Die OMR 2023 ist Geschichte. Die 70.000 Teilnehmer, die das Hamburger Messegelände für zwei Tage lang in einen Ameisenhaufen verwandelten, sind wieder dort, wo sie hingehören, nämlich zu Hause. „Das Festival für das Digitale Universum”, wie sich die OMR in aller Bescheidenheit selbst bezeichnet, präsentierte heuer 800 SpeakerInnen auf sieben Bühnen und bot parallel 240 Masterclasses und 100 Side Events. Serena Williams war ebenso mit von der Partie wie Boris Becker, und Macklemore, K.I.Z und Fettes Brot rockten die Bühnen. Die Teilnehmer waren – wenn man den hundertausenden Posts, Tweets und Videos auf den sozialen Plattformen Glauben schenken darf – fast restlos begeistert. Und das ist gut so.
Ja, die OMR ist Spektakel. Die OMR ist ein Klassentreffen für Digitale Werber und Marketer. Die OMR ist in diesem Moment „The Place to be” – und zwar worldwide. Ist die OMR der seriöseste Ort der Wissensvermittlung? Nein, aber die OMR erzeugt Stimmungen, transportiert Emotionen und weiss zu begeistern. Und Emotionen sind oft viel wichtiger als Fakten, um Interesse an einem Thema zu entfachen. Auch wenn sich der eine oder andere über die schiere Größe des Events und die damit einhergehenden Nebenerscheinungen wie verrückte Preisgebarungen bei Hotels und Verpflegung mokiert, und auch wenn einige den tatsächlichen Erkenntnisgewinn des Giga-Events in der Hansestadt in Frage stellen.
Die OMR ist für Marketing und Werbung im Moment so etwas wie die gerade heiß disktutierten „immersiven Kunstausstellungen”, von denen eingefleischte Kunst- und Kulturfans eigentlich nicht wollen, dass sie Kunstausstellungen genannt werden dürfen. Auch die Multimediainstallationen, die riesige Säle in die Farben des jeweiligen Künstlers hüllen, von Stadt zu Stadt tingeln und dem staunenden Volk Malergrößen wie Gustav Klimt, Frida Kahlo und Claude Monet näherbringen, sind in erster Linie Spektakel. Aber sie bewirken in der Breite der Bevölkerung mehr als 50 von kunstsinnigen Kuratoren in akribischer Kleinarbeit und über fünf Jahre zusammengestellte Spezialausstellungen. Eh klar, beides hat seine Berechtigung, und beides braucht es. Und auch wenn manche Museumsdirektoren die Nase rümpfen und den Kopf schütteln: Die immersiven Ausstellungen bringen auch den klassischen Museen neue Zielgruppen. Von den Abertausenden, die die immersiven Schauen stürmen, lassen sich ein paar Besucher insofern inspirieren, dass sie sich fortan auch für die herkömmliche Kunstrezeption im Museen, Galerien und Büchern interessieren.
Fazit: Das Gute an der OMR ist ja auch, dass man nicht hinfahren muss, wenn man daran zweifelt, dass sie einem etwas bringt.