Sie haben auf Kunden‑, Agentur- und Medienseite gearbeitet. Wie hilft Ihnen dieser Blick in Ihrer jetzigen Rolle?
Bettina Schuckert: Ich durfte aus allen Perspektiven auf den „Teich Werbung“ blicken. Mit der Gewista schließe ich nun das Dreieck, das aus Kunde, Agentur und Medium besteht. Diese drei Partner entscheiden gemeinsam über den Erfolg einer Kampagne. Durch meine unterschiedlichen Stationen kann ich dafür sorgen, dass dieses Dreieck im Gleichgewicht bleibt – da ich alle Bedürfnisse kenne. Nur wenn alle drei Partner auf Augenhöhe miteinander arbeiten, bleibt das Rad geschmeidig in Bewegung.
Welche Rolle spielt dabei die Konkurrenz zu internationalen Plattformen wie Google oder Meta?
Schuckert: Natürlich eine große, aber es geht doch vor vor allem um Qualität – z.B. die Qualität des Umfelds. Diese Plattformen übernehmen keine Verantwortung für Inhalte – dort wird Werbung nach Algorithmen ausgespielt, oft ohne Kontext. Out of Home dagegen ist eines der letzten Massenmedien mit stabilen Reichweiten. Menschen sind unterwegs – und Plakate, Citylights und alle Arten von Screens fallen auf, ob man will oder nicht. Wir wissen aus Studien, dass sie nicht nur auffallen, sondern auch gefallen, was die Botschaft stärker verankert. Besonders Jüngere zeigen laut Studien Symptome von „Digital Fatigue“. Out of Home passiert in der realen Welt. Es ist greifbar, echt, glaubwürdig – und genau dieses Echte gewinnt wieder an Bedeutung.
Out of Home wird auch digitaler – etwa durch QR-Codes oder Bewegtbilder. Wie schafft man hier Mehrwert für KonsumentInnen und Marken?
Schuckert: Entscheidend ist, dass digitale Elemente im größeren Markenkontext stehen. Eine gute Idee zahlt immer auf den Markenkern ein. Wenn das gegeben ist, können wir bei Gewista unglaublich kreative Formate realisieren – von interaktiven Wartehallen über Live-Erlebnisse bei Sportereignissen bis hin zu Aktionen, die überraschen. Menschen lieben das – vorausgesetzt, es passt zur Marke.
Wie sehen Sie die Zukunft von Out of Home im digitalen Zeitalter?
Schuckert: Ganz klar: steigend – und zwar stark steigend. In Deutschland liegt der Marktanteil von OOH bereits über zehn Prozent, Österreich kratzt an der Neun-Prozent-Marke. Wir bereiten uns darauf vor, ebenfalls zweistellig zu werden. Out of Home wächst, Digital Out of Home sogar doppelt so schnell wie der analoge Bereich. Der Zenit ist da noch lange nicht erreicht.
Sie sind auch Präsidentin des Effie Boards. Was macht Kampagnen heute wirklich effektiv?
Schuckert: In herausfordernden Zeiten mit angespannten Budgets ist es umso wichtiger, die richtigen Maßnahmen zu setzen und zum Unternehmenserfolg nachweislich beizutragen. Am Ende des Tages muss man Marketingaktivitäten im Umsatz oder in der Steigerung der definierten Kennzahlen sehen – ohne Wenn und Aber. Gleichzeitig darf man Awareness und Performance nicht gegeneinander ausspielen. Nur Performance reicht langfristig nicht. Marken brauchen auch emotionale Aufladung und Imagepflege, die auf den Markenkern einzahlen. Die richtige Mischung macht es aus.
Welchen Rat geben Sie Teams, die beim Effie einreichen möchten?
Schuckert: Der Aufwand lohnt sich. Der Effie ist der bedeutendste und einzige international gebenchmarkte Preis. Was bei uns Gold ist, wäre auch in den USA Gold. Jedoch: wer einreicht, sollte das mit vollem Einsatz tun. Der zeitliche Aufwand ist nicht zu unterschätzen. Die Jury will auf eine Reise mitgenommen werden und sie möchte auch Zahlen und Belege für die Wirksamkeit sehen – das ist immer tricky, weil Zahlen werden nicht so gerne verschriftlicht. Am Ende ist es aber so: Nur wer seine Ergebnisse fundiert darlegt, wird belohnt. Und das ist mein Rat. Verlasst euch nicht nur auf ein knackiges Einreichvideo. Die Jury braucht auch den Beweis für die Wirksamkeit und dieser wird über Zahlenwerk angetreten.
Was wünschen Sie sich für die österreichische Marketing- und Medienlandschaft bis 2030?
Schuckert: Zusammenhalt, out-of-the-box-Allianzen, Abbau von Berührungsängsten. Wir müssen gemeinsam auftreten – gegen die globalen Plattformen. Verdrängen können wir sie nicht, sie sind da, sie bleiben da, sie sind mächtig, aber wir können uns klar abgrenzen und wir können uns organisieren. Gemeinsam schaffen wir es, dass aus eins und eins drei wird – eine starke österreichische Werbe- und Medienlandschaft.
Internet World Austria berichtete in Zusammenarbeit mit dem Studiengang Marketing und Kommunikation der FH St. Pölten. Dieses Interview wurde im Zuge der Kooperation von Sophia Pellny und Marlies Luger geführt.













