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Christoph Brenner, Geschäftsführer von Domicom: „Ich sehe eine Renaissance des Dialogmarketings.“

Christoph Brenner, Domicom: „Kampagnen bekommen wieder mehr Substanz und Tiefe.“

Christoph Brenner, Geschäftsführer von Domicom, berichtet über datengetriebenes Marketing, den gezielten Einsatz von KI und erklärt warum nicht die Technologie, sondern die Bereitschaft der Unternehmen den Unterschied macht.

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Was war in den letzten Monaten für dich persönlich das Highlight deiner Arbeit? 

Christoph Brenner: Wir beschäftigen uns aktuell sehr intensiv damit, wie wir künftig Zielgruppen und NutzerInnen noch gezielter erreichen können, also mit Rückkopplungskanal, um wirklich zu wissen, dass wir die Menschen ansprechen, die wir erreichen wollen. In den letzten Monaten haben wir mit einigen Datenpartnern sehr gute Lösungen entwickelt, mit denen wir Zielgruppen in Kleinstsegmenten wieder adressierbar machen können und das auf Basis von First-Party-Data. Zu sehen, dass diese Kampagnen immer mehr werden, besser funktionieren und sich im direkten Vergleich mit Standardkampagnen durchsetzen, ist jedes Mal ein Highlight. 

Was beschäftigt deine KundInnen derzeit am meisten?

Brenner: Im Endeffekt beschäftigt die Kunden sehr stark die Frage: Wie kann ich meine Performance behalten? Welche Wege führen dazu, Performance langfristig zu sichern? Es gibt derzeit viele Ansätze, von exorbitanter Kreativität über Sonderwerbeformen, hohen Werbedruck oder Viralität bis hin zu Datensegmentierung. Das Thema Dialogmarketing ist dabei wieder sehr groß geworden, weil man sich einfach wieder mehr Mühe im Kundendialog gibt – beziehungsweise auch geben muss – und das merkt man in den Unternehmen deutlich. Früher war eine Kampagne oftmals abgeschlossen, sobald ein kurzfristiges Ziel erreicht war. Heute fragt man sich: Wie kann ich KundInnen zusätzlich ins CRM bringen und mit ihnen in Kommunikation bleiben? Kampagnen sind dadurch nicht mehr so schnelllebig wie früher, sie bekommen wieder mehr Substanz und Tiefe. Genau das beschäftigt die Unternehmen derzeit, auch vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Situation: Wie kann ich aus meinen Werbeaktivitäten das Maximum herausholen? 

Ende 2023 hast du in einem Interview gesagt, dass KI noch nicht reif genug sei, um sie wirklich in Unternehmen zu integrieren. Siehst du das heute immer noch so? 

Brenner: Damals habe ich gesagt, KI sei noch nicht reif genug, um komplexe Aufgaben im Unternehmen zu übernehmen. Für einfache Aufgaben konnte man sie schon einsetzen und das gilt meiner Meinung nach auch heute noch. Natürlich hat sich KI seitdem massiv weiterentwickelt, sie ist qualitativ deutlich besser geworden und kann heute viel mehr als noch vor zwei Jahren. Ob sie also reif genug wäre? Wahrscheinlich ja. Aber die eigentliche Frage ist gar nicht mehr, ob KI reif genug ist, sondern ob die Unternehmen bereit sind, sie zu integrieren. Laut aktuellem Stand nutzen sechs von zehn Unternehmen KI überhaupt nicht. 2023 war ein riesiger Hype, jetzt geht man das Thema strukturierter an und überlegt, wofür KI wirklich sinnvoll einsetzbar ist. Ganz würde ich meinen Satz von damals also nicht mehr unterschreiben, aber die fehlende Bereitschaft, KI wirklich ins Unternehmen zu bringen, ist nach wie vor der entscheidende Punkt. 

Wie sieht es speziell im Bereich AdFraud Detection aus – spielt KI hier bereits eine Rolle? 

Brenner: Ja, tatsächlich schon länger. Wir arbeiten mit einem Anbieter zusammen, um unsere Kampagnen auf höchstem Qualitätsniveau auszuspielen – und da passiert im KI-Bereich bereits sehr viel. Gerade beim Thema Ad-Fraud gibt es zwei Bereiche: den General Invalid Traffic, also klar erkennbare Bots, etwa wenn sich eine Maus völlig linear über den Bildschirm bewegt, und den Sophisticated Invalid Traffic. Dort ist es mittlerweile ein richtiges Katz-und-Maus-Spiel zwischen KIs: Eine KI versucht, betrügerischen Traffic zu erkennen, während die andere lernt, menschliches Verhalten immer besser zu imitieren.

Welche aktuellen Entwicklung im Marketing begeistern dich besonders? 

Brenner: Besonders freut mich, dass die Marketingwelt immer fragmentierter wird. Es gibt viele Spezialbereiche, die neue Technologien wie KI in CRM, Reporting oder Datenanalyse nutzen, um Marken besser mit ihren Zielgruppen zu verbinden. Zudem wird die Ansprache an Kunden immer spezifischer. Ich sehe eine Renaissance des Dialogmarketings: Durch Marketing Automation gewinnt die Beziehungsebene zwischen Marken und Kunden wieder an Bedeutung. Marken müssen echte Beziehungen fördern und nicht nur Kunden als Absatzzahlen sehen. 

Internet World Austria berichtete in Zusammenarbeit mit dem Studiengang Marketing und Kommunikation der FH St. Pölten. Dieses Interview wurde im Zuge der Kooperation von Johanna Binder geführt.

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