Unter der Moderation von Herbert Pratter (iab austria und dort Leiter der AG Sustainability) diskutierten Digital-Marketing-Profis von Medien‑, Consulting- und Auftraggeberseite darüber, was getan werden muss, um digitale Werbung möglichst CO2-neutral und klimafreundlich ausspielen zu können. Auf dem Podium: Sabine Auer-Germann (adverserve), Suzana Anic (GroupM), Florian Schleicher (Marketingstudie FUTURES), Stefan Lorbeer (ÖAMTC) und Joachim Feher (RMS Austria).
„Sind Werbung und Marketing als Emissionsemittenten zu vernachlässigen?” Mit dieser Frage eröffnete Pratter das finale Panel am ersten Tag des JETZT Summit 2025. „Ja, es spielt auf alle Fälle eine Rolle, denn ganze vier Prozent der weltweiten Emissionen macht die Werbung aus”, antwortete Anic, Senior Directorin bei Media Solutions, der Outcome Media Unit der GroupM. Und sie rechnete vor: 1.000 Impressions verbrauchen so viel Energie wie ein Waschgang in einem Haushalt. Für sie ist Aufklärung zum Thema ein zentraler Erfolgsfaktor zu mehr Nachhaltigkeit, aber auch der Einsatz von entsprechendden Daten und innovativer Technologie würde dazu beitragen.
Die Debatte zur Nachhaltigkeit sei ein Trend, der bestehen bleiben werde, ergänzte Marketing-Stratege Schleicher, dessen Fokus auf Nachhaltigkeit liegt: „Wenn wir Nachhaltigkeit nicht in der Strategie verankern, dann werden wir nicht erfolgreiche sein”, befürchtet der ehemalige führende Mitarbeiter bei McDonald’s, Greenpeace und frühere Head of Marketing bei Too Good To Go: „Wie brauchen ein Commitment von Unternehmen, die sagen, wir wollen das bei uns verankern.” Allerdings habe Nachhaltigkeit derzeit ein Imageproblem, das zeige nicht nur der Blick in die USA. Bisher gültige Richtlinien zur Nachhaltigkeit würden vielfach abgeschwächt. Schleicher: „Wir reden wahnsinnig viel über Nachhaltigkeit, aber machen zu wenig.” Die mit Sustainable-Aktivitäten erzielten Effekt seien zwar wichtig, fand Schleicher, aber „die Zahlen muss man immer auch ins Verhältnis dazu setzen”, was erreicht wird und werden soll.
adverserve-Geschäftsführerin und Agentur-Chefin Auer-Germann ergänzte, dass es „in der Branche noch keine einheitlichen Standards gibt, deshalb tun wir uns alle so schwer” mit der Umsetzung von Nachhaltigkeits-Projekten und dem Benennen von ‑Erfolgen. Die gebürtige Oberösterreicherin: „Außerdem reden wir alle von unterschiedlichen Dingen. Es gibt unterschiedliche Tools und Begriffe, daher ist die Branche auch höchst verunsichert.” Auer-Germann guttiert zudem, dass die „Branchen-Organisationen intensiv zu dem Thema diskutieren”. Ihr Appell: „Ganz wichtig ist Aufklärung.”
ÖAMTC-Marketing Communications-Leiter Stefan Lorbeer ließ sogar einmal über den Greenchip-Rechner ermitteln, wie hoch die Umweltbelastung seines Unternehmens durch Werbung ist. Das Ergebnis: Für alle klassischen und digitalen Kern-Kampagnen des Mobilitätsklubs kam er auf einen Wert von 60 Tonnen CO2 pro Jahr. Umgerechnet entspreche das auch dem CO2-Ausstoß von 30 PKW mit einer jährlichen Fahrleistung von jeweils 12.000 Kilometern. Andererseits gebe es aber auch Unternehmen, die sich nach außenhin besser darstellen würden, als sie tatsächlich sind. Stichwort: Greenwashing. Zudem sei für digitale Werbemitteln nicht wirklich definiert, betont der ÖAMTC-Kommunikationsexperte, wie und welche Schritte „grün” und welche „nicht grün” sind.
„Eine grüne Kampagne, bei der von A bis Z darüber nachgedacht wird, wie sie möglichst ohne Emissionen ausgespielt werden kann, hat Österreich noch nicht gesehen”, betont RMS-Chef Feher. Der Radio-Vermarkter meint auch, Audio sei nachhaltiger als Visuelles. Der Chef des größten Audiovermarkters Österreichs führte als Beleg an: „Ein Audio-File ist im Vergleich zu einem Video-File deutlich kleiner und verbraucht daher auch weniger Energie.” Feher abschließend: „Ich glaube auch stark daran, dass wir als Marketingbranche eine Vorbildfunktion haben und wenn wir als Branche voranschreiten, das ein Multiplikator sein könnte.”