren Werten stehen – ohne authentische Diversity-Strategien wird es schwierig, diese langfristig zu binden.

Unconscious Bias: Das unsichtbare Hindernis

Eine der größten Hürden auf dem Weg zur echten Vielfalt sind unbewusste Vorurteile (Unconscious Bias). Domke beschrieb, dass unser Gehirn rund 90 Prozent seiner Entscheidungen automatisch trifft, wodurch Vorurteile unbewusst wirken. Ein Beispiel ist der Affinity Bias – also die unbewusste Bevorzugung von Menschen, die uns ähnlich sind. Dieser kann auch Recruiting-Prozesse stark beeinflussen. Umso wichtiger sei es, das Bewusstsein für diese Mechanismen zu schärfen und gezielt gegenzusteuern.

Das Gegenmittel? Nicht das Unisex-Toilettenschild

Die ExpertInnen betonen, dass echte Diversity nicht durch symbolische Maßnahmen erreicht wird. „Alles beginnt mit dem Commitment der Führungsebene,“ erklärt Braun-Haffani. Nur wenn Diversity in all seinen Dimensionen als strategisches Ziel verstanden wird, kann tiefgreifende Veränderung entstehen. Dafür sind Sensibilisierung, praxisnahe Trainings, eine Analyse der bestehenden Strukturen und eine langfristige Strategieplanung nötig. Einzelaktionen reichen nicht aus: „Es bringt nichts, einfach nur das Toilettenschild zu ändern. Das verwässert nur den Prozess“, so Domke. Echte Vielfalt entstehe nur dann, wenn Führung auf den Prinzipien von Diversity, Equity, Inclusion und Belonging (DEIB) basiert und eine Kultur schafft, die Unterschiede respektiert und gezielt fördert. Nur so fühlen sich Mitarbeitende unabhängig von Geschlecht, Alter, sozialem Status, Herkunft oder Religion wirklich zugehörig und können ihr Potenzial voll entfalten.

Warum Vielfalt den gewinnbringenden Unterschied macht

Doch warum sollten beispielsweise Agenturen diesen Aufwand betreiben? Braun-Haffani und Domke betonten, dass es hierbei nicht um moralische Verantwortung geht, sondern um handfeste Vorteile: Kreativität lebt von Perspektivenvielfalt. Diverse Teams entwickeln nicht nur kreativere Ideen, sondern auch bessere Lösungen, weil sie die Bedürfnisse einer vielfältigen Gesellschaft besser verstehen.

„Wir leben in Gesellschaften, die sich verändern, die verschiedene Facetten und unterschiedliche Perspektiven auf die Dinge haben,“ erklärte Domke.

Diese Vielfalt muss sich in Teams widerspiegeln, die Kommunikationsstrategien, Produkte und Dienstleistungen entwickeln. Nur so entstehen Ansätze, die innovativ sind und langfristig die Wettbewerbsfähigkeit sichern – ein zentraler Erfolgsfaktor für die Kreativbranche. Vielfalt ist kein Projekt mit Ablaufdatum, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Unternehmen, die nicht konsequent auf Diversity setzen, riskieren, langfristig die Talente der Zukunft zu verlieren. Um diese Haltung nachhaltig zu verankern, fand am Tag nach dem Recap ein ganztägiger Workshop und Sensibilisierungstraining zum Thema „Diversity“ mit Dear Human in der Superbude Wien statt.

Der Arbeitsgruppe der „CCA Fair Work Initiative“ gehören Melanie Pfaffstaller (Mel P Filmproductions), Rita-Maria Spielvogel (BBDO Wien), Florian Kowatz (KR8 Bureau), Helena Giokas (Fachgruppe Werbung Wien, Jung von Matt Donau) und Reinhard Schwarzinger (CCA) an

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Elisa Krisper

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