Bevor Sie Managing Director beim DMVÖ wurden, waren Sie bei der UM PanMedia und bei den Marketing Natives tätig. Was haben Ihnen die Tätigkeiten als Director Digital Consulting & Transformation bei der UM PanMedia und Head of Marketing der Marketing Natives für Ihre jetzige Rolle gebracht?
Christoph Brenner: Bei der UM PanMedia bin ich als Praktikant eingestiegen und habe mich zum Director Digital Consulting & Transformation hochgearbeitet. In dieser habe ich den kompletten digitalstrategischen Bereich geleitet. Meine ehrenamtliche Tätigkeit bei den Marketing Natives lief parallel zu meinem Studium an der FH St. Pölten. Diese Erfahrung ermöglichte mir, Führungsqualitäten zu entwickeln und mich in der Branche frühzeitig zu vernetzen. Die Erfolge der Marketing Natives lenkten Aufmerksamkeit auf das Team und brachten indirekt auch der UM PanMedia Anerkennung. Die entstandenen Kontakte eröffneten neue Chancen und halfen in Entwicklungssituationen, da mir aufgrund des Erfolgs frühzeitig mehr zugetraut wurde.
Welches sind die wichtigsten Bereiche mit denen Sie sich in Ihrer Funktion als Managing Director des Dialog Marketing Verbandes Österreich beschäftigen?
Brenner: Einer der wichtigsten Bereiche ist das Data Driven Marketing. Wir haben uns im DMVÖ in den letzten Jahren wahnsinnig stark gewandelt. Von einem sehr traditionellen Marketingbereich, wie Printmedien, hin zu einem Verband, der sich sehr stark oder fast ausschließlich mit dem Thema datengetriebene Kommunikation in allen Ausführungen befasst. Ein Thema ist auch Künstliche Intelligenz, weil uns KI, vor allem die Auswirkungen und der strategische Einsatz, natürlich in allen Bereichen beschäftigt.
Welche Rolle spielt die KI im Dialog Marketing heute und welche Aussichten gibt es für die nächsten Jahre?
Brenner: Künstliche Intelligenz ist ein schwieriges Thema. Es gibt Studien, die davon ausgehen, dass sie in Europa bis 2030 bis zu 300 Millionen Jobs kosten könnte, aber das glaube ich nicht. Es ist eine vollkommen andere Sache, ChatGPT einen Liebesbrief schreiben, oder lustige Bilder generieren zu lassen, als die KI tief in unternehmensinterne Daten, wie Kundendaten und Datenbanken zu setzen, was nötig ist, damit KI in einem Unternehmen wirklich „Jobs kosten” kann. Einige Aufgaben, wie zum Beispiel das Schreiben von Pressetexten und das Erstellen von klassischen Social Media Posts, wird die KI in Zukunft übernehmen, aber ich glaube, dass sich viele noch nicht darüber trauen, die KI in das Unternehmen zu setzen und sich die Entwicklung deshalb verzögern wird.
Wie viele Mitglieder des DMVÖ nutzen KI bereits im Arbeitsalltag?
Brenner: Hier ist natürlich zu unterscheiden wer behauptet künstliche Intelligenz zu verwenden und wer sie wirklich einsetzt. Ich würde sagen sich damit gespielt 90 Prozent aber in einer strategischen, strukturierten Herangehensweise unter 10 Prozent.
Welche Aufgaben umfasst Ihre Position als Managing Partner bei Domicom?
Brenner: In den vergangenen zwei Jahren hat mein Partner Dominik Paulnsteiner erfolgreich neue Ansätze zur Datenverarbeitung und ‑aggregation entwickelt. Im Juni 2023 bin ich dann Teil der Domicom geworden und mein Beitrag besteht vor allem darin, ein aktivierbares Datenaggregationsmodell zu implementieren. Da Third-Party-Cookies stark an Wirksamkeit verlieren – nur etwa 17 Prozent der Nutzer sind noch erreichbar ‑fokussieren wir uns auf Lösungen, um First-Party-Daten durch präzise Hochrechnungen zu aktivieren. Unsere Methode ermöglicht es, anhand von tausenden Datenpunkten Personen basierend auf ihren Interessen zuzuordnen und dies datenschutzkonform mittels Hashing-Verfahren zu aktivieren. In Zusammenarbeit mit meinem Partner Dominik Paulnsteiner und einem Technologieanbieter dahinter, haben wir dieses Aggregationsmodell namens „Verified Performance Bundle“ entwickelt.
Können Sie von den Fähigkeiten der KI bei Ihrem neuen Produkt „Verified Performance Bundle“ profitieren?
Brenner: Wenig, denn unser Ansatz zielt auf die Bekämpfung von Ad Fraud und nutzt ein neues, effektiveres Datenmodell, das unabhängig von Cookies funktioniert. Das ist ein klassisches Beispiel, wo die KI bisher nicht in der Lage ist, die hochkomplexe logische Abfolge zu verarbeiten, da es ein derartiges vernetztes Denken erfordert. Das ist nach wie vor etwas, wo die Menschen ein Monopol darauf haben.
Wie unterscheiden sich Ihre Tätigkeitsbereiche bei Domicom und beim DMVÖ?
Brenner: In meinem Kern werde ich immer ein Stratege und Datenfanatiker sein und bleiben und deswegen ist auch die Domicom für mich ein sehr wichtiger Teil, weil ich genau diesen Bereich, dem ich mich seit Jahren leidenschaftlich widme, sehr stark einbringen kann. Der DMVÖ wiederum ist ein wahnsinnig spannendes Projekt, das mir auf einer anderen Ebene sehr viel Spaß macht. Es ermöglicht mir, gemeinsam mit dem Vorstand einen Verband zu revolutionieren und zu modernisieren. Für mich ist es eine tolle Symbiose, weil ich auf der einen Seite viele Themen in den Verband einbringen kann und auf der anderen Seite viele Dinge mitbekomme, die ich in die Domicom mitnehmen kann oder umgekehrt. Es sind zwei grundverschiedene Tätigkeiten, die nicht in Konkurrenz zueinanderstehen und mir beide sehr viel Freude bereiten.
Wie würden Sie die Stimmung in der Branche bezüglich KI beschreiben?
Brenner: Neugierig. Sobald in irgendeinem Eventtitel “KI” steht, kann man mit 20 bis 30 Prozent mehr Anmeldungen rechnen. Ich würde sagen, das ist Neugierde. Die Meinungen sind jedoch ganz unterschiedlich, da es sozusagen drei Welten gibt, die aufeinanderprallen: die Euphorischen, die Skeptischen und die dazwischen.
Internet World Austria berichtete in Zusammenarbeit mit dem Studiengang Marketing und Kommunikation der FH St. Pölten. Dieses Interview wurde im Zuge der Kooperation von Birgit Gaisbauer und Angelina Pachler geführt.