Die Nachricht, dass Google den Abschied von Drittanbieter-Cookies in Chrome erneut auf unbestimmte Zeit verschiebt, schlägt hohe Wellen – auch in Österreich. Die Werbeindustrie hat sich längst auf einen Wandel eingestellt: Erhebliche Investitionen in alternative Technologien, neue Targeting-Ansätze und umfangreiche Privacy-Strategien prägen die Branche seit Jahren. Nun stellt sich die Frage: War all das umsonst?
Die Antwort lautet: Nein. Die Vorbereitungen waren und bleiben entscheidend für ein zukunftsfähiges Werbe-Ökosystem. Der gesellschaftliche und regulatorische Druck – gerade im europäischen Raum – wächst weiter. Auch in Österreich wird Datenschutz von den Konsumentinnen und Konsumenten zunehmend eingefordert und gesetzlich geschützt (und das zurecht).
Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass Datenschutz kein kurzfristiger Trend ist, sondern Teil eines unumkehrbaren Paradigmenwechsels. Der Rückzieher von Google ändert daran nichts. Unternehmen, die frühzeitig auf cookie-lose Lösungen gesetzt haben, stehen jetzt besser da. Sie haben nicht „umsonst“ investiert, sondern Vorsprung aufgebaut – technologisch und vor allem im Vertrauen der Userinnen und User. Heute ist es mehr denn je erforderlich, die Bedürfnisse und Wünsche eben dieser zu berücksichtigen. Das gilt vor allem für digitale Werbung.
Warum Google sich neu positioniert
Googles Schritt ist das Ergebnis massiver technischer, wirtschaftlicher und regulatorischer Herausforderungen. Technische Hürden, wirtschaftliche Interessen von Publishern und Advertisern sowie zunehmende regulatorische Überwachung – etwa durch die britische Wettbewerbsbehörde CMA – haben den Zeitplan der Privacy Sandbox ins Wanken gebracht. Zudem zeigt sich: Es gibt in der Branche keine einheitliche Sichtweise auf den besten Ersatz für Cookies. Angesichts dieser Spannungen entschied sich Google, den Nutzern vorerst weiterhin die Wahl zu lassen und keinen harten Schnitt zu vollziehen.
Was jetzt zählt
Für die AdTech-Branche heißt das: Jetzt ist nicht die Zeit, sich zurückzulehnen. Im Gegenteil – es braucht Lösungen, die bereits heute Datenschutz ernst nehmen und auch ohne Cookies präzise Reichweiten ermöglichen. Technologien wie kontextbasiertes Targeting und KI-gestützte Ansätze, die Privacy by Design berücksichtigen, sind der Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg. Werbetreibende und Publisher sollten die aktuell gewonnene Zeit nutzen, um bestehende Strategien zu verfeinern, in innovative Formate zu investieren und so das Vertrauen der Konsumenten und Konsumentinnen aktiv zu stärken. Gerade der österreichische Markt bietet hier eine Chance: Mit seiner überschaubaren Größe und einer vergleichsweise hohen Sensibilität der Verbraucher und Verbraucherinnen für Datenschutz könnten Unternehmen in Österreich neue Standards setzen.
Googles Entscheidung verzögert vielleicht den endgültigen Abschied von Drittanbieter-Cookies – sie ändert jedoch nichts an der grundsätzlichen Richtung: Die Zukunft gehört der Werbung, die auf den Schutz der Privatsphäre setzt und gleichzeitig wirkungsvoll bleibt.
Michael Drexler ist seit Juli 2024 Country Manager Austria bei Teads und leitet das Österreich-Geschäft der Omnichannel Outcomes Platform für das Open Web. In dieser Position verantwortet er sowohl die operativen Abläufe als auch die Umsetzung der Gruppenstrategie für den österreichischen Markt.