Wie beeinflusst KI die Kreativprozesse in Ihrer Agentur?
Michael Kapfer: Wir sehen KI als einen „First Step“ im Brainstorming-Prozess. Früher hat man sich mit mehreren Leuten zusammengesetzt, um Ideen zu sammeln. Heute können wir KI einsetzen, um auf Basis von Prompts viele Ideen zu generieren. Allerdings müssen wir den Kern aus diesen Vorschlägen herausarbeiten, da oft Unsinn oder bereits bekannte Konzepte dabei sind. Der Mensch bleibt entscheidend, um diese Ideen zu verfeinern und weiterzuentwickeln.
Welche Vorteile bietet KI im Vergleich zu früheren Arbeitsweisen?
Kapfer: Ein großer Vorteil von KI ist die Geschwindigkeit. Früher waren viele Prozesse sehr zeitintensiv, zum Beispiel das Schreiben von Protokollen oder die Erstellung von visuellen Konzepten. Heute können diese Aufgaben durch KI in einem Bruchteil der Zeit erledigt werden. Besonders im Digitalbereich profitieren wir von der Messbarkeit und können Werbemittel in Echtzeit anpassen und optimieren. KI ermöglicht es uns, deutlich zielgenauer und datengestützt zu arbeiten.
Gibt es Bereiche, in denen Sie die Grenzen der KI sehen?
Kapfer: Ja, es gibt klare Grenzen. KI kann bestehende Ideen und Konzepte gut reproduzieren, aber sie schafft selten wirklich Neues. Dazu kommt, dass sie oft „halluziniert“ und Fehler macht, zum Beispiel bei der Datenanalyse oder Bilderstellung. Auch der Datenschutz ist ein Thema, da viele KI-Tools lizenzfrei arbeiten und die generierten Inhalte ins Netz gehen. Diese rechtlichen Unsicherheiten schrecken manche KundInnen noch ab.
Wie reagieren Ihre KundInnen auf den Einsatz von KI in Ihren Projekten?
Kapfer: Die Meinungen sind gespalten. Manche KundInnen sind begeistert von den Möglichkeiten, die KI bietet, besonders in der Visualisierung von Ideen. Andere sind jedoch unsicher, vor allem wegen der Rechtsfragen bei der Verwendung von KI-generierten Inhalten. Die größte Herausforderung ist, dass KI oft als Wundermittel angesehen wird, das alles schneller und günstiger machen kann. In der Realität ist es aber ein weiterer Schritt in der Komplexität des kreativen Prozesses.
Wie bereiten Sie Ihre Agentur auf die Zukunft mit KI vor?
Kapfer: Wir arbeiten bereits viel mehr als 1 Jahr mit KI, aber bei datengetriebenen, komplexeren Aufgaben, haben wir erkannt, dass wir nicht alles selbst machen können und arbeiten jetzt mit einem spezialisierten Partner zusammen. Wir setzen auf Schulungen für unsere MitarbeiterInnen, vor allem für GrafikerInnen, die lernen müssen, mit Prompts zu arbeiten. Der Einsatz von KI wird weiter zunehmen, aber es ist ein Prozess, der Zeit und Expertise erfordert.
Welche KI-Trends sehen Sie in der Werbebranche?
Kapfer: In den nächsten fünf Jahren wird KI die Arbeitsweise in vielen Bereichen weiter verändern, besonders in der Datenanalyse und im Programmatic Advertising. Wir werden Menschen besser clustern und zielgenauer ansprechen können. Allerdings wird der menschliche Faktor im kreativen Prozess weiterhin eine entscheidende Rolle spielen. KI ist ein Werkzeug, aber sie ersetzt nicht die menschliche Kreativität.
Internet World Austria berichtet in Zusammenarbeit mit dem Studiengang Marketing und Kommunikation der FH St. Pölten. Dieser Artikel wurde von Norah Bachinger und Tobias Wurzer verfasst.