Die Entstehung von derStandard.at – eine spontane Idee: Der entscheidende Moment kam, wie Gerlinde Hinterleitner erzählt, nach Feierabend in einem Wiener Wirtshaus: „Das war tatsächlich eine ‚B’soffene G’schicht‘. Wir waren mit ein paar Kollegen unterwegs, als Thomas Seifert, der gerade aus den USA zurückkam, begeistert vom ersten Magazin im Internet erzählte. Wir waren sofort Feuer und Flamme: Das sollten wir auch machen – wir bringen den ‚Der Standard’ ins Internet!”
Am nächsten Tag begannen sie mit der Umsetzung. Das Ziel war es, die Zeitung weltweit abrufbar zu machen und den logistischen Aufwand der Print-Ausgabe zu umgehen. Binnen weniger Monate war es geschafft.
„Am 2.2.1995 ist derStandard.at online gegangen.”
Ein ambitioniertes Projekt mit wenigen Ressourcen: Die Umsetzung war eine Pionierleistung, vor allem mit den damals begrenzten technischen Möglichkeiten: „Wir hatten die Zeit und den Glauben an die Sache. Wir haben uns ein Modem organisiert, es an einen der zwei PCs beim ‚Der Standard’ angeschlossen und jemanden gefunden, der HTML programmieren konnte.”
Für die erste Version von derStandard.at wurde ein Programmierer engagiert – für 10.000 Schilling. Inhalte wurden per Floppy Disk von einem Rechner zum anderen transportiert. Jeden Abend wurde eine neue Version der Website online gestellt. Die Resonanz war enorm, vor allem bei Österreicher:innen im Ausland: „Viele hatten damals bereits PCs und konnten plötzlich Nachrichten in Echtzeit aus ihrer Heimat lesen – das war eine Sensation!”
Die ersten Werbeanzeigen und die Finanzierung
Bei der Veröffentlichung war noch keine Werbung auf der Website. Doch schnell wurde klar, dass eine Refinanzierung notwendig war. Die erste Anzeige erschien am 16. Juni 1996: „Die erste Werbung kam von der Creditanstalt – es war im Grunde einfach nur das Logo auf der Website, ohne Link oder Landingpage.”
Im weiteren Verlauf wurde Online-Werbung als Geschäftsmodell weiterentwickelt – in enger Zusammenarbeit mit der Print-Verkaufsabteilung.
„Das Standard”-Forum – ein Pionierprojekt
Ein weiteres Novum war die Interaktivität des Mediums Internet. Hinterleitner erinnert sich: „Uns war schnell klar: Das Internet ermöglicht nicht nur die digitale Verbreitung der Zeitung, sondern auch einen Rückkanal für unsere Leser:innen – und das unterscheidet es von anderen Medien.”
So entstand das erste Online-Forum einer Tageszeitung weltweit: „Das erste Posting ist am 13. April 1999 auf derStandard.at erschienen – einer der weltweit ersten Userkommentare zu einem redaktionellen Onlineartikel.”
Auch das Archiv mit Suchfunktion wurde früh etabliert – lange bevor es bei anderen Medien üblich war.
Rückblick auf 30 Jahre digitale Innovation
Heute, 30 Jahre später, blickt Gerlinde Hinterleitner auf eine bewegte Entwicklung zurück. Von einer spontanen Idee in einem Wiener Wirtshaus hin zu einem der führenden digitalen Medienhäuser – derStandard.at hat die digitale Medienlandschaft im deutschsprachigen Raum entscheidend geprägt. „Ein paar wenige Menschen haben an Großes geglaubt – und es möglich gemacht.”
Hier geht es zum gesamten Gespräch der Sales-Abteilung von „Der Standard” mit Gerlinde Hinterleitner.