Frau Zischka, wie wird Retail Media genau bei Rewe eingesetzt?
Viktoria Zischka: Wir haben eine große Variation an Werbeformen und Werbeplätzen. Retail Media bedeutet ja nichts anderes, als dass man vor allem am Point of Sale Formate hat – digital oder stationär. Wir haben unser Magazin, das größte Monatsmagazin Österreichs. Wir haben einen Radio-Sender, jö.live. Wir haben Screens, diese sind einerseits an der Feinkost, andererseits im Markt verteilt. Genauso wie den Onlineshop, Flugblätter und heuer kommen auch 200 Stelen dazu. Das sind riesengroße 65 Zoll Screens, die im Eingangsbereich platziert werden.
Welche Ziele verfolgt Retail Media Ihrer Meinung nach?
Zischka: Den Konsumenten dort zu erreichen, wo er gerade eine Kaufentscheidung trifft. Ich gehe in einen Webshop oder in einen physischen Shop und bin in Kauflaune – Ich will etwas kaufen. Und genau da kann man sich auf diese Intention setzen und sagen, “Hey, du bist schon in Kauflaune, möchtest du nicht noch was Anderes kaufen?”. Also im Digitalen natürlich mit “Haben Sie nicht noch was vergessen?” oder “Schau mal, da ist der neueste Sneaker!”. Da ist der Einsatz von KI und Algorithmen, die hochrechnen, was du am wahrscheinlichsten jetzt tun wirst, perfekt.
Wie sollte man Retail Media betreiben? Genauer gesagt, welche Vorteile hat es für Unternehmen?
Zischka: Ich bin schon dort, wo der Konsument die Entscheidung trifft, dass er etwas kaufen möchte. Wenn ich jetzt die Straße entlanggehe, kann ich das Interesse fördern, aber ich kann nicht direkt kaufen. Auch im TV oder Hörfunk sprechen wir von einem klassischen Bruch, denn ich bekomme das Produkt nicht direkt. Das Interesse wird zwar geweckt, aber ich kann es nicht kaufen. Ich muss in einen anderen Kanal hinein, daher ist alles digital geworden. Bei gelisteten Produkten in Retail Media kann ich es direkt kaufen – vor Ort – im Webshop oder am POS.
Wie beeinflusst Retail Media das Einkaufserlebnis für Kunden?
Zischka: Wir sind sehr bedacht darauf, dass es vor allem an der User Journey entlang eine Story gibt. Kunden, die das anwenden, werden die Konsumenten relevanter ansprechen. Wenn man in naher Zukunft in einen Billa oder Billa Plus eintritt, begrüßt dich ein riesengroßer Screen. Ich gehe in den Markt und höre im jö.live Radio die Marken. An der Feinkost habe ich wieder einen Screen, der mich daran erinnert, dass ich noch Produkt X kaufen soll. An der Kassa werde ich nach der JÖ Karte gefragt und kann unser Magazin “Frisch gekocht” mitnehmen. Damit habe ich auch etwas Haptisches in der Hand. Wir haben in den Märkten dann auch Samplings oder Verkaufsstände, wo die Marken authentisch auftreten können und auch das Erlebnis ihrer Marke weitergeben können. Genau dasselbe passiert auch im Onlineshop. Das heißt, wir begleiten den Konsumenten, egal wo er sich gerade befindet und in welchem Umfeld er sich bewegt.
Welche Rolle spielt Kreativität bei der Gestaltung von Retail Media Kampagnen?
Zischka: Eine Große. Ich kann natürlich die TV-Kampagne in meine Onlinekampagne 1 zu 1 übernehmen, das ist überhaupt kein Thema. Aber die Wirkung wird eine andere sein. Das heißt, die Aufmerksamkeitsdauer von einer Stele, beziehungsweise generell von OOH Sujets, ist bei ca. 3 Sekunden. In diesen 3 Sekunden muss ich die Botschaft und die Aufforderung rübergebracht haben. Das heißt, wenn man hier kreativ ist, bleibt die Kampagne im Gedächtnis und da sehen wir dann auch einen höheren Wert beim Recall.
Welche Herausforderungen und Risiken sind mit Retail Media verbunden, insbesondere im Hinblick auf Markenimage und Kundenbeziehungen?
Zischka: Die Kampagne kann auch, wie vorher angesprochen, nicht überzeugend sein. Das heißt, wenn ich falsche Messages auf meinen Plakaten, auf meinen Screens oder im Magazin platziere, das macht keinen Sinn. Neue Kanäle zu probieren, das ist Trial and Error. Der Retail-Bereich ist noch jung, auch wir lernen mit den Marken mit. Manche Produkte sind vor allem regional stärker oder schwächer. Mit Daten habe ich die Möglichkeit, meine Blind Spots zu entdecken und genau dort in Awareness investieren, wo ich es brauche. Das Risiko ist, dass ich Budget investiere und der ROAS nicht positiv ist. Dann muss man mithilfe der Daten herausfinden, woran es liegt. Mithilfe guter KPIs kann ich das natürlich gut nachvollziehen. Dementsprechend sollte man einen Plan entwickeln und sich viel mit Experten austauschen, die Media und Marke zusammenbringen können.
Und welche Trends und Entwicklungen sind derzeit im Bereich Retail Media zu beobachten?
Zischka: Definitiv Personalisierung – Das heißt, ich muss mein Produkt nicht national ausspielen, sondern man kann auch regional gut targeten. Die deutschen Rewe-Kollegen probieren gerade programmatische Buchungen aus, also das automatisierte Einkaufen und dann beispielsweise auch das Ausspielen auf Uhrzeit, Wetter und Zielgruppen. Das heißt, wenn es gerade in der Region regnet, dann mit meiner Botschaft rausgehen: “Hey, es regnet, es ist kalt hier, nimm dir den neuen Tee von Marke X mit!”. Es geht darum, dass wir mit Big Data und Verhaltens-Strukturen herausfinden, was die Kunden wollen und wann. Personalisierung ist ein Megatrend, nicht nur im Retail. Dementsprechend ist das auch die größte Chance, aber auch Risiko aufgrund der Daten und der DSGVO, in den Bereich vorzudringen. Gute Daten bringen gute Ergebnisse, daher muss man sie immer challengen und überprüfen.
Internet World Austria berichtet in Zusammenarbeit mit dem Studiengang Marketing und Kommunikation der FH St. Pölten. Dieser Artikel wurde von Louisa Hager und Lana Steininger verfasst.