Gibt es eine Entscheidung oder einen Moment in Ihrer Karriere, der Sie besonders geprägt hat?
Viktoria Zischka: Besonders geprägt haben mich meine Jahre in der Agentur. Diese Lernjahre waren entscheidend für mich. Ich habe im Digitalbereich angefangen und mich als Digitale gesehen. Ein wichtiger Moment war, als ich in einem Trainee-Programm bei dentsu durch meine Mentorin Daniela Sereinig (Head of People & Culture, Mavie Gesundheit) sowohl digitale als auch klassische Mediaplanung lernte. Seitdem sehe ich mich als Generalistin und empfehle, den Überblick zu bewahren, um flexibel und offen zu bleiben. Macht es mit Liebe, dann macht ihr es gut!
Was sind die größten Herausforderungen für Retail Media in den kommenden Jahren, besonders hinsichtlich Standardisierung und technologische Entwicklungen?
Zischka: Eine große Herausforderung sehe ich darin, dass wir uns im Markt auf gemeinsame Spezifikationen für digitale Werbemittel einigen müssen. Retail Media umfasst viele Kanäle – von Online über Radio, Print über Digital Out of Home bis zu digitalen Bildschirmen in Geschäften (Instore Screens). Die Technik wird sich weiterentwickeln, und mit kostengünstigeren Bildschirmen ergeben sich spannende Möglichkeiten. Es gibt Experimente mit Kameras, die das Geschlecht oder Alter der KundInnen erkennen, um gezielte Werbung auszuspielen – in Österreich ist das derzeit noch nicht erlaubt, aber in anderen Ländern wird es getestet. Die größte Herausforderung besteht aber darin, Retail Media in einem kleinen Markt wie Österreich rentabel zu gestalten.
Welche Erfahrungen haben Sie mit der Integration von KI und Datenanalyse gemacht, um Retail Media zu optimieren?
Zischka: Künstliche Intelligenz setzen wir bei Billa zur Optimierung der Filialen ein, insbesondere um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden. Wir analysieren, welche Produkte in bestimmten Regionen gekauft werden, und passen unser Angebot an. In Zukunft wird KI dazu beitragen, Werbung gezielter auszuspielen, basierend darauf, wer sich wann in der Filiale befindet. Das ist eine spannende Entwicklung, die Retail Media noch präziser und effektiver machen wird.
Nachhaltigkeit ist ein großes Thema. Wie integriert Ihr Unternehmen soziale und ökologische Verantwortung in Ihre Marketingstrategien?
Zischka: Nachhaltigkeit ist bei uns fest verankert. Wir setzen auf nachhaltige Lösungen und umweltfreundliche Medien und streben bis 2030 eine CO2-neutrale Bilanz an. Ein Beispiel ist „Blühendes Österreich“ – vor Filialen legen wir Blühwiesen an, um die Artenvielfalt zu fördern. Auch das Verbot von Plastiktüten und die Reduzierung von Lebensmittelverschwendung gehören zu den Initiativen, die wir umgesetzt haben. Der Pfand 2025 wird ein weiterer Meilenstein sein. Diese kleinen Maßnahmen haben große Auswirkungen und sind uns sehr wichtig.
Sie setzen sich stark für die Förderung von Frauen in der Marketingbranche ein. Welche Erfolge haben Sie dabei erlebt, und was muss noch getan werden, um die Geschlechterdiversität weiter zu fördern?
Zischka: Es hat sich viel bewegt: Viele Unternehmen haben beispielsweise eine 50 Prozent-Regel in Führungspositionen, geteilte Führungspositionen oder experimentieren mit verschiedenen Modellen. Ich selbst habe zwei Kinder und setze mich dafür ein, Frauen zu ermutigen, ihre Karriere auch mit Familie erfolgreich zu gestalten. Unser Ziel ist es, Gleichberechtigung in allen Bereichen der Arbeitswelt zu fördern und die Leistungen von Frauen und Männern gleichwertig zu behandeln.
Diversität geht über Geschlecht hinaus. Wie fördern Sie eine inklusive Unternehmenskultur, die auch andere Minderheiten einschließt?
Zischka: Bei Rewe beschäftigen wir MitarbeiterInnen aus 47 Nationen, und es ist uns wichtig, eine Kultur zu schaffen, in der jede Lebenswelt respektiert wird. Vielfalt ist uns sehr wichtig. Unser internes Programm di.to („different together“) setzt sich dafür ein, dass niemand ausgeschlossen wird, und fördern Inklusion auf allen Ebenen.
Welche Entwicklungen erwarten Sie in der Marketingbranche in den nächsten fünf bis zehn Jahren?
Zischka: Ich wünsche mir, dass Hierarchien in Unternehmen flacher werden und wir mehr in Projekten arbeiten, in denen die Stärken der MitarbeiterInnen genutzt werden. Ich glaube, dass die Zukunft darin liegt, vermehrt auf die Expertise derjenigen zu hören, die tagtäglich mit bestimmten Situationen umgehen müssen, auch wenn sie keine Führungskräfte sind. Es geht darum, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten und alle Meinungen zuzulassen, um die besten Ergebnisse zu erzielen.
Internet World Austria berichtet in Zusammenarbeit mit dem Studiengang Marketing und Kommunikation der FH. St Pölten. Dieses Interview wurde im Zuge der Kooperation von Andrea Lincar und Jan Mayer geführt.