Österreich ist jetzt Feuerland

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Albert Sachs
Anmerkungen zum politischen Aktionismus in diesem Land. Ganz besonders jenem, der seit vielen Jahren die österreichische Medienpolitik prägt.

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Plötzlich sorgt sich sogar Josef Cap um die Zukunft der Medien in Österreich. Cap, langjähriger Klubobmann und Mediensprecher seiner Partei. Jener SPÖ, deren Medienpolitik viele Jahre, um nicht zu sagen Jahrzehnte, im Verhindern und Nichtzulassen bestand. In einem großformatigen Beitrag für die Gratiszeitung oe24 schreibt er unter dem Titel „Es ist fünf vor zwölf“ zur Krise der heimischen Medien: „Die Internet-Konzerne (Google, youtube, Meta, Amazonetc.) gefährden durch ihre Preispolitik nicht nur die österreichische Wirtschaft, sondern bedrohen besonders auch die österreichischen Medien existenziell.“

Man könnte Cap allein zu diesem Kommentar diverse inhaltliche Unschärfen vorwerfen. Doch das ist nicht das Thema. Cap und sein Beitrag stehen symbolisch dafür, wie aktionistisch rund um das Thema Medien in Österreich agiert und reagiert wird. Aktueller Auslöser für medienpolitische Anmerkungen dürften wohl die diversen Ankündigungen verschiedenster Medienhäuser sein, massive Sparkurse zu fahren und im großen Stil Personal zu entlassen.

Plötzlich werden viele politischen Bühnen genutzt, um sich zu einer blühenden und vielfältigen Medienlandschaft zu bekennen. Und kaum eine Chefredakteurin oder ein Chefredakteur, die und der in den vergangenen Wochen nicht die existenzbedrohenden Rahmenbedingungen für die österreichischen Medien beklagte. Das sind sie tatsächlich auch. Bei vielen Medienhäusern ist schlicht Feuer am Dach.

Doch die meisten Analysen greifen zu kurz. Dazu bleiben die Wortmeldungen aus der Politik ohne konkrete Folgen. Medienpolitik war, ist und bleibt in Österreich eine dauerhafte Baustelle, deren gravierendste Mängel mit Basteleien behübscht und abgedeckt werden. Dauerhaft repariert wird in diesem Feld kaum etwas.

Nicht nur die Krisenberichte und ‑analysen, auch die medienpolitischen Adhoc-Befunde und Lösungsvorschläge beziehen sich dabei meist auf den ORF, mittlerweile auch die privaten Fernsehsender – Radio wird schon meist ausgeklammert – sowie die heimischen Publikumsverlage mit ihren Tageszeitungen und Magazinen. Ganz bewusst ist hier von Publikumsverlagen die Rede, denn nahezu bei allen medienpolitischen Debatten werden im Zusammenhang mit den großen Medienhäusern dieses Landes deren Online-Aktivitäten weitgehend negiert. Abgesehen davon, wenn sich der VÖZ wieder einmal gegen die Blaue Seite des ORF aufmunitioniert.

Das mittlerweile breite Spektrum, die immerhin auch schon über rund zwei Jahrzehnte gewachsenen bunt blühenden Felder der Online- und Digitalmedien kommen in den medienpolitischen Debatten kaum vor, werden bei allen diesbezüglichen Aktivitäten ignoriert. Doch sie stellen längst nicht nur eine wichtige journalistische und mediale Kategorie dar, sondern auch ein einen milliardenschweren Wirtschaftszweig. Wer den Digitalsektor nicht in seine medienpolitischen Morgen- und Nachtgebete miteinschließt, wird keinen dauerhaften Medienfrieden finden.

Daher braucht dieses Land endlich eine fundierte, allumfassende Medienpolitik. Mit spontanem Aktionismus ist niemandem geholfen. (Medien-)politikerinnen und ‑politiker müssen handeln, nicht analysieren und kommentieren. Rasch. Jetzt.

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