Nehmt der Regierung endlich den ORF weg

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Albert Sachs
Die neue Regierung hat sich auf eine Novelle zum ORF-Gesetz geeinigt. Nicht ganz freiwillig. Das Ergebnis ist ein Minimalkompromiss. Nehmt der Regierung (und den Parteien) endlich den ORF weg.

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Natürlich kann der ORF der Regierung nicht weggenommen werden. Er gehört ihr nämlich nicht. Der ORF gehört uns allen. Allen Österreicherinnen und Österreichern. So ist es zumindest mit seiner juristischen Konstruktion vorgesehen. Die Regierung soll ihn nur treuhänderisch für uns verwalten. Bei den Parteien ist diese Rolle schon mehr als fraglich.

Tatsächlich haben Herr Österreicher und Frau Österreicherin von diesem ORF recht wenig, wenn es um Mitsprache und Mitbestimmen geht. Denn der ORF ist fest in Partei- und Regierungshänden. Das gehört geändert. Deutlich geändert. Rasch geändert. Nicht nur kosmetisch behübscht, wie das durch das jüngste Novellchen zum ORF-Gesetz passiert ist.

Die aktuelle Novelle des ORF-Gesetzes und damit auch die nun vollzogene Gremienreform des ORF erfolgte nicht freiwillig und in letzter Minute. Denn der VfGH hatte mit seinem Spruch aus dem Jahr 2023 erkannt, dass der Einfluss der Regierung im ORF-Stiftungsrat zu groß sei und das zu ändern ist. Doch die vorhergehende schwarz-grüne Koalition hatte diese zwangsweise erforderliche Korrektur im obersten ORF-Kontrollgremium und damit auch die entsprechende Fixierung im ORF-Gesetz auf die lange Bank geschoben und unerledigt an die neue Regierung weitergegeben. Schwarz-Rot-Pink stand daher unter Zugzwang. Die aktuelle Regierung, namentlich Medienminister Andreas Babler musste die Sitze im Stiftungsrat bis spätestens 1. April 2025 neue verteilen. So die Vorgabe nach dem VfGH-Spruch. Am 27. März wurde daher im Parlament die Novelle zum ORF-Gesetz beschlossen. Pure Scheinkosmetik. Mehr nicht. Nicht einmal ein Reförmchen.

Im insgesamt 35 Mitglieder zählenden Stiftungsrat sitzen künftig nurmehr sechs statt bisher von der Regierung entsandte Mandatare oder Mandatarinnen. Die drei so „frei werdenden“ Sitze wandern zum Publikumsrat, der damit neun statt bisher sechs Mitglieder in den Stiftungsrat entsenden kann. Gleichzeitig wurde mit der Novelle der Publikumsrat von 30 auf 28 Mitglieder reduziert, von denen künftig die Regierung und das Medienministerium 14 statt der bisher 17 Mandate bestimmen können.

So weit so unabhängig.

Die große Gremienreform wurde verpasst. Nicht einmal die simpelste Minimalvariante wurde umgesetzt. Der ohnedies personell aufgeblasene Stiftungsrat hätte bereits mit dem jetzigen Reförmchen um die drei Regierungsmandate verkleinert werden können und wäre damit immer noch üppig besetzt. Die Reduktion des Publikumsrates stellt zwar einen Schritt in die richtige Richtung dar. Doch offensichtliche die Verschiebung der Regierungsmandate hin zum zweiwichtigsten ORF-Gremium bedeutete gleichzeitig zwei Schritte zurück.

Ein deutlicher Schritt zu einer ernsthaften Gremienreform und Entpolitisierung des ORF wäre es gewesen, zumindest den Publikumsrat aus dem Einfluss von Regierung und Parteien zu befreien. Vertreterinnen und Vertreter von Parteiakademien und politischen Vorfeldorganisationen der Parteien haben dort nichts verloren. Das sollte nun zumindest eines der Vorhaben für die von Babler angekündigte „große Reform des ORF“ und damit hoffentlich auch eines völlig neuen ORF-Gesetzes sein. Es bleibt zu befürchten, dass auch mit einer wirklichen Reform von ORF und ORF-Gesetz die Politik ihren Einfluss nicht zurückschrauben wird.

Bleibt daher die Forderung:  Nehmt der Regierung endlich den ORF weg! Und noch eindringlicher: Nehmt den Parteien endlich den ORF weg!

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