Fusionskontrollverordnung nennt sich so etwas in der Bürokratensprache der Europäischen Union. Gemäß dieser EU-Fusionskontrollverordnung haben die Aufsichtsbehörden in Brüssel die geplante Übernahme der Werbeholding Interpublic Group of Companies (IPG) durch die Omnicom Group „ohne Auflagen“ genehmigt. „Nach der Prüfung des Vorhabens war die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass der Zusammenschluss keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken im Europäischen Wirtschaftsraum („EWR“) aufwirft“, heißt es in der Begründung der EU.
Damit ist für die geplante Megaübernahme im globalen Werbemarkt die letzte Hürde aus dem Weg geräumt. Omnicom-Boss John Wren wird demnächst vermutlich eine gigantische Agenturgruppe befehligen, deren Jahresumsatz bei geschätzten 26 Milliarden US-Dollar – umgerechnet aktuell rund 22,6 Milliarden Euro – liegt. Obwohl mit der Übernahme eine der größten Agentur-Konglomerate weltweit entsteht, sei dieses „durch die Präsenz mehrerer Wettbewerber, darunter große internationale Werbekonzerne mit globaler Reichweite wie WPP, Dentsu-Aegis, Publicis und Havas, hinreichendem Wettbewerbsdruck ausgesetzt“, heißt es in der EU-Begründung. Und weiter: „Sollte das aus dem Zusammenschluss hervorgehende Unternehmen seine Preise erhöhen oder die Qualität seiner Dienstleistungen verringern, hätten die Kunden die Möglichkeit, zu einer der konkurrierenden Agenturen zu wechseln, die nach dem Zusammenschluss weiterhin auf dem Markt tätig wären.“
Gerade die letzte Passage klingt beinahe zynisch. Denn die Mega-Agenturen, die global agierenden Networks und ihre Holdings können längst nicht mehr nach Belieben schalten und walten, sondern sehen sich einem immer heftigeren Marktdruck und Konkurrenzkampf ausgesetzt. Für so manche von ihnen geht es schlicht ums Überleben. Die Übernahme folgt keinem Größenwahn, sondern der wirtschaftlichen Notwendigkeit. Auch die globalen Agentur-Gruppen kämpfen angesichts der Digitalisierung, neuer Werbeformen und ‑kanäle mit steigendem Kostendruck und sind auf der Suche nach ihrer künftigen Identität.
Omnicom-Geschäftsführer Wren hatte bei der Bekanntgabe der Übernahmepläne angekündigt, durch Synergien die Dienstleistungs- und Verwaltungskosten des neuen Giganten jährlich um rund 750 Millionen US-Dollar zu senken. IPG hatte bereits zuvor weltweit 3.200 Stellen abgebaut und 135.000 Quadratmeter Bürofläche abgegeben.
Die goldenen Zeiten der Werbung sind längst vorbei. Viele einst namhafte Agenturmarken haben nicht nur ihren Glanz verloren, sondern sind vom Markt verschwunden. Dieses Aushöhlen und Sterben scheint sich unvermindert fortzusetzen. Die unter dem IPG-Dach angesiedelte McCann Worldgroup musste beispielsweise im Vorlauf des nunmehrigen Mergers ihr FutureBrand-Geschäft (Design, Branding) abgeben. Zudem verstummen seit dem Bekanntwerden der Übernahmepläne die Gerüchte, die Agenturmarke DDB könnte verschwinden, nicht.
DDB ist als Network nicht nur in knapp 100 Märkten weltweit aktiv, der Agenturmarke ist ein Akronym aus den Namen der drei Gründerpersönlichkeiten Maxwell Dane, Ned Doyle und William Bernbach. Vor allem Bernbach gilt als einer der Säulenheiligen der modernen Werbegeschichte nach 1945. Doch angesichts des ökonomischen Drucks und des dramatischen Wandels im Business zählen Namen und Traditionen kaum noch.
Omnicom und IPG verschmelzen zu einem neuen Werbegiganten. Unter welchem Namen die Holdings künftig agieren werden, bleibt abzuwarten. Als sicher gilt, dass der eine oder andere Agenturname für immer vom Markt verschwinden wird. Die Konsolidierung des globalen Werbemarktes, die Transformation der internationalen Networks schreitet weiter voran. Omnicom und IPG bilden einen neuen, gigantischen Player im Markt. Größe allein sichert allerdings das dauerhafte Überleben nicht. Vor allem nicht, wenn sich der Märkt so rasch ändern wie Werbung, Marketing und Medien und zudem die KI für völlig neue Rahmenbedingungen sorgt.
Ein Absturz aus der Gigantomanie ist da nicht ausgeschlossen











