Warum hat Österreich noch kein Media Lab?

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Albert Sachs
Ein Media Lab zu gründen, kann doch nicht so schwer sein. Ein Blick über die Grenzen genügt.

Im Medienalbanien schweifte der sehnsuchtsvolle Blick von an Medien interessierten Menschen in Österreich einst gerne nach Bayern. Während in der Alpenrepublik die Medienpolitik noch im finstersten Tiefschlaf den Aufbruch in eine neue Ära verschnarchte, existierte bei den Bajuwaren bereits etwas, das sich BML titulierte: Bayerische Landeszentrale für neue Medien.

Exkurs für die Jüngeren unter uns: Als „Medienalbanien“ musste sich Österreich lange verspotten, vielleicht sogar beschimpfen lassen, als in den 1990er-Jahren und erst recht ab den 2000ern überall in Europa die staatlichen Medienmonopole stürzten und der österreichische Beitrag dazu lange im Verhindern, Blockieren und Abwürgen bestand.

Doch zurück zu den Bayern und ihrer BML. Das „neue Medien“ stand damals noch in erster Linie Privatradio und ‑fernsehen. Aber immerhin. Die stockkonservativen Bayern hatten den Pulsschlag der Zeit erkannt und begannen, sich um die zart aufblühende neue Medienlandschaft zu kümmern. Zwar entstanden auch in allen anderen deutschen Bundesländern derartige Landesmedienanstalten, aber die Bayern zählten mit zu den Taktgebern. Inhaltlich und thematisch hüpften sie ihren Kollegen in den anderen Bundesländern meistens vor, in welche Richtung der mediale Zug unter Volldampf gerade abzufahren begann.

Wer´s nicht glaubt, möge sich die Standorte und Geschichte von großen deutschen Privatsendern ansehen oder die Protokolle der österreichischen Medientage aus jener Zeit nachlesen. Vertreter der BML waren auf deren Podien nicht selten zu Gast.

Seither sind 20, 30 Jahre ins Land gezogen und wieder ist die gesamteuropäische, ja sogar die globale und damit unvermeidlich auch die österreichische Medienlandschaft im Umbruch. In einer dramatischen und so nachhaltig wirksamen Art und Weise wie es bisher vielleicht nur die Erfindung des Buchdrucks war.

In Österreich werden dazu Reden geschwungen, Konzepte entwickelt, Papiere formuliert, Schlagzeilen produziert. Und sich kräftig auf die Brust getrommelt. Auch, wenn die Suppe meist dünn wirkt. Das ist sie ja auch.

Wieder würde ein Blick über die Grenzen nach Bayern lohnen. Dort gibt es, mit Standort in München, das Media.lab Bayern. Hinter diesem Namen verbirgt sich ein Open Space, der von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien betrieben und gefördert wird. Neben vielen anderen Förderern und Unterstützern steht auch die Bayerische Staatskanzlei. Die ist nicht nur Sitz des bayerischen Ministerpräsidenten, sondern auch oberste Landesbehörde des Freistaates.

Aus der Ferne betrachtet, wirkt das, was in diesem Media.lab passiert ziemlich fundiert und sinnvoll. Im Mittelpunkt stehen digitale Medien, aktuelle gesellschaftliche und mediale Trends, Medienkonzepte für die Zukunft usw. usf. Das inhaltliche Spektrum reicht vom Journalismus über Medientechnik und ‑produktion bis hin zum Design.

Natürlich werden auch vom Media.lab Konzepte entwickelt, Papiere formuliert und Schlagzeilen produziert. Aber es wird sich wesentlich weniger oft und wesentlich weniger laut auf die Brust getrommelt und über die Inhalte dampfgeplaudert.

Fast 40 Jahre nach Gründung der BML darf also wieder über die Landesgrenze geblinzelt werden, um sich ein bisschen über Aktivitäten rund um die ganz neuen Medien zu informieren. Mit ein bisschen Neid. Vor allem aber mit ganz viel Mut und Tatendrang zum Nachahmen.

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