Wie ordnen Sie als Experte den Stellenwert von SEO in Österreich im internationalen Vergleich ein?
Thomas Urban: Österreich liegt hier sicher im guten Durchschnitt – vor allem, wenn man die Größenverhältnisse mit anderen Ländern bedenkt. Technische SEO wirkt z. B. oftmals auf die gesamte Domain ein. Wenn diese dann im Vergleich mit Deutschland ca. 10 mal so viel User:innen-Potential hat, ist schnell klar, dass der ROI bei gleicher Arbeit für die Technik-Tasks weitaus höher ist. Spannend ist zusätzlich der Vergleich der EU-Länder mit dem Kernmarkt der Suchmaschinen-Anbieter, den USA. Das Beispiel des AI Mode von Google, der vor allem aus Datenschutzgründen noch immer nicht in der EU verfügbar ist, zeigt, dass wir in Europa einen guten Mittelweg zwischen berechtigtem Schutz unserer Konsument:innen auf der einen Seite, aber auch Innovationsbereitschaft auf der anderen Seite, finden sollten.
Welche Entwicklungen und Trends fallen Ihnen als Experte besonders auf?
Urban: Abseits der stetigen Professionalisierung von SEO entlang der Richtlinien der Plattformen, wie z. B. den Google Search Quality Guidelines, ist der große Trend zweifelsohne der Einzug der AI in die Websuche. Dies beginnt mit noch klassischeren Innovationen wie der Integration von AI Overviews in der Google Suche, bis zu Chatbot-Interfaces wie denen von ChatGPT, Claude, Perplexity, Gemini oder dem Google AI Mode. Die Suchmaschine wird immer mehr zur Antwortmaschine und in SEO kommt zum Ziel des Top-Rankings hinzu, die Top-Quelle sein zu wollen.
Wie ordnen Sie die wachsende Bedeutung von KI bzw. damit verbunden Suchanfragen über ChatGPT & Co ein?
Urban: Hier ist aus meiner Sicht besonders spannend, dass sich das User:innen-Verhalten in den Chatbot Interfaces im letzten Jahr stark verändert hat und sich wahrscheinlich auch weiterhin stark ändern wird. Das hat zur Folge, dass für SEO Herausforderungen – z. B. bei transaktionalen Suchen – entstehen, was auch für die Plattformen selbst in Bezug auf deren künftige Monetarisierungsstrategien spannend ist. Auf der anderen Seite ergeben sich aber auch viele neue interessante SEO-Use-Cases, u.a. im Upper-Funnel der Suchanfragen, wo bisher aufgrund mangelnder Nachfrage keine sinnvollen SEO-Ansätze möglich waren. Am aller spannendsten ist aus meiner Sicht aber, dass die signifikanten Veränderungen im User:innen-Verhalten, also der Art und Weise wie und für was Suchmaschinen genutzt werden, in vollem Gange sind, und zu viel grundlegenderen Veränderungen in der gesamten Webnutzung führen können, als wir es uns aktuell vorstellen können.
Welches heimische Unternehmen mit einer starken Präsenz rund um die Suche betrachten Sie als Vorzeigebeispiel?
Urban: Aus meiner Sicht sind nicht so offensichtliche Use-Cases spannend. Red Bull hat es etwa grandios geschafft die Dose, die selbst beschränkte Möglichkeiten bezüglich Nachfrage in Suchmaschinen bietet, mit einer genialen Content-Welt zu verheiraten. Von Ausnahmeathlet:innen zu ESport-Gaming-Tipps finden User:innen in Such- und Antwortmaschinen immer wieder den Einstieg in die Website dieser Love-Brand.
Welches internationale Unternehmen ist Ihnen rund um die Suche in den vergangenen Monaten aufgefallen?
Urban: Absoluter Gewinner der vergangenen Monate, vor allem auch hinsichtlich der Quellen-Präsenz in AI-Chatbots, ist Reddit. Das kommt nicht von ungefähr – schließlich kooperiert diese UGC-Plattform offiziell seit 2024 mit Google. Brands, über die User:innen vorrangig positiv kommunizieren, haben nun einen relevanten Wettbewerbsvorteil. „Sentiment“ beeinflusst signifikant die Autorität von Websites in AI & Suchmaschinen – wer in SEO & GEO weiterhin vorne dabei sein möchte, kommt also nicht umhin, wirklich für User:innen-Bedürfnisse zu optimieren.
Welchen schnell umsetzbaren Tipp können Sie rund um SEO bzw. GEO empfehlen?
Urban: Viele Websitebetreiber:innen haben Schwierigkeiten damit, typische Probleme, Fragestellungen etc. von User:innen zu ihren Produkten/Angeboten zu erkennen und beantworten. AI-Chatbots erleichtern diesen Prozess massiv, da sie eine großartige Quelle sind, die größten Pain Points von User:innen zu identifizieren. Diese sollten onpage, z. B. auf Produktdetailseiten selbst, beantwortet werden – am besten als FAQ-Markup in Structured Data gekennzeichnet. So schafft man nicht nur mit besserem Content eine höhere Sichtbarkeit in SEO und GEO, sondern optimiert auch ganz klar am Conversion-Prozess selbst.
Dieses Interview ist Teil einer Interviewserie mit Mitgliedern des MCÖ Digital Marketing Experts Pool in Kooperation mit der Internet World Austria Redaktion. Stephan Kreissler, Gründer der Digital Agenturen AdsThatWork und Digitalisten, ist Initiator und Leiter des Pools der Digital Marketing Expertinnen und Experten. Er wird unterstützt von Harald Rametsteiner, Lehrgangsleitung für den MBA General Management an der FH des BFI Wien.