Im Jänner 2020 kündigte Google erstmals das Ende der Third-Party-Cookies an. Damals sah der Zeitplan vor, die Funktion innerhalb der nächsten zwei Jahre auslaufen zu lassen. Was folgte, waren mehrmalige Verschiebungen des Cookie-Endes, was die Werbebranche immer mehr verunsicherte. Wie ist eine sinnvolle, wirtschaftliche Planung möglich, wenn man nicht weiß, wann der größte Player in diesem Bereich seine Strategie ändert?
Nun, im Juli 2024, dann ganz unerwartet die Kehrtwende: Die Nutzung der Third-Party-Cookies wird weitergeführt. Die Privacy Sandbox, die in den letzten Jahren mit großen Investitionen als Nachfolgerin mit besserem Datenschutz für die UserInnen entwickelt wurde, entspricht nicht den Erwartungen.
Monopolstellung durch die Privacy Sandbox
Das hat die Verunsicherung in der Branche noch einmal erhöht. Allerdings ist die Privacy Sandbox tatsächlich noch nicht ausgereift genug, um für das digitale Marketing eingesetzt zu werden. Aus unserer Sicht gleicht sie einer Blackbox: Die Werbenden haben keinen Einblick und auch keinen Einfluss darauf, wie die Daten verarbeitet werden oder wieso eine bestimmte Plattform den Zuschlag beim Bidding erhält. Dies erschwert nicht nur, effektiv zu werben, sondern verschafft Google einen unfairen Wettbewerbsvorteil.
Neben vielen wichtigen Grundfunktionen und Einstellungen, die in der Privacy Sandbox aktuell nicht funktionieren, sind diese Intransparenz und die Monopolstellung Gründe für die Kehrtwende von Google. Der Konzern rudert zurück, denn er hat erkannt, dass er sich auf gefährliches Terrain bewegt. Ein Urteil, dass Google nicht wettbewerbskonform handelt, könnte ihm mehr schaden als der Verschiebung des Launches der Privacy Sandbox.
Opt-in oder Opt-out?
Wie Google nun weitermacht, ist unklar. Im Statement heißt es, es werde weiter investiert. Wie das genau aussieht oder was die nächsten Schritte sind, wurde noch nicht bekanntgegeben. Falls das Projekt tatsächlich weitergeführt wird, wäre ein spannender Aspekt, wie Google „Privacy by Default“ handhabt.
Die Europäische Union bzw. der Europäische Gerichtshof setzen im Rahmen der Datenschutzgrundverordnung auf „Privacy by Default“. Die Standardeinstellung im Browser muss den höchsten Datenschutz für die UserInnen bieten – sie müssen dies nicht erst manuell umstellen. Bisher war dies bei Google nicht so. Wie Google das künftig handhabt, ob sich der Konzern gegen diese Regelung stellt und damit auch seine Werbekunden in eine rechtlich schwierige Situation mitzieht, wird sich zeigen.
Die Zukunft ist weiter Cookie-less
Viele offene Fragen und große Unsicherheit beschäftigen also aktuell die Werbe- und AdTech-Branche. Wir empfehlen, sich bis auf Weiteres auf erprobte Werbestrategien zu verlassen bzw. weiter in von Third-Party-Cookies unabhängige Technologien wie ID-Lösungen, Data Clean Rooms oder Server Side Tracking zu investieren. Denn vor dem Hintergrund der neuen technologischen Entwicklungen und des immer strikter werdenden Datenschutzes sind Third-Party-Cookies ein Auslaufmodell – egal, was Google sagt.
Im Rahmen einer Gastkommentar-Serie auf INTERNET WORLD Austria veröffentlichen wir die Meinungen von Führungskräften heimischer Publisher, Vermarkter, Agenturen und werbetreibender Unternehmen zur 180-Grad-Wendung bei der Third-Party-Cookie-Strategie von Google.