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Thomas Urban: „Bedarf an holistischeren Betrachtung digitaler Geschäftsmodelle.“

Thomas Urban ist Managing Director bei traffic3, einer SEO-Agentur und nebenbei auch als Lektor für Suchmaschinenmarketing und Datenanalyse & Conversion an der FH St. Pölten tätig.

2020 wird als jenes Jahr in die Geschichte eingehen, in dem die Digitalisierung in Unternehmen und Institutionen aufgrund der Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Restriktionen grosso modo einen großen Sprung gemacht hat. Beobachten Sie auch bei Ihren Kunden, dass die vielbeschworene Digitale Transformation durch die Pandemie beschleunigt wurde?

Thomas Urban: Absolut, der starke Transformationsschub zieht sich fast über alle Bereiche durch. Am spannendsten finde ich aber vor allem, dass einige unserer Kunden nun die Website endgültig als den zentralen Vertriebskanal erkannt und ausgerufen haben, und dort massiv in das Kundenerlebnis investiert wird. Das beginnt bei der technischen Plattform (z.B. Pagespeed), geht über das Angebot (Vollsortiment digital abbilden und gut strukturieren) und endet bei neuen digitalen Kommunikationsangeboten im Vertrieb.

Welche Teildisziplinen im Digital Marketing (SEO, Performance, Social, Display, Video, Programmatic, …) haben 2020 aus Ihrer Sicht exponentiell zugelegt oder sind wichtiger geworden und welchen Teildisziplinen haben an Relevanz eingebüßt?

Urban: Von den hier genannten Disziplinen haben alle zugelegt, wobei sich professionelle SEO gefühlt mehr aus dem digitalen Marketing in Richtung IT, UX und Vertrieb bewegt. In den digitalen Marketingdisziplinen hat sich der Vormarsch der „Big 4” (Google, Facebook, Amazon und Apple) weiter beschleunigt, was auch deren aktuelle Überperformance in S&P 500 eindrucksvoll belegt. Für lokale KMU muss das aber nicht unbedingt eine positive Nachricht sein, denn in den auktionsbasierten Werