Der Schweizer Markenkongress gab am 14. Juni in Zürich Orientierung über die Konsequenzen von Künstlicher Intelligenz (KI), Purpose (Sinnstiftung), Data Driven Marketing und dem Metaverse für die Markenführung. Die beherrschende Frage des Kongresses, zu dem 550 TeilnehmerInnen gepilgert waren, lautete: Welche Trends sind Eintagsfliegen und welche Transformation ist existenziell?
Pascal Kreder von StrategyOne prägte den Vergleich zum immer schneller drehenden Hamsterrad: Kundenbedürfnisse und Konsumgewohnheiten haben sich verändert, technologische Innovationen prägen den Markt und die Kommunikation findet über diverse Touch Points statt. Um erfolgreich zu bleiben, müssen Marken flexibel, anpassungsfähig und authentisch sein.
Nur der Wandel ist beständig
Torsten Tomczak, renommierter Markenspezialist an der Universität St.Gallen, präsentierte eine umfassende Analyse der Herausforderungen, mit denen das Markenmanagement konfrontiert ist. Seine Kernbotschaft: „Wir leben im coolsten Marketingzeitalter überhaupt”, so Tomczak. Dies treffe aber nur auf jene zu, die bereit seien, sich zu verändern und offen für Innovationen sind. „Warum sollte man KI und anderen Tools fürchten? Bei meinen Studenten schreibt der grösste Dödel dank Chat GPT jetzt gute Arbeiten”, schmunzelt Tomczak. Man muss am Ball der Entwicklung bleiben.
Godo Röben, der ehemalige Geschäftsführer der Rügenwalder Mühle, verdeutlicht dies: „Wenn die einstigen Riesen der Plattenindustrie die Entwicklung nicht verschlafen hätten, dann würde der heute grösste Streamingdienst nicht Spotify heissen”. Röben hat den Fleischverarbeiter Rügenwalder Mühle früh in eine Transformation geführt. Gegen den Rat der Berater und Marktforscher wurde aus der „Fleisch-Marke” der grösste Anbieter im Bereich 100%iger Fleisch-Kopien. Röben appellierte an das Publikum, mutig neue Wege zu gehen und sich aktiv den Veränderungen anzupassen.
Werbetreibende steuern KI und die KI stärkt Werbetreibende
„Die Zukunft von Marketing liegt in der Künstlichen Intelligenz”, ist Marco Krättli von Google Schweiz überzeugt. Den Menschen sei derzeit noch gar nicht bewusst, welchen Einfluss KI auf ihr Leben haben wird. Bereits heute ist vieles komplett automatisierbar. Das spare Zeit und bietet die Möglichkeit, sich mit den wichtigen, strategischen Fragen zu beschäftigen. „Werbetreibende steuern KI und die KI stärkt Werbetreibende”. KI ist eine tolle Entwicklung. Aber erst durch die Zusammenarbeit mit dem Menschen entfaltet die KI ihr volles Potential. Davon ist auch die Influencerin Eli Semic überzeugt, denn: „KI ersetzt keine Personen und bringt auch nicht die Emotionen rüber, wie es ein Mensch tuen kann.”
Kampagne ist das ganze Jahr!
Die Digitalisierung hat die Art und Weise, wie Kunden mit Marken interagieren, grundlegend verändert. Social Media, Influencer-Marketing und mobile Anwendungen sind nur einige Beispiele für neue Kommunikationskanäle, die Unternehmen nutzen müssen, um ihre Zielgruppen zu erreichen. Ein Fehler sei dabei, nur in einzelnen Kampagnen zu denken. „Kampagne ist immer. Marktbearbeitung ist immer”, bringt es Dennis Lück der Agentur BrinkertLück Creatives auf den Punkt. Werbung gehe weit darüber hinaus. Adriana M. Nueva von der CWS Group verdeutlicht dies: „B2B-Kunden haben erst nach 57 Prozent des Kaufprozesses das erste Mal Kontakt mit einem Sales-Verantwortlichen der Firma”, sagt sie. Deshalb müsse der Markt kontinuierlich bearbeitet werden und nicht nur in einzelnen Kampagnen.
Warum ist das neue Wohin
„Wenn das Ziel von Marketing im Kern das Optimieren von Konsumentscheidungen ist, dann sind Kampagnen im Kern nichts anderes als verhaltensökonomische Experimente in deren Mittelpunkt Menschen, ihre Bedürfnisse und Entscheidungen stehen”, sagt Patricio Hetfleisch, CMO der Tirol Werbung. Mit marketmind hat die Tirol Werbung eine tourismusspezifische Marktsegmentierung entwickelt, die nach Motiven zur Urlaubsentscheidung gruppiert sieben Segmente zum Ergebnis hatte. Eine Erkenntnis daraus: „Warum ist das neue Wohin, wenn es um Destinations- und Urlaubsentscheidungen geht”, so Hetfleisch.
Der Schweizer Markenkongress ist der grösste Branchentreff für Marken-Entscheider, Dienstleister sowie Medienvertreter. Am 14. Juni 2023 traf sich die Branche im The Dolder Grand Hotel in Zürich unter dem Motto „Markenmanagement im Challenge”. 80 Speaker, 23 Stunden Programm und zahlreiche namhafte Brands wurden den 550 Teilnehmenden geboten. Marken-Schwergewichte wie Uber Eats, Audi, Coca-Cola, Die Post, IWC, Bayer, Siemens, Samsung und viele weitere stellten ihre eigenen Erfahrungen und Perspektiven zur Diskussion.