Das Milliarden-Geschenk an die Streaming-Dienste

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Albert Sachs
Unter dem Schlagwort „Lex Netflix“ wurde bereits mehrfach über eine Steuer für Streaming-Dienste debattiert. Doch weder die EU noch Österreich konnten sich bisher dazu durchringen und schenken den Streaming-Anbietern so Hunderte Millionen Euro.

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Sich für eine neue Steuer auszusprechen, klingt nie populär. Seit Jahren wälzen verschiedene europäische Länder sowie die Europäische Union Pläne für eine sogenannte Streaming-Steuer. Vielfach läuft diese Debatte auch unter dem Schlagwort „Lex Netflix“. Die Konzepte dazu erscheinen mitunter je nach Land völlig unterschiedlich. Umgesetzt wurden sie bisher kaum. Dabei wäre eine solche Abgabe nur gerecht und brächte den klammen Staatskassen Millioneneinnahmen, möglicherweise sogar Milliarden Euro an Steuern.

Auch Österreich zeigte sich beim Begehr einer Streaming-Steuer für Amazon, Netflix & Co., die auch unter dem Titel „Gigabit-Abgabe“ debattiert wird, bisher keusch. Vor allem der glücklose ehemalige Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP) sprach sich stets gegen eine solche Steuer aus. Der Tiroler brachte gegen eine Streaming-Abgabe immer wieder mögliche höhere Kosten für die Nutzer:innen sowie die Netzneutralität und eine eventuelle Wettbewerbsverzerrung in Stellung. Argumente, die sich einfach widerlegen ließen. Unter seiner Nachfolgerin Claudia Plakolm (ÖVP) versandete das Thema, auch beim amtierenden Infrastrukturminister Peter Hanke (SPÖ), bei dem die Digitalagenden aktuell angesiedelt sind, scheint es nicht auf dem Tapet zu sein.

Dabei wäre eine Internet-Netzgebühr nicht nur gerecht, sondern auch sinnvoll. Das Modell würde ähnlich wie die Netzkosten für die Energieanbieter bzw. die Infrastrukturkosten bei den Eisenbahnen funktionieren. Schon im Jahr 2022 hatte sich der damalige Branchenverband „Internetoffensive Österreich” (IOÖ, heute DOÖ Digitaloffensive Österreich) für eine europäische Gigabit-Abgabe ausgesprochen. Netflix, Amazon, Google und Co. können die Infrastruktur frei nutzen, während diese kaum zur heimischen Wertschöpfung beitragen, so die Argumentation der IOÖ. Hingegen würden Videoinhalte 70 bis 80 Prozent des Internetverkehrs ausmachen, rund 80 Prozent des Netzes für Streaming- und Cloud-Services verwendet werden.

Aber kein „fair-Share“ in Österreich. Während sich beispielsweise Frankreich, Spanien und Italien für eine Netzsteuer aussprachen.

Nach dem Scheitern der gesamteuropäischen Initiative führte Frankreich mit Jahresbeginn 2024 in einem ersten Schritt eineSteuer für Musikstreamingdienste ein, um französische Musik zu fördern. Immerhin rund zehn Millionen Euro konnte das Centre national de la musique nach dem ersten Jahr aus diesem Topf an Genres wie klassische Musik, Chanson und Jazz verteilen. Eine entsprechende Besteuerung für Social-Media-Plattformen wie Meta, TikTok und andere wurde zwar angekündigt, bisher aber nicht umgesetzt.

In der Schweiz wiederum wurde seit einigen Jahren diskutiert, ob Streaming-Anbieter dazu verpflichtet werden sollten, ähnlich wie die TV-Sender des Landes vier Prozent ihres Umsatzes in die Schweizer Filmwirtschaft zu investieren. Mit knapp mehr als 58 Prozent Ja stimmten die Eidgenossen im Mai 2022 für ein derartiges Filmförderungsgesetz. Ein ähnliches Modell könnte auch in Österreich umgesetzt werden. Das würde vor allem zu ein bisschen mehr Wettbewerbsgleichheit zwischen den Streamern und dem ORF führen, der über das Film/Fernseh-Abkommen heimische Kinoproduktionen mit mehreren Millionen Euro unterstützt, den aktuellen Betrag dafür wegen der eigenen Budgetsituation allerdings deutlich reduziert hat. Auch andere österreichische Programmanbieter könnten, möglicherweise würden von einer Steuer für die global agierenden Streamingdienste sogar traditionelle Medienhäuser etwas profitieren. Für heimische oder europäische Angebote ließen sich entsprechende Ausnahmen formulieren. Bei einer solchen Abgabe könnte zudem zwischen Gratis- und Bezahl-/Abo-Angeboten unterschieden werden.

In Österreich wird lieber um den ORF-Beitrag gestritten, die Übermacht der internationalen Tech-Giganten beklagt. Eine einfach umsetzbare Abgabe oder Steuer, die schlimmstenfalls in zweiter Linie die heimischen Konsument:innen treffen würde, hingegen von Unternehmen bezahlt werden müsste, die sich ohnedies gerne ihrer Steuerpflicht in Österreich entziehen, ist kein Thema. Auf Dauer ein Millionen‑, sogar Milliarden-Geschenk an globale Giganten.

Fair-Share, fair Play der Marke Rot-Weiß-Rot.

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