Sie sind seit April 2020 beim iab austria als Geschäftsführerin tätig. Wenn Sie auf das vergangene halbe Jahr zurückblicken: Was haben Sie bereits alles erreicht?
Ursula Gastinger: Für uns ist heuer ein sehr spannendes Jahr, weil aufgrund der Corona-Krise alles anders ist. Wie auch alle anderen, mussten wir lernen mit der Situation umzugehen. Wir haben uns die Frage gestellt, welche Talks und Get-togethers online gespielt werden können und wie die größte Veranstaltung vom iab, der webAD, umgesetzt werden kann. Da haben wir jetzt eine sehr kreative und schöne Lösung gefunden.
Und welche Lösung haben Sie für die Verleihung des diesjährigen iab webAD gefunden?
Ursula Gastinger: Auf den Award werden wir nicht verzichten. Vergangenes Jahr sind großartige Kampagnen umgesetzt worden, die wir auch dementsprechend belohnen und ehren möchten. Das große Get-together wird heuer allerdings ausbleiben. Die Gewinner werden informiert, jedoch nicht über ihre Platzierung. Dann wird das Vorstandsteam durch Österreich fahren und die Preise übergeben. Mit welchem Big Bang das gemacht wird, darf, kann und will ich jedoch noch nicht verraten. Das soll eine Überraschung für die Agenturen und Kunden werden.
Inwiefern hat sich die Pandemie auf die Digital-Marketing-Branche ausgewirkt? Und was macht der iab austria, um die Branche in dieser Zeit zu stärken?
Ursula Gastinger: Es gibt natürlich viele Unternehmen, Agenturen und Dienstleister, die extrem unter Corona leiden. Andere sagen jedoch auch: „Ui, ich kann mich gar nicht retten, vor so vielen Aufträgen!“ Das ist also ein zweischneidiges Schwert. Die totalen Gewinner der Krise sind sicherlich jene, die schnell und geschickt reagiert und beispielsweise auf Onlineshops umgestellt haben. Generell fand ein Umdenken in den einzelnen Betrieben statt, besonders was das Homeoffice betrifft. Als iab haben wir versucht auf dieses Thema einzugehen und eine Informations- und Austauschplattform für Unternehmen zu bieten.
Ein weiteres, häufig diskutiertes Thema ist die Datenschutzgrundverordnung. Sehen Sie diese eher als einen Fluch oder einen Segen?
Ursula Gastinger: Aus dem Bauch heraus: Beides. Gerade am Anfang war die DSGVO ein irrsinniger Fluch, weil sich niemand wirklich ausgekannt hat. Die Informationen waren teilweise nicht für alle verständlich und mit viel „Papierkram“ verbunden. Auf der anderen Seite ist der sorgsame Umgang mit Daten wichtig. Schließlich geht es um Daten, die überall genutzt werden, sei es beim Vorstellungsgespräch, dem Arztbesuch oder beim Surfen im Internet. Deshalb: Fluch und Segen zugleich. Trotzdem glaube ich, dass wir auf einem richtigen Weg sind und nun jeder gut damit leben kann.
Welche Digital-Marketing-Tools werden Ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren noch stärker an Bedeutung gewinnen, beziehungsweise verlieren?
Ursula Gastinger: Die absoluten Gewinner werden die Bereiche Big Data und Künstliche Intelligenz sein. Auf Agenturseite stellt sich die Frage, wie viel Planung tatsächlich noch möglich sein wird und ob Banner noch bei einem einzelnen Medium eingebucht werden. In Bezug auf Social-Media-Kanäle bleibt ungewiss, welche verschwinden oder dazukommen werden. Fest steht, dass die Kommunikationstools schneller werden und es zu einigen Veränderungen kommen wird.
In Kooperation mit dem Studiengang Marketing und Kommunikation der Fachhochschule St. Pölten veröffentlicht Internet World Austria Interviews mit Experten aus der heimischen Marketing‑, Werbe‑, und Medienszene. Dieses Interview wurde im Zuge der Kooperation von Lisa Diesenberger und Elisabeth Benedek geführt. Das redaktionelle Coaching erfolgte durch die Internetworld.at-Redaktion.