In Bayern södert es kräftig, bei uns bablert es nicht einmal

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Albert Sachs
Der Vergleich der Münchener mit den Österreichischen Medientagen macht sicher: Medien spielen in Österreich nicht wirklich eine große Rolle. Die Medienpolitik noch weniger.

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Markus Söder lässt sich eine solche Bühne nicht entgehen. Der bayerische Ministerpräsident saß zum Auftakt der Münchener Medientage (22. bis 24. Oktober), flankiert von Medienstaatsminister Wolfgang Weimer, nicht nur in der ersten Reihe, selbstredend enterten sowohl Söder als auch Weimer die Bühne im Haus der Kommunikation, um jeweils mit einer kurzen Rede das „Oktoberfest der Medien“ (Zitat Festredner Oliver Kalkofe) zu eröffnen. Söder, nicht nur studierter Jurist, sondern auch gelernter Journalist, weiß, was er an den Medien in seinem Freistaat – vom Bayerischen Rundfunk bis zur ProSiebenSat.1‑Gruppe, von der Süddeutschen Zeitung bis zur Ippen-Gruppe, von der Bavaria Filmstadt bis zur Tele München-Gruppe, von den diversen Agenturen bis zum KI-Thinktank – hat.

Und in Österreich, in Wien? Weder ein Bundeskanzler noch ein Medienminister in der ersten Reihe oder auf der Eröffnungsbühne. Auch kein Klubobmann oder eine Parteichefin. Es war dann Medienmanager Hans Mahr, der als Moderator in seinem Panel am fortgeschrittenen Vormittag des Eröffnungstages leidvoll mahnt, man müsse langsam auch einmal zu den Medien kommen.

Die Medien haben in Wien einen schweren Stand, in Österreich nicht mehr wirklich eine schlagkräftige Lobby. Medienminister und Vize-Kanzler Andreas Babler hat sich – oder wurde vom Veranstalter der heimischen Medientage – am Nachmittag des zweiten Konferenztages versteckt. Möglicherweise gehörte es zur Strategie der Organisatoren der Medientage in Wien, das Panel „Medienpolitik auf dem Prüfstand“ als allerletztes und damit am Ende der Aufmerksamkeitsspanne anzusiedeln. Medienpolitik, abseits von Einflussspähren im ORF, führt in Österreich ein Schattendasein.

Es war Brigitte Bierlein, die 2020 verstorbene und äußerst populäre Bundeskanzlerin einer Expertenregierung, die 2019 als bisher letzte Regierungschefin oder ‑chef die Österreichischen Medientage eröffnet. Danach sprang viermal in Serien die damalige Verfassungs- und EU-Ministerin Karoline Edtstadler ein. Warum eigentlich? Von Medienpolitikern und ‑politik auf der Bühne der Medientage seit langen Jahren kaum eine Spur. Seit dem vergangenen Jahr – gut, 2024 befand sich der Nationalratswahlkampf gerade in der Endphase – fehlt die politische Spitze bei der Eröffnung des noch immer wichtigen Medienkongresses völlig.

Man weiß nicht so recht, ob die österreichische Medienpolitik mehr von Ahnungs- oder doch mehr von Interessenlosigkeit geprägt ist. Während sich Minister.Innen und andere (Medien-)politiker:innen hierzulande bei geselligen Medienveranstaltungen – vom Heurigen des Verlegerverbandes VÖZ über den „Bierigen“ der APA (Austria Presseagentur) bis zum vorabendlichen Pre-Opening der Medientage die Klinke in die Hand geben, glänzen sie bei den wichtigsten Medien- und Kommunikations-Veranstaltungen des Landes. Das in einer medienpolitisch durchaus hochbrisanten Zeit, die geprägt ist vom Vormarsch der Techgiganten, dem sintflutartigen Abfließen von österreichischen Werbegeldern zu BigTech, dem dringenden Bedarf eines neuen ORF-Gesetzes, dem massenhaften Stellenabbau in der Branche und der orientierungslosen Suche vieler Medien nach einer dauerhaft tragfähigen Zukunftsstrategie. In einer solchen Phase meldet sich Österreichs Medienpolitik weitgehend ab.

Zurück nach Bayern und den Münchener Medientagen. Auch dort ist nicht alles Eitelwonnesonnenschein. Medienstaatsminister Weimer richtet in seiner Eröffnungsrede „drei Grüße“ und damit auch Wünsche an einflussreiche Medienpersönlichkeiten in aller Welt. Den ersten dieser Grüße sandte Weimer, im Zivilberuf vor seinem Ministeramt Cicero-Gründer und Verleger in der eigenen Mediengruppe, aus aktuellem Anlass – Übernahme der ProSiebenSat.1‑Gruppe durch die italienische MFE-Gruppe – „über die Alpen an Silvio Berlusconi“. Der italienische Ex-Ministerpräsident und Medienmogul ist allerdings im Juni 2023 verstorben. Wenn nicht medienhistorisches Unwissen, dann zumindest etwas pietätlos.

Aber bleiben wir mit der Kritik an den Medienpolitiker:innen und der Medienpolitik im eigenen Land. In Österreich gibt es auf diesem Feld genügend Baustellen.

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