KI und das Christkind

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Albert Sachs
Der Weihnachts(einkaufs)stress ist kaum noch zu bewältigen. Außer eine KI greift uns tatkräftig unter die Arme. Sagt eine aktuelle Studie. Die weist allerdings deutliche Schwäche auf.

Wir Menschen sind schon eine bedauernswerte Spezies. Da feiern wir alljährlich am 24. Dezember das größte kommerzielle – das christliche wurde davon längst in den Schatten gestellt – Fest auf diesem gesamten Globus und dann haben wir nichts als Stress damit. Feierstress. Terminstress. Besuchsstress. Und vor allem Einkaufsstress. Die stressige Suche nach den passenden Geschenken.

Doch es naht Abhilfe. Denn zu kommerziell und christlich/katholisch gesellt sich ein weiteres „K“, künstlich. Und das gleich in Kombination mit einem „I“. KI also: Künstliche Intelligenz. Und die verspricht eine „stressfreie Weihnachtszeit“, denn die „KI hilft bei der Geschenksuche“. Gut, das verspricht uns nicht die KI selbst, sondern Klarna. Dessen deutscher Ableger teilt nämlich mit: „Eine Umfrage des KI-basierten Zahlungsdienstleisters Klarna zeigt, dass sich jeder fünfte Deutsche (21 Prozent) Unterstützung durch einen KI-basierten Shopping-Assistenten wünscht.“ Na ja, Deutschland. Sieht wohl bei uns im Staate Österreich nicht sehr viel anders aus. Klarna weiß dazu weiter: „24 Prozent der Befragten würden sich bei der Auswahl sicherer fühlen, wenn eine künstliche Intelligenz personalisierte Geschenkideen liefert”.

Wahrlich vielversprechende. Stressfrei durch die Weihnachtszeit. Wobei wir damit ja eigentlich die Adventzeit, also die Vorweihnachtszeit meinen. Doch diese Unterscheidung soll hier nicht Thema sein. Zumal uns der Online-Dienstleister weiters wissen lässt: „Genau hier setzt der neue digitale Helfer von Klarna an: ein KI-Assistent, der die Geschenksuche einfacher, schneller und stressfreier macht. Der in die App integrierte Assistent unterstützt NutzerInnen individuell: Mit wenigen Eingaben – wie dem Anlass, den Vorlieben der beschenkten Person und dem Budget – liefert die KI passende Geschenkideen.“ Aus mehr als 5,6 Millionen Produkten filtert die KI gezielt jene Geschenke heraus, die sowohl unserem „Stil als auch dem Budget entsprechen“.

Soweit alles klarna. Nicht ganz. Klarna beruft sich also auf eine eigene Umfrage, um den Wunsch nach bzw. die Sinnhaftigkeit nach einer Dienstleistung der Marke Klarna zu unterstrichen. So etwas heißt auch selbstreferenziell und gilt nicht als die fundierteste Basis, um eine Aussage oder einen Sachverhalt zu untermauern. Zwar nennt Klarna noch das beachtliche Sample – „Antworten von mehr als 8.000 TeilnehmerInnen“ –, bleibt aber sonst alle weiteren Angaben wie z.B. einen Titel oder gar einen Link zu der Umfrage schuldig. Lässt lediglich wissen, dass „die repräsentative Umfrage im Oktober 2024 in sieben Ländern – darunter Deutschland, Frankreich und die USA“ – von der „Forschungsagentur Dynata“ durchgeführt wurde.

Bei Dynata handelt es sich um ein US-Unternehmen, das Verbraucher- und Business-to-Business-Umfragen durchführt, dessen Expertise jedoch in erster Linie bei der Auswertung von First Party Daten liegt. In diesem Segment zählt Dynata sogar zu den weltweit führenden Plattformen. Was auch immer eine „Forschungsagentur“ sein mag? Der Eigendefinition von klingenden Unternehmensbezeichnungen sind eben keine Grenzen gesetzt.

Auch wenn nicht mehr viel Zeit bleibt: Hoffen wir auf eine Vorweihnachtszeit ganz ohne Stress. Mit oder ohne KI. Und glauben weiterhin ans Christkind.

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