„Made in Austria“ – aber ohne SSP

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Bernd Platzer
Im Gastkommentar analysiert Bernd Platzer (Purpur Media) die gemeinsame Medienkampagne von ORF, VÖZ und VÖP. Dabei stellt er die Frage, ob hier echte digitale Souveränität angestrebt wird – oder bloß ein staatlich abgesichertes Weiter-so.

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Wenn sich ORF, VÖZ und VÖP in bemerkenswerter Harmonie zusammentun, um unter dem Slogan „Made in Austria – Made for Austria“ für heimische Medien zu werben, dann wirkt das wie der choreografierte Schulterschluss einer Branche, die den digitalen Kontrollverlust längst akzeptiert hat – solange er staatlich alimentiert bleibt.

Denn tatsächlich geht es in dieser Kampagne nicht um Markt, nicht um Modelle, nicht um Monetarisierung. Es geht um das Gegenteil davon: ein Schuldbekenntnis in Werbeform, das man sich vom Staat absegnen – und, bitte, auch bezahlen – lässt.

Während anderswo nationale Allianzen entstehen, um dem programmatischen Werbemarkt wenigstens ein Stück digitale Souveränität zurückzuerobern, bleibt Österreich seltsam ambitionslos. Der programmatische Markt, in dem Google AdX, DV360 und Meta Audience Network nach Belieben dominieren, wird hierzulande weder technisch noch strategisch infrage gestellt. Stattdessen appelliert man an Heimatgefühl und Werbeethos. Als wäre Nostalgie ein Geschäftsmodell.

In Frankreich etwa gründeten rund 100 Medien‑, Telekom- und E‑Commerce-Unternehmen bereits 2018 die Alliance Gravity, eine unabhängige SSP, die Datenpools bündelt und national programmatisch verwertbar macht. Parallel dazu entstand Skyline, die alternative Allianz von „Le Monde” und „Le Figaro” – ebenfalls mit eigenem Stack. Beide Netzwerke verkaufen Inventar bewusst nicht über Google, sondern über eigene programmatische Kanäle. Mit Erfolg.

In den Niederlanden verfolgt DPG Media ein ähnliches Modell: eigene AdTech-Strukturen, konsequenter Einsatz von Prebid und kontrollierte SSP-Umfelder. Google spielt hier bestenfalls eine Nebenrolle. In Belgien hat sich mit WeMedia eine Publisher-Allianz gegründet, die Werbeflächen gemeinsam vertreibt und dabei auf nationale Infrastrukturen statt US-Plattformen setzt.

Der gemeinsame Nenner dieser Modelle: technologische Selbstermächtigung, nicht bloß politischer Appell. Programmatischer Umsatz wird hier nicht automatisch an Google durchgereicht, sondern über private Marktplätze, kontextuelle Targetings und unabhängige SSPs im eigenen Land gehalten – mit entsprechend höherem Anteil an Marge und Kontrolle.

Und Österreich? Die Forderung an die Politik lautet nicht „helft uns, unabhängiger zu werden“, sondern: „Gebt uns mehr Geld, damit wir so weitermachen können.“ Die digitale Transformation der Medienlandschaft wird hierzulande nicht gestaltet, sondern vertagt – in der Hoffnung, dass man dafür auch morgen noch mit einer Förderung belohnt wird.

Bernd Platzer ist Founder und CEO von Purpur Media und Mitglied im OVK Online-Vermarkterkreis.

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