Wie ordnen Sie als Experte den Stellenwert von E‑Commerce in Österreich im internationalen Vergleich ein?
Thomas Leskowsky: Wir sind gut dabei, aber keine Spitzenreiter. Es hat Corona gebraucht, um bei uns den „Brand zu beschleunigen” – Österreich hat ein dichtes Filialnetz (zumindest in den größeren Städten), gleichzeitig ziehen viele Personen aber auch wieder aufs Land, was den E‑Commerce weiterhin auf trapp halten wird, allerdings nicht explosiv wachsen lassen wird. Österreich profitiert allerdings von einer extrem guten Produktqualität und wir sind in vielerlei Prozessen, die wir übers Land verteilt anbieten, extrem professionell. Der Zug zur Professionalität und das nationale Budget, hier investitionsfreudiger zu sein, hindert uns aktuell allerdings ein wenig, Wachstum voran zu treiben – ich bin aber guter Dinge, dass wir hier mit eigenen Bewegungen und Initiativen und einem gut vernetzten Österreich punkten können.
Welche Entwicklungen und Trends fallen Ihnen als Experte besonders auf?
Leskowsky: Es wäre nicht das Jahr 2025, wenn man nicht das Wort „künstliche Intelligenz” in den Raum wirft. Was das aber mitbringt, sind die Standards, eigene Prozesse zu kennen, sie nachhaltig aufzustellen und keine Kosten unnötig zu versenken. Profitabilität ist so wichtig ist wie noch nie, schlank aufgestellt zu sein, um einer nicht allzu florierenden Wirtschaft die Stirn zu bieten.
Welches heimische Unternehmen betrachten Sie als Vorzeigebeispiel für E‑Commerce?
Leskowsky: Ich hatte 2021 schon die Große Ehre, den Anteil unseres Onlineshops „SHÖPY” gemeinsam mit Christian Pittner und Stefan Ponsold an niceshops zu verkaufen. Diese zählen für mich auch heute noch zu den Vorreitern, weil sie sich sehr früh wichtige, aber auch riskante Schritte zugetraut haben. Zudem sind größere Plattformen wie myProduct, ReFurbed, aber auch Nischenplayer wie BUMAS oder Reiseplattformen wie willweg.at finde ich immer wieder inspirierend.
Welches internationale Unternehmen ist Ihnen in den vergangenen Monaten zu E‑Commerce aufgefallen?
Leskowsky: Aufgefallen sind mir asiatische Player wie TEMU und Shein, die die Logistikzentren mit einer Welle an Paketen bedienen. Aber auch Nahrungsergänzungsmittel wie More Nutrition oder ESN, die auch Einzug in den lokalen Handel gefunden haben (ein Ritterschlag in Österreich bei unserem Filialnetzwerk) und Gurkerl, die für mich im Preis / Leistungsangebot überzeugen.
Welchen schnell umsetzbaren Tipp können Sie empfehlen?
Leskowsky: Erstens: Regelmäßiges (alle 6 Monaten) User Testing um blinde Flecken des eigenen Businesses (besonders Onlineshops) aufzudecken. Zweitens: Kundenbindungsmaßnahmen zu beherrschen, Community Building wird so wichtig wie nie, besonders wenn es um Profitabilität geht. Und zuletzt 2 Stunden in der Woche für Bildung in Digitalisierung (E‑Commerce, Digitales Marketing, künstliche Intelligenz) zu investieren – sonst läuft dir die Zeit davon.
Dieses Interview ist Teil einer Interviewserie mit Mitgliedern des MCÖ Digital Marketing Experts Pool in Kooperation mit der Internet World Austria Redaktion. Stephan Kreissler, Gründer der Digital Agenturen AdsThatWork und Digitalisten, ist Initiator und Leiter des Pools der Digital Marketing Expertinnen und Experten. Er wird unterstützt von Harald Rametsteiner, Lehrgangsleitung für den MBA General Management an der FH des BFI Wien.













