Schon allein der Name des vom ORF-Stiftungsrat veranstalteten „Future Day” ist eine Themenverfehlung. Bei der Diskussion von Vertreterinnen und Vertreter des ORF, des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ) und des Verbands Österreichischer Privatsender (VÖP) über „weitere Möglichkeiten für eine vertiefte Zusammenarbeit, die Zukunft des Medienstandortes und das Thema künstliche Intelligenz” handelt sich um kein Zukunftthema, sondern um eines, das man vor langer Zeit behandeln hätte sollen und zu dem die am Tisch Versammelten längst handelseins hätten werden sollen.
Aber, so ist eben hierzulande. Es wird Arbeitskreis um Arbeitskreis gebildet und wenn man dann fertig ist mit dem Diskutieren sind alle internationalen Player links und rechts an den Österreichern vorbeigezogen. Es ist jetzt nicht gerade neu und innovativ, Karl Kraus zu zitieren, aber der meinte ja einst sinngemäß, dass man im Angesicht des drohenden Weltuntergangs nach Österreich ziehe solle, denn da fände alles ein paar Jahre später statt.
Ja, natürlich ist es gut, wenn ein Forum des Diskurses geschaffen wird, denn in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten wurde in Österreich zu Medienthemen ohnehin zu wenig diskutiert, mit zu wenig Tiefgang und Weitblick diskutiert und vor allem immer nur bis zur Grenze des eigenen Schrebergartens diskutiert. Trotzdem stellt sich die Frage, ob da die Richtigen am Tisch sitzen, die hier einen Schlachtplan für das weitere Vorgehen in Sachen Medien in Österreich aushecken: Der ORF ist in der Debatte ein Betroffener, also parteiisch, der eher als Verhinderer und Bewahrer, denn als Innovator bekannte VÖZ sowieso und auch der VÖP hat seine ureigensten Interessen und die sind nicht immer in Österreich basiert.
Und all die Genannten saßen nun also zusammen und haben bemerkt, dass „das Stoppen des Abflusses der Werbung, der Schutz von Urheberrechten, die Gewährleistung des Jugendschutzes, die Sicherstellung der Auffindbarkeit von Inhalten und die Stärkung der Medienkompetenz” grandiose Themen wären, die man in Angriff nehmen sollte. Willkommen in der Realität, aber das wären im Jahr 2000 Zukunftsthemen gewesen. Da wäre ein „Future Day” eine unterstützenswerte Sache gewesen. Aber jetzt? Jetzt ist es das letzte Rückzugsgefecht, wo man der Politik in diesem Land nahelegt, die bösen Big Techs in die Schranken zu weisen. Da und dort sind bei der Debatte um die mediale Realität sinnstiftende Ansätze dabei, aber wann wollen die großen Medienhäuser in unserem Miniland endlich Handlungen setzen? „A little less conversation, a little action, please” trällerte einst Elvis Presley, doch sein Ruf verhallte ungehört in den Chefetagen der medialen Regionalkaiser, die es sich in ihrem jeweiligen Bundesland gemütlich eingerichtet hatten und jetzt merken, dass ihnen so ziemlich alles unter dem Allerwertesten weggezogen wird.
Ein Blick in die Schweiz genügt und man sieht, wie man die Problemlage dort erkannt hat und sich gegen die Big Techs positioniert: Nicht mit Wegregulierung, sondern mit Angeboten an die werbetreibende Wirtschaft, die selbige zunehmend attraktiv findet. Wir alle wünschen uns finanzierbaren und Demokratie-bewahrenden Qualitätsjournalismus sowie in Österreich verbleibende Werbegelder, aber wenn als Waffe Protektionismus gewählt wird, dann sind wir auf den falschen Dampfer.
Liebe Medienunternehmer, ihr wollt die digitalen Werbegelder heimischer Werbetreibender haben? Dann schafft einfach simpel und rasch zu buchende Werbeprodukte, die für die Wirtschaft in diesem Land leistbar und erfolgversprechend sind. So machen es nämlich die Big Techs. Und mit einer Medienkompetenzoffensive an Österreichs Schulen, die, bis sie konzipiert und beschlossen ist und dann umgesetzt wird, mehrere Jahre auf sich warten lassen würde, ist es sicher nicht getan. Oder glaubt man, dass es hilft, Schulkindern zu erklären, dass TikTok, Snapchat, Insta und Facebook „pfui” sind, um die Social-Media-Nutzung zu vermindern und in weiter Folge die dadurch freigewordenen Werbe-Euros zu erben?
Aber in all dem Schlamassel ist Rettung in Sicht, denn: „Der ORF-Stiftungsrat will den Austausch zur Medienbranche weiterführen. Zumindest zwei ‚Future Days‘ sind pro Jahr geplant.” Passt. Alles richtig gemacht.











