Unter der Moderation von Julia Ebermann (PULS 4/Café PULS) diskutierten hochkarätige Speakerinnen und Speaker die moralischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Herausforderungen der sozialen Medien. Zum Auftakt präsentierte Anna Lena Wagner (Chief Client Officer & Sales Managerin, The Wurst Agency) in ihrer aufschlussreichen Keynote aktuelle Zahlen und Trends sowie Chancen, die sich durch Social Media für Unternehmen auftun. Eines ist für sie klar: „Man kann nirgends so gut wie auf Social Media aus einer Brand eine Love Brand machen.”
Community Management und Transparenz
Niklas Wiesauer (Geschäftsführer, 1000things mediahouse) sprach über die steigende Bedeutung des Community Managements. Heute sei fast jede Diskussion auf Social Media politisch aufgeladen, und Unternehmen müssten sich darauf einstellen. Besonders Meta reduziere die Moderation stark, sodass Plattformen wie 1000things zunehmend selbst Verantwortung übernehmen müssten. Anna Lena Wagner hob in diesem Zusammenhang hervor, wie wichtig eine transparente Kommunikation für Unternehmen sei, um Vorwürfe wie Greenwashing vonseiten der Community zu vermeiden.
Rechtliche Risiken und moralische Verantwortung
Dr. Paul Koppenwallner (Partner, act legal Austria) beleuchtete die rechtliche Perspektive. Zwar gebe es aktuell keinen akuten Handlungsbedarf, doch mit der zunehmenden Bedeutung von Transparenz, Künstlicher Intelligenz und dem Schutz gewisser Zielgruppen werde es zukünftig sicher „ein paar Gebiete geben, wo man nachschärfen muss.“ Der „Brussels effect” spiele dabei eine wesentliche Rolle: EU-Regulierungen wie die DSGVO setzten oft internationale Standards, die in anderen Regionen übernommen wurden.
Die Zukunft der Plattformen: Wann ist der Punkt erreicht?
Die Diskussion zeigte, dass die Zukunft großer Social-Media-Plattformen keineswegs gesichert ist. „Man redet viel über Twitter und X, aber man redet sicher noch zu wenig über Meta und TikTok und wie lange es dort noch ok ist,“ betonte Niklas Wiesauer. Christoph Gabriel sprach in diesem Zusammenhang von einem „Tipping Point“ – einem Moment, an dem es gesellschaftlich nicht mehr vertretbar sei, auf einer Plattform aktiv zu bleiben. Unternehmen sollten idealerweise schon vorher reagieren, statt erst im Nachhinein Konsequenzen zu ziehen. Georg Wenger-Rami hob hervor, dass die Öffentlichkeit immer kritischer werde und „die Haltung und Authentizität von Unternehmen“ immer wichtiger werde. Es gehe nicht darum, kurzfristig auf Trends aufzuspringen, sondern eine klare, langfristige Verantwortung zu übernehmen. Denn wer heute eine Haltung zeige, müsse sich morgen nicht rechtfertigen.
Verantwortung als Erfolgsfaktor
Ob Unternehmen weiterhin auf Social Media vertreten sein sollten, lässt sich nicht pauschal beantworten. Klar ist jedoch: Marken müssen eine klare Haltung einnehmen, sich bewusst positionieren und bereit sein, Verantwortung zu tragen. Wer den moralischen Kompass ignoriert, könnte langfristig das Vertrauen seiner Community verspielen.
Der FMP TALK #60 zeigte eindrucksvoll: Social Media ist weit mehr als ein Werbekanal – es ist ein Spiegel gesellschaftlicher Debatten. Unternehmen, die langfristig erfolgreich sein wollen, sollten nicht nur auf Reichweite, sondern auch auf Werte setzen.