Journalismus ist kein Bühnenspektakel – das „profil” macht jetzt Theater

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Albert Sachs
Das „profil“ wird 55 und will seinen Leser:innen daher etwas schenken. Die großen Fälle des Landes auf der Bühne. Allerdings sollen die Beschenkten für das angebliche Präsent auch bezahlen. Aber Journalismus ist keine Show und funktioniert daher so nicht.

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An René Benko und seinen Machenschaften kommt natürlich auch das „profil“ mit seinen Aktivitäten zum eigenen Jubiläum nicht vorbei. „profil & die Causa Benko“ lautet der Titel der Auftakt-Veranstaltung jener Reihe, mit der das österreichische Nachrichtenmagazin seinen 55. Geburtstag und sich selbst feiert. Ein eigenwilliger Zyklus mit noch ungewöhnlicheren Begleiterscheinungen.

„Auf der Bühne zu stehen, ist für profil eine Premiere. Das ist viel Arbeit, macht aber ebenso viel Spaß. Das schenken wir uns zum Geburtstag. Und Ihnen. Wir hätten Sie gerne dabei. Machen Sie uns das Geschenk“, heißt es in einem Ankündigungstext zu der Bühnen-Serie „55Jahre unbequeme Wahrheiten“. Ein Geschenk, für welches der oder die Beschenkte immerhin 24 Euro berappen soll. Höchst eigenwillig.

Die Selbstinszenierung von Journalismus, von Recherchen und Nachrichten abseits der eigenen Publikationsflächen – Papier, Online oder klassische elektronische Medien – gehört nicht gerade zu den ureigensten Aufgaben von Redaktionen, von Journalistinnen und Journalisten. Dabei sollte die Zunft es auch belassen. Journalismus hat auf öffentlichen Bühnen nichts verloren. Schon gar nicht auf Theaterbrettern. Denn dort ist der Grat zum Spektakel ein hauchdünner, ein messerscharfer.

Was nicht heißt, dass Journalistinnen und Journalisten derartige Auftritte gänzlich meiden sollen. Im Gegenteil, ihre Erkenntnisse und Expertisen sind ein wertvolles Gut, in Talkrunden ebenso gefragt wie gerne gesehen. Eine sachkundig angeregte Gesprächsführung und fundiertes Nachhacken bei öffentlichen Veranstaltungen mit interessanten Zeitgenossen wirkt vielfach ebenso erhellend wie erfrischend. Das alles passt, wenn sich die Rolle von Journalist:innen auf jene als Gast, bestenfalls auf die des faktenkundigen Begleiters zu einem Bühnenauftritt, auf das Moderieren beschränkt.

Hingegen fühlt es sich nicht richtig an, wenn sich Journalistinnen und Journalisten die Kappe des Organisators aufsetzen, wenn sie inszenieren und regieführen wollen. Da geht die vom Berufsethos geforderte Äquidistanz zum Objekt und Gegenstand der Recherche und des Berichtens, der Anspruch von Objektivität nur allzu rasch verloren. Es riecht mehr nach Zirkusdirektor als nach Seriosität. Journalismus ist keine Show, kein öffentliches Spektakel. Journalistinnen und Redakteure geben ihren aufklärerischen Anspruch auf, degradieren die eigene Arbeit, wenn sie diese für billiges Geld auf einer Show-Bühne verkaufen, die eigene Recherche, gar das eigene Betroffensein zum Inhalt einer öffentlichen Inszenierung machen.

So ganz rund läuft es dann wohl auch mit dem Bühnen-Journalismus beim Nachrichtenmagazin nicht. In einer ersten Einladung war noch von begrenztem Platzangebot die Rede. Mittlerweile lädt „profil” ein, doch einen Abo-Rabatt zu nutzen.

Vielleicht sollte sich das „profil“-Team ein bisschen an einer Passage aus den eigenen Ankündigungstexten orientieren und diese Form von journalistischem Geschäftsmodell hinterfragen.

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