Herr Truppe, Anfang Juli wurde präsentiert, dass 15 europäische Retailer in die Entwicklung der US-Standards für Retail Media eingebunden wurden. Wie kam es dazu, dass das iab austria Teil davon wurde?
Christoph Truppe: Das schöne ist, wir sind ein globaler Verband. Das iab austria pflegt aktiven Austausch mit seinen europäischen Kollegen zu verschiedenen Fachthemen. Insbesondere bei Themen, die eine gewisse Marktreife erreicht haben, wie Retail Media, ist die Etablierung europäischer Standards entscheidend. Durch die enge Zusammenarbeit mit IAB Europe und anderen nationalen IABs konnte das IAB Austria österreichische Interessen und Expertise in die Entwicklung europäischer Standards einbringen.
Was sind die Kernaussagen dieses Papers?
Truppe: Was Retail Media besonders umfangreich macht, ist die Vielzahl der Metriken, die berücksichtigt werden müssen. Von der ersten Kundeninteraktion bis zum finalen Kaufabschluss und den daraus gewonnenen Erkenntnissen für zukünftige Kampagnen. Es wurde schnell klar, es muss nicht alles neu erfunden werden, sondern die bestehenden Media Metriken wurden modifiziert, um den spezifischen Anforderungen von Retail Media gerecht zu werden. Wichtig war und ist, dass Retail Media mit anderen digitalen Kanälen vergleichbar ist.
Gab es auch Uneinigkeiten im Prozess?
Truppe: Im Laufe des Prozesses gab es natürlich Diskussionen, insbesondere bei der Definition und Priorisierung bestimmter Metriken. Die unterschiedlichen Marktgegebenheiten und Anforderungen der teilnehmenden Länder führten zu einem spannenden Austausch. Dieser lebendige Dialog war jedoch äußerst konstruktiv und hat dazu beigetragen, ein umfassendes und praktikables Set von Standards zu entwickeln.
Warum – glauben Sie – ist Retail Media derzeit so hoch im Kurs?
Truppe: Derzeit spielt der Zeitgeist im digitalen Marketing eine entscheidende Rolle, da Retail Media an sich kein neues Konzept ist. Besonders die Herausforderungen durch das schrittweise Verschwinden von Third-Party-Cookies in nahezu allen Browsern fördern die Fragmentierung datengetriebener Marketingansätze und das bringt eine Vielzahl von Möglichkeiten. In diesem Kontext erweist sich Retail Media als besonders attraktiv, da es eine robuste Lösung bietet, um die direkte Verbindung zwischen Werbung und Verkauf herzustellen. Viele Werbetreibende und Agenturen sehen Retail Media deswegen als wichtigen Bestandteil ihrer Werbestrategie an.
Laut der aktuellen „Digital Spendingstudie“ gehen mehr als 80 Prozent der digitalen Spendings ins Ausland. Hat Retail Media das Potential dafür zu sorgen, dass mehr Spendings in Österreich bleiben?
Truppe: Eine enge Zusammenarbeit und Kollaboration innerhalb Österreichs sind hierbei – wie immer – von entscheidender Bedeutung. Händler sollten starke Partnerschaften eingehen, um ihr Angebot attraktiv und zugänglich zu gestalten. Die Entwicklung solcher Partnerschaften zwischen Händlern, Technologieanbietern, Agenturen und Vertriebsanbietern ist entscheidend für das Wachstum und ermöglicht es auch kleineren Händlern, im Markt zu konkurrieren und sich auf Augenhöhe mit den größeren Playern zu behaupten. Dies wird auch in den Prognosen von IAB Europe für den Marktanteil der nächsten Jahre deutlich!
Sie sind Leiter der Arbeitsgruppe Retail Media im iab austria. Was sind hier Ihre Ziele 2024?
Truppe: Die Arbeitsgruppe ist seit Februar äußerst aktiv, und ich möchte allen Mitgliedern für die großartige Zusammenarbeit danken. Unser Ziel ist es weiterhin, in Österreich Aufklärung zum Thema Retail Media zu bieten und dessen feste Verankerung voranzutreiben. Für das zweite Halbjahr planen wir die Entwicklung weiterer Definitionen sowie die Veröffentlichung eines Glossars. Darüber hinaus arbeiten wir an einer Marktübersicht, die speziell die Situation in Österreich abbildet.