Welche Entwicklungen empfindest du aktuell als besonders relevant in diesem Bereich?
Michael Vaclav: Mich überrascht manchmal, was alles schon möglich ist. Wir haben bei uns in der Firma Testläufe, bei denen wir eingehende Nachrichten von der KI beantworten lassen. Wir verschicken sie noch nicht automatisiert, sondern prüfen nach und schärfen die Prompts, damit es besser klingt. Im B2B-Kontext wird es spannend, da Marketing-Automation-Prozesse, die bisher nur durch einen Menschen machbar waren, wie zum Beispiel Webinare, in Zukunft automatisiert ablaufen werden.
Was sind deiner Meinung nach kurzfristige Hypes und was langfristige Trends?
Vaclav: Die kurzfristigen Hypes sind die Dinge, wie zum Beispiel cineastische Videos auf LinkedIn. Die Use Cases dahinter sind aber oft überschaubar. Langfristig bleiben wird alles, was über einen KI-Voice-Agent oder Chatbot abgefedert werden kann und Recherchetätigkeiten. Das sind Dinge, die Unternehmen wirklich weiterhelfen können.
Welche Rolle spielt KI generell für Marketing Automation?
Vaclav: Als wir mit Marketing Automation angefangen haben, dachte ich, dass das Tool für mich Marketing macht. Bis ich daraufgekommen bin: Es ist ein Tool, dem ich erklären muss, was es macht. Wenn man das auf KI umlegt, heißt das, sie kann selbstständig lernen, was funktioniert und was nicht. Zum Beispiel gibt es in HubSpot einen neuen ICP-Agent in der Beta-Version, dem man erklärt, wie die Buyer Persona tickt. Der antwortet aus deren Sicht, ob sie sich angesprochen fühlt oder nicht und was man besser machen könnte. Das heißt welche Bilder, Farben, Tonalität passen. Irgendwann wird der Moment kommen, wo das was wir tun, schlechter performt als das, was die KI generiert. Ich glaube, wir schaffen uns unser Marketing selbst ab.
Wie verändert sich dadurch die Rolle von Marketerinnen und Marketern?
Vaclav: Aktuell verändert sich noch nichts so dramatisch, aber irgendwann wird die KI bestimmte Dinge übernehmen. Mir würde im Marketing nichts einfallen, was sie nicht mittelfristig oder langfristig übernehmen kann. Wenn man zum Beispiel Kreativität bei Sujets hernimmt: Wenn viele Entwürfe nur mittelmäßig sind, dann kann es die KI wahrscheinlich besser und sie kann es für jede Person einzeln machen. Diese Skalierbarkeit ist einfach der riesige Punkt.
Welche ersten Schritte empfiehlst du Unternehmen, die mit Marketing Automation starten wollen?
Vaclav: Zuerst, zu überlegen, was sie damit tun wollen und ganz ergebnisoffen rangehen. Viele führen Marketing Automation ein, weil man das jetzt so macht. Man sollte sich überlegen, was man machen möchte. Wenn man das nicht weiß, sollte man sich die Kompetenz ins Haus holen. Dann sollte man die wichtigsten Use Cases möglichst detailliert herunterbrechen: Wie soll meine Leadgenerierung aussehen, mein Leadmanagement, mein Re-Engagement. Erst dann kann man sich die Tools anschauen und sehen, was man davon gerne hätte. In der Praxis kauft man sich ein Tool und überlegt erst nachher, was man damit machen möchte. Manchmal passt es dann, aber nicht immer.
Internet World Austria berichtete in Zusammenarbeit mit dem Studiengang Marketing und Kommunikation der FH St. Pölten von der DMEXCO. Dieses Interview wurde im Zuge der Kooperation von Elena Kinbacher und Katharina Seiler geführt












