Suche
Close this search box.
Suche
Close this search box.

Schickt die dicken Wälzer ins Ausgedinge

Picture of Albert Sachs
Albert Sachs
Das Telefonbuch hat sich als Nachschlagwerk längst überholt. Doch es wird immer noch in Massen gedruckt und verteilt. Warum das keine gute Idee ist.

Die Schweiz und Frankreich haben es längst abgeschafft, in Deutschland gibt es ernsthafte Überlegungen, es endlich den Schweizern und Franzosen gleichzutun. In Österreich werden die Haushalte damit zwischen Anfang April und Anfang Dezember alljährlich beglückt – das Erscheinen der jeweils aktuellen Ausgabe des Telefonbuchs ist nach Bundesländern zeitlich gestaffelt.

Trotz aller Nachhaltigkeitsdebatten und Diskussionen zur Ressourcenschonung leistet sich Österreich diesen Anachronismus noch und versorgt die Haushalte der Republik nach wie vor mit den zentimeterdicken Adressziegeln. Obwohl, ein Telefonbuch braucht heutzutage kaum noch wer.

Dazu ein paar Fakten: In Freiburg im Breisgau mit seinen knapp mehr als 230.000 EinwohnerInnen sank die Auflage des örtlichen Telefonbuchs zwischen den Jahren 2019 und 2024 von 62.000 auf 52.000 Exemplare. Eine Straßenumfrage des SWR ergab, dass das Telefonbuch in der gedruckten Form kaum noch genutzt, bestenfalls in der elektronischen Version verwendet und am häufigsten in Form einer App aufgerufen wird. In Wien wurden 2017 noch 200.000 Telefonbücher verteilt, im Jahr 2023 war die Auflage des Wiener Telefonbuchs immerhin auf 155.000 Stück gesunken.

Im Juni war es wieder so weit, in der Bundeshauptstadt landeten die Telefonbücher in den Briefkästen. Und wohl in vielen Fällen umgehend und ohne Umweg in den Altpapier-Containern. Eine unqualifizierte Marktforschung im Haus des Verfassers nährt diese Vermutung.

Das Telefonbuch ist das anachronistischste Medium Österreichs, verstopft Postfächer, kostet Ressourcen und verärgert allein durch sein unvermutetes Auftauchen vermutlich einen Großteil der EmpfängerInnen. Zudem fällt die Schriftgröße der einzelnen Einträge mittlerweile so minimalistisch aus, dass auch die schärfsten Adleraugen eine Lupe brauchen, um Namen und die dazugehörigen Nummern zu entziffern. Nicht verwunderlich, dass das druckfrische Telefonbuch im Handumdrehen im Altpapier landet.

Ebenso verwunderlich wie die Tatsache, dass Telefonbücher noch immer gedruckt und in Massen verteilt werden, ist der Umstand, dass es weder das beauftragende noch das herstellende Unternehmen – und trotz mutmaßlich erstklassiger Datenlage – schaffen, ein System zu implementieren, über das sich das Telefonbuch dauerhaft und damit ein für alle Mal abbestellen lässt. Auf der Website von A1 gibt es lediglich die Möglichkeit, per elektronischem Formular auf „die kommende Telefonbuchausgabe zu verzichten“. Herold bietet überhaupt keine Möglichkeit an, das Telefonbuch abzubestellen.

Liebe Telefonbuch-Verwalter, ‑Drucker, ‑Verteiler und ‑Produzenten, gebt euch einen Ruck. Bietet den Österreicherinnen und Österreichern zumindest die Chance, das Telefonbuch dauerhaft abzubestellen. Oder stellt dessen Druck und Verteilung am besten von selbst und aus freien Stücken für immer und ewig ein.

Ein derart anachronistisches Medium braucht wirklich niemand mehr. 

Subscribe
Notify of
guest
2 Kommentare
Oldest
Newest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments