Irgendwie haben wir uns, und in diesem Fall spreche ich von den Boomern – zumindest einem Teil davon, in die digitale Welt gerade noch so hineingewurschtelt, uns mit Computern, Digitalisierung, Internet und der Onlinewelt abgefunden. Angefreundet wäre vermutlich etwas zu hoch gegriffen. Arrangiert wäre die bessere Zuschreibung. Wie nutzen Computer, akzeptieren all das, was dank ihnen läuft. Aber richtig verstanden haben wir das Ganze nie. Wie sind eben nicht mit Computern auf‑, sondern in deren Welt hineingewachsen. Haben sie als nützliches Werkzeug angesehen. Auch vielfach verflucht und verdammt.
Ganz anders die Generation(en) nach uns. Sagen wir einmal, um es zu vereinfachen, die Millennials und die Generation Z. Obwohl es längst nicht nur sie betrifft. Diese Gruppe wurde bereits mitten in das Computerzeitalter hineingeboren, wuchs mit Internet und Co. auf, erlebt die Online-Welt als etwas schon immer Dagewesenes. Digital Natives wurde als Bezeichnung für sie erfunden. Weil wir eben so gerne einordnen. Und weil es sich um einen durchaus brauchbaren, vor allem aber auch äußerst aussagekräftigen Terminus handelt.
Die Digital Natives – also jene Menschen, die mit digitalen Technologien aufgewachsen sind und mit diesen von klein auf vertraut sind. Mit dem Internet und den sozialen Medien, mit Smartphones und Apps, mit Tablets und Plattformen. Gerade einmal haben wir uns an sie gewöhnt, ihre Fähigkeiten, ihr Können, ihr unbeschwertes Surfen durch die digitalen Galaxien bewundert und für selbstverständlich hingenommen. Da taucht eine neue Spezies am Horizont auf.
Die KI-Natives (AI-Natives). Zwar hat sich dieser Generationsbegriff noch nicht wirklich auf breitere Ebene durchgesetzt. Doch sie existiert bereits, taucht fallweise in Debatten und Medienbeiträgen auf. Außerdem wird der Begriff aktuell (noch) in anderer Art und Weise eingesetzt. KI-Natives bezieht sich derzeit meist auf Technologien und Unternehmen, deren Grundlage für ihre Funktionalität und ihre Existenz künstliche Intelligenz ist.
Da uns spätestens seit dem Start von ChatGPT 2022 die KI richtiggehend überrollt, wächst mit ihr auch eine völlig neue Generation heran, die in der KI ihr neues Lieblingsspielzeug und Werkzeug entdeckt (hat). Längst sind die warnenden Stimmen zur KI weitgehned verstummt, dafür zieht, ja drängt die KI immer massiver in unsere Lebens- und Arbeitswelten ein. Erstaunlich, wie rasch die neue Technologie zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist. Während viele erwachsene Menschen mit der künstlichen Intelligenz allerdings fremdelten und ihr noch immer skeptisch gegenüberstehen, haben die Kids – manche von ihnen noch nicht einmal Teenager – das neue Tool für sich entdeckt, sich den Umgang damit spielerisch angeeignet, es mit Leichtigkeit – natürlich auch mit einem gewissen Leichtsinn – für sich erobert und zu einem ihrer Lieblingsspielfelder erkoren. Die Generation KI ist längst geboren. Und wir merken, registrieren es kaum. Atemberaubend.
Außer Atem hält uns nicht nur der technische Fortschritt, sondern auch der sich parallel dazu immer rascher vollziehende Generationswechsel. Während wir noch versuchen, die Digitale Natives zu erfassen und zu verstehen, entsteht und leben mitten unter uns bereits die Digitale Natives 2.0, die KI-Natives. Wir haben das noch kaum registriert und eben auch noch wirklich einen Namen für sie gefunden.
Viele Beobachter zitieren für die Identifikation der Digital Natives, den britischen Schriftsteller Douglas Adams und seine Science-Fiction-Satire „Per Anhalter durch die Galaxis”. Demnach reagieren die Menschen auf drei verschiedene Arten auf neue Technologien. Erstens: Alles, was zum Zeitpunkt unserer Geburt in der Welt existiert, ist normal und gewöhnlich, ein natürlicher und selbstverständlicher Teil der Funktionsweise unserer Umwelt. Zweitens: Alles, was zwischen unserem fünfzehnten und fünfunddreißigsten Lebensjahr erfunden wird, ist nicht nur neu, sondern aufregend und revolutionär, bietet zudem höchstwahrscheinlich Karrierechancen. Dritten: Alles, was nach unserem fünfunddreißigsten Lebensjahr erfunden wird, widerspricht der natürlichen Ordnung der Dinge.
Vermutlich aus diesem Grund fremdeln viele von und mit der KI, während unsere Kinder, mehr noch unsere Enkel mit großer Freude und Euphorie in dieses neue Universum eintauchen. Die KI-Natives sind geboren.