© Elisabeth Kessler/MOMENTUM Wien

Maximilian Mondel (MOMENTUM Wien/JETZT Konferenzen) mit Rut Morawetz (iab austria)

JETZT SUMMIT: Digitalwirtschaft vor Herausforderungen – iab austria skizziert strategische Schwerpunkte für 2025

Komplexität, Regulierungen und Fachkräftemangel prägen die digitale Kommunikationsbranche. Beim JETZT SUMMIT erläuterte iab-Präsidentin Rut Morawetz mit Maximilian Mondel (MOMENTUM Wien) im Live Interview zentrale Herausforderungen und Ziele für 2025.

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Maximilian Mondel: Wo sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen für Unternehmen, die vom iab austria vertreten werden?

Rut Morawetz: Für werbetreibende Unternehmen – also unsere Mitglieder auf Auftraggeberseite – liegen die größten Herausforderungen aktuell in der wachsenden Komplexität der digitalen Kommunikationslandschaft. Sie müssen sich gleichzeitig mit verschärfter Regulierung (etwa durch den DSA), dem Umgang mit Daten, technologischen Umbrüchen wie AI, und steigenden Anforderungen an Nachhaltigkeit und Transparenzauseinandersetzen. Gleichzeitig erwarten Konsument:innen personalisierte, sinnstiftende Kommunikation – über alle Kanäle hinweg und in Echtzeit. Viele Unternehmen spüren zudem einen Fachkräftemangel in Marketing und Data-Teams und stehen unter wachsendem Effizienzdruck. Dabei konkurrieren sie oft mit globalen Playern, die über ganz andere Ressourcen verfügen. Was es braucht, ist ein fairer Zugang zu Know-how, Technologie und Standards. Genau hier sehen wir unsere Rolle als iab austria: Wir schaffen Orientierung, fördern Weiterentwicklung – etwa über Zertifizierungen – und bieten Plattformen für Austausch, Innovation und politische Interessenvertretung. Denn nur in einem verlässlichen, transparenten und innovationsfreundlichen Umfeld können österreichische Unternehmen ihre Zielgruppen wirksam und verantwortungsvoll erreichen.

Maximilian Mondel: Wofür steht das iab austria in wenigen Worten?

Rut Morawetz: Das iab austria ist die größte Interessenvertretung der Digitalwirtschaft in Österreich. Wir stehen für starke digitale Kommunikation, Qualität, Innovation und Vernetzung. Wir bringen Agenturen, Medien, Technologieanbieter und Auftraggeber an einen Tisch, setzen Standards, fördern Austausch und stärken gemeinsam den Digitalstandort Österreich.

Maximilian Mondel: Sie sind seit eineinviertel Jahren Präsidentin des iab austria: Was wurde im ersten Jahr Ihrer Präsidentschaft erreicht und umgesetzt?

Rut Morawetz: Das erste Jahr meiner Präsidentschaft war geprägt von gemeinsamem Alignment. Wir haben innerhalb des Vorstands, mit den Arbeitsgruppen und unseren Mitgliedern einen klaren Konsens über unsere strategische Zielrichtung erreicht. Das ist essenziell, um kraftvoll und geschlossen Themen zu setzen – im Sinne der gesamten Branche. Ein besonderer Meilenstein war auch der internationale Austausch, den wir gestärkt haben – etwa durch die Network Next in Wien, bei der wir 24 nationale iab-Vertreter:innen aus ganz Europa begrüßen durften. Das zeigt: Österreich wird im europäischen Kontext gesehen – als aktiver Teil einer starken digitalen Community. Wir setzen bewusst auf Kollaboration statt Silodenken – intern wie extern. Unsere Arbeitsgruppen bringen hunderte engagierte Expert:innen zusammen, die ihre Freizeit investieren, um an der Zukunft der digitalen Kommunikation zu arbeiten. Diese Energie ist einzigartig – und sie soll nicht nur innerhalb der Branche spürbar sein, sondern auch von Politik und Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Darum arbeiten wir gezielt daran, unsere politischen Beziehungen zu intensivieren. Denn unsere Mitglieder sind die Branche – sie gestalten die digitale Wirtschaft Österreichs, sie bringen Expertise aus der Praxis, sie verdienen Sichtbarkeit und Gehör. Unser Ziel ist es, diesen Erfahrungsschatz strategisch zu nutzen – für ein digitales Österreich, das innovativ, stark und zukunftsfit ist.

Maximilian Mondel: Was sind aus Ihrer Sicht die zentralen Themen für das iab austria 2025?

