Tristian und das Comeback des klassischen Fernsehens

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Maximilian Mondel
Außer vielleicht bei den ganz großen Sportevents wird es in der Zukunft selten so sein, dass eine ganze Nation vor dem Fernseher sitzt oder zumindest dessen Inhalten auf Smartphone, Laptop oder Tablet konsumiert.

„Das lineare Fernsehen könnte sich zum gesellschaftlichen Lagerfeuer zurückentwickeln, das wir dringend in Zeiten der Entfremdung brauchen.” So schreibt es Tristan Horx in einem Kommentar auf Horizont.net. Der Text basiert auf einem Vortrag, den der Spross des Trendforscher-Altmeisters Matthias Horx jüngst bei den Screenforce Days gehalten halt. Honi soit qui mal y pense. Ein Schelm, der Böses dabei denkt, wenn ein Trendforscher zur „Initiative der TV-Vermarkter in Deutschland, Österreich und der Schweiz” – denn das sind die Screenforce Days – eingeladen wird und dann die Renaissance des linearen Fernsehens proklamiert.

Klar kann der gute Tristian beim offiziellen Hochamt der TV-Vermarkter schlecht das klassische TV verbal zu Grabe tragen, aber dann gleich das Comeback des Fernsehens als gesellschaftliches Lagerfeuer auszurufen, ist dann wohl doch etwas dick aufgetragen. Denn die Zeiten, da veritable Straßenfeger dafür sorgten, dass sich alle vor dem Fernsehen versammelten, sind Geschichte. Außer vielleicht bei den ganz großen Sportevents wird es in der Zukunft selten so sein, dass eine ganze Nation vor dem Fernseher sitzt oder zumindest dessen Inhalten auf Smartphone, Laptop oder Tablet konsumiert.

Those times are over, möchte man Tristan Horx zurufen, dessen Vater einst gemeint hatte, dass das Internet nicht das Zeug zum Massenmedium habe. Die Chance, dass das Fernsehen, wieder zum alles beherrschenden Massenmedium wird, ist wohl überschaubar. Zu fragmentiert sind die Bedürfnisse, zu fragmentiert sind die Möglichkeiten, zu fragmentiert sind die Angebote. Und nur weil man am Montag mit den Arbeitskollegen über den „Tatort” vom Sonntag plaudern will, werden gerade von den Jüngeren nur die Wenigsten genau um 20:15 Uhr die Flimmerkiste aufdrehen. „Gemeinsam eine neue Folge einer Serie anzusehen und sich darauf zu freuen, sind Kultur- und Konsumformen, die einen gesellschaftlichen Mehrwert bieten”, findet Horx. Das mag für so manche Zeitgenossen gelten. Den meisten anderen ist es herzlich wurscht. Das lineare Fernsehen ist eine tolle Errungenschaft, die kaum jemand missen will (eventuell noch die Jüngeren und Jungen). Als kollektives Lagerfeuer hat es allerdings ausgedient. Für immer.

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