
Für kurze Zeit scheint es, als ob das richtig große nächste Medien-Ding am Start ist. Clubhouse – eine Audio-App auf dem Smartphone. Man trifft sich in virtuellen Räumen zum Gruppen-Plaudern bis tief in die Nacht. Man sieht sich nicht, hört sich nur. Politiker spricht mit Normalo, Promi mit Medienschaffendem – Hunderte können reinklicken und mitreden. Was für eine Idee inmitten von Pandemie und Lockdowns. So etwas wie Radio, Podcast und Telefonieren in einem: das live gesprochene Wort. Doch der erste Hype Anfang 2021 währt nicht lange.
Wie viele Clubhouse heute in Österreich nutzen, ist unklar. Das US-Unternehmen hält sich mit marktspezifischen Zahlen bedeckt. Clubhouse-Chef Paul Davison sprach im Oktober in einem Bloomberg-TV-Interview davon, dass man perspektivisch eine stetige Entwicklung anstrebe. Man sei dieses Jahr viel zu schnell gewachsen. Wenn man zu schnell wachse, könnten Dinge auch schiefgehen.
Künstliche Verknappung
Clubhouse startete im September 2020. Die App gab es damals zunächst nur für Apple-Geräte, erst später kam Android dazu. Zudem musste man von einem anderen Clubhouse-Nutzer eingeladen werden. Heizte diese künstliche Verknappung den Hype erst recht an? Die Beitrittshürde wurde im Sommer aufgehoben. In der Zwischenzeit integrierte auch Social-Media-Riese Twitter einen ähnlichen Audio-Bereich.
Kaum messbare Nutzung in Deutschland
Eine jüngst veröffentlichte Studie zur Online-Nutzung in Deutschland, die von ARD und ZDF regelmäßig beauftragt wurde, beschreibt, dass Clubhouse eine kaum messbare Nutzung aufweise. Die Studienmacher halten fest: „Was wie ein substanzieller Hype aussah, führt in der Befragung der ARD/ZDF-Onlinestudie zu dem Ergebnis, dass Clubhouse bisher keine statistisch erfassbaren täglichen Nutzerinnen oder Nutzer finden konnte und bei der Nutzung mindestens einmal in der Woche nur in der Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen auf 2 Prozent kommt.” In der Gesamtheit sei auch die mindestens wöchentliche Reichweite gleich null.
Der Professor für digitale Medien an der Technischen Hochschule (TH) Nürnberg, Markus Kaiser, kommt zu dieser Einschätzung: „Der Hype um und in der App Clubhouse ist genauso schnell wieder abgeebbt, wie er aufgekommen ist.” Er nennt unter anderem diese Gründe: Der Reiz von etwas Neuem verfliege generell schneller im Online-Bereich, damit sei auch der Produktlebenszyklus oft kürzer. Der Lockdown war irgendwann zu Ende. Die Menschen wollten im Sommer wieder nach draußen gehen. „Da blieb weniger Zeit für eine Audio-App, die meist von zu Hause aus genutzt wurde.” Auch das Image habe schnell in Sachen Datenschutz gelitten.
Von einem großen Revival der App geht der Experte nicht aus. Der Reiz des Neuen sei verloren. „Aber ein paar gezielt organisierte gute Diskussionsrunden können im Winter schon wieder dazu kommen.” Die Idee mit Audio-Live-Diskussionen werde auf jeden Fall bleiben.