Digitale Grabräuber spammen uns mit der KI zu

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Albert Sachs
Über die diversen digitalen Kanäle erreichen uns immer mehr unerwünschte, aber umso sensationellere Botschaften. Dahinter steckt vielfach KI. Die Künstliche Intelligenz ist gerade dabei, das Internet zu ruinieren. Bei Social Media hat sie es beinahe geschafft.

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Todesmeldungen sind äußerst beliebt. Vor allem die diversen Social Media-Kanäle werden gerade damit geflutet. Vorwiegend bekannten Schauspielern und berühmten Sportlerinnen, aber auch Tante Frieda und Onkel Herbert gelten diese Online-Nachrufe. Ihr Inhalt ist beliebig, vielfach falsch, Tränen treibend, oft so formuliert, dass er sich zeitlich nicht genau einordnen lässt, mit viel Trauer- und Beileidsbekundungen versehen. Vor allem aber sind diese Todesnachrichten und Nachrufe pietätlos, für die Hinterbliebenen und Trauernden schmerzvoll, mitunter sogar traumatisierend.

Hinter der Flut an Sterbe- und Todesmeldungen stehen ebenso scham- wie ehrlose Online-Piraten, die mit Hilfe von KI-Bots massenhaft ähnlich lautende Postings generieren und damit das Internet überschwemmen. Diese digitalen Leichenfledderer lassen von Bots systematisch Todesanzeigen, Nachrufe, Blogs, Postings und auch simple Quellen wie Wikipedia zu verstorbenen Personen und Persönlichkeiten auswerten und Daten stehlen. Daraus generieren sie neue Meldungen, die „Informationen“ mit mehr oder weniger Wahrheitsgehalt bieten. Mitunter sind diese Meldungen auch gezielt so formuliert, dass sie zwar ein neues Ereignis suggerieren, sich letztendlich aber zeitlich nicht wirklich exakt einordnen lassen. Todesmeldungen zu bekannten Menschen, deren Tod bereits mehrere Jahre zurückliegt zum Beispiel.

Sogar derart gefakte Nachruf-Videos auf Youtube und die ersten Spam-Websites kursieren bereits. Der digitale Grabraub kennt kaum noch Grenzen.

Die KI spammt uns aber nicht nur mit vermeintlichen Todesmeldungen zu. Beliebt sind auch alle möglichen Umfragen. Meist ebenso sinn- wie gehaltlos. Ergebnisse dazu werden natürlich nie veröffentlicht, gibt es ebenso wenig wie irgendwelche Arbeitsthesen. Wozu auch? Beliebt sind auch saisonale Themen, aktuell beispielsweise Bayern- und Oktoberfest-Witze. Ganz zu schweigen von den vielen Fake-Profilen, die uns entgegenlächeln. Den unglaublichen Billig- und Abverkaufsangeboten. Auch die Websites und Social Media-Angebote von etablierten Medien werden von der KI immer öfter kopiert und mit gefälschten Nachrichten angereichert.

Manche KI-Klickfarmen tauschen in ihren Meldungen mitunter nur die Namen, vereinzelt auch das Geschlecht aus, ohne am Inhalt ihrer „News” etwas zu ändern.  Zu bestimmten Tageszeiten überschwemmen dann die mit KI-basierten Bots und Bildgeneratoren erstellen synthetischen Nachrichten die Social Media-Kanäle, blockieren sie regelrecht. Das Spektrum reicht mittlerweile von Facebook über Pinterest bis Tiktok. Und nicht einmal das vermeintlich saubere LinkedIn ist davor gefeit. Auch dort finden sich die ersten KI-Infohappen.

Dazu gesellen sich in unendlicher Vielfalt fantastische Sensationsbilder und herzzerreißende Tiergeschichten. Zu den bekanntesten zählen beispielsweise der „Krabbenjesus“, die scheinbar von unzähligen Schalentieren überzogene und der in der Bucht von San Fruttuoso bei Portofino auf den Meeresgrund versenkten Christusfigur nachempfundenem Statue. Oder die Affenmutter, die angeblich artenübergreifend und von grenzenloser Fürsorglichkeit durchströmt, ihren Affenkindern nicht unähnliche, streunende Katzenbabys adoptiert hat. Pure Sensationshascherei. Dazu angetan, möglichst oft geklickt, geliked und geteilt zu werden.

Die KI-Spams bedrohen das Internet. Dazu muss man nicht einmal den Verschwörungsmythos von der „Dead Internet Theorie“ bemühen. Den Social Media-Kanälen fügen sie enormen Image- und andere Schäden zu. Wenn die KI-Spams auch nicht den bereits heraufbeschworenen Tod des Internets einläuten, die KI hat das Internet bereits massiv verändert. Und die KI-Spams sind zumindest lästig. Boring. Nervig. Langweilig.

Längst existiert auch einen Fachbegriff für die billig produzierten und vervielfältigten, KI-basierten Inhalte: „AI Slop“. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass es zwar immer einfacher wird, auf der Angebotsseite mit der Spams, Slops, Phishing-Wellen und ähnliches zu agieren, doch auf der anderen Seite die Abwehrmaßnahmen der Channel-Betreiber kaum ein Rezept finden, um diese Flut einzudämmen. Geschweige denn, zu verhindern.

Ganz im Gegenteil. Es drängt sich der Eindruck auf, den Social Media- und Digitalgiganten ist es vielfach egal, was da durch ihre Kanäle gespült wird. 

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