Rut Morawetz: 2025 steht für uns ganz klar unter dem Leitmotiv Vertrauen – in digitale Kommunikation, in Technologie, in Daten, aber auch in die Zusammenarbeit innerhalb unserer Branche. Nicht umsonst haben wir „Trust Matters“ als internen Titel unserer Strategischen Ausrichtung gewählt, er spiegelt einen zentralen gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen Megatrend wider. Inhaltlich setzen wir 2025 auf neue Zukunftsthemen, für die wir auch eigene Arbeitsgruppen geschaffen haben – etwa zu Retail Media, Sustainability und AI. Dort wollen wir Standards mitgestalten, Austausch fördern und unsere Mitglieder bei der Positionierung begleiten. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Qualifizierung der Branche, etwa mit neuen Zertifizierungen im Programmatic-Bereich und der Förderung von digitalen Kompetenzen über alle Gattungen hinweg. Unsere zahlreichen Netzwerkveranstaltungen – von Expertenpanels bis zu interaktiven Community-Formaten – zeigen, wie lebendig der Austausch im iab ist. Besonders stolz bin ich auf das starke Mitgliederwachstum im Agenturumfeld, das unsere Rolle als Plattform für den gesamten digitalen Kommunikationsmarkt unterstreicht. Denn genau diese Vielfalt ist unsere Stärke: Wenn Technologieanbieter, Publisher, Agenturen und Markenpartner gemeinsam an einem Tisch sitzen, entstehen neue Blickwinkel und bessere Lösungen.

Maximilian Mondel: Wenn Sie drei Wünsche an die österreichische Medienpolitik frei hätten – wie würden die lauten?

Rut Morawetz: Die Erkenntnis, dass im Jahr 2025 Medien noch immer nach analog und digital zu kategorisieren, keinen Sinn macht! Die Erkenntnis, dass wir, wenn wir von Förderung sprechen, nicht nur über finanzielles sprechen, sondern auch von den Rahmenbedingungen als solches. Einfach mehr Verständnis auf allen Ebenen. Und das kann erreicht werden, wenn der Dialog gestärkt wird und man anfängt gemeinsam und zusammen zu arbeiten. Eine zweckgewidmete, transparente Verwendung der Digitalsteuer zur Stärkung des heimischen Medienstandorts. Wo auch für reine Digitalmedien, auf Basis klarer Qualitätskriterien gefördert werden können. Die Erkenntnis und daraus abgeleitete Maßnahmen, dass Werbung nicht böse ist. So dass diese Erkenntnis für mehr Zusammenhalt innerhalb der Medienvertreter führt und so auch Möglichkeiten für mehr Innovation entstehen kann.

Maximilian Mondel: Welche tektonischen Verschiebungen sehen Sie mittel- bis langfristig auf die Digital Marketing Community in Österreich zukommen?

Rut Morawetz: Wir erleben einen Paradigmenwechsel schlecht hin: weg von Third-Party-Cookies, hin zu Contextual und First-Party Data, neue Anforderungen durch KI und Nachhaltigkeit, und ein Wertewandel bei der Gen Z, der Qualität, Transparenz und Sinnorientierung verlangt. All das wird unser Ökosystem nachhaltig transformieren.

Maximilian Mondel: Das iab austria ist ja Lizenznehmer des iab europe: Wie sieht der Austausch mit dem iab europe aus? Welche gemeinsamen Ziele verfolgen die beiden Institutionen?

Rut Morawetz: Wir sind Teil eines globalen Netzwerks in 45 Ländern. Der Austausch mit iab europe ist intensiv, insbesondere im Bereich Policy, Regulatorik und Standardisierung. Gemeinsam verfolgen wir das Ziel, einen offenen, innovationsfreundlichen und vertrauenswürdigen digitalen Werbemarkt in Europa zu gestalten – mit einheitlichen Standards und starker Stimme auf EU-Ebene.

Maximilian Mondel: Sustainability und Green Marketing sind als Themen allgegenwärtig. Welche Verantwortung trägt die Digitalwirtschaft aus Ihrer Sicht?

Rut Morawetz: Die Digitalwirtschaft trägt eine doppelte Verantwortung – als Gestalterin der Transformation und als Teil der Lösung. Einerseits geht es um die Reduktion des eigenen CO₂-Fußabdrucks: Das beginnt bei der Auswahl nachhaltiger Hosting-Lösungen und reicht bis hin zur Optimierung von Werbemitteln und Kampagnen – Stichwort: Green Media. Wir sprechen hier über reduzierte Ladezeiten, ressourcenschonende Kreationen, intelligente Ausspielung nur bei realer Sichtbarkeit, sowie bewusstem Media-Mix. Auch das Messen und Kompensieren von Emissionen wird zunehmend Standard. Andererseits ist Digitalisierung ein Hebel für Klimaschutz. Smarte digitale Tools ermöglichen effizientere Produktionsprozesse, vermeiden Wege, reduzieren Materialeinsatz und fördern datenbasierte Nachhaltigkeitsentscheidungen – etwa im Retail, in der Mobilität oder im Energiesektor. Unsere Branche hat zudem die Kraft, Konsumentenverhalten positiv zu beeinflussen – durch Aufklärung, Transparenz und kreative Kommunikation. Green Marketing darf nicht Greenwashing sein – hier braucht es klare Standards, wie wir sie als iab austria auch mitentwickeln möchten. Und: Wir arbeiten bereits an einer eigenen Arbeitsgruppe zum Thema Sustainability, die genau diese Themen aufgreift – branchenübergreifend und praxisnah. Denn echte Wirkung entsteht dort, wo Wissen geteilt, gemeinsam gestaltet und konsequent umgesetzt wird.

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Chris Budgen

„Creativity Inc.” von Ed Catmull

Von Ed Catmull, Mitbegründer (zusammen mit Steve Jobs und John Lasseter) der Pixar Animation Studios, kommt ein scharfsinniges Buch über Kreativität in der Wirtschaft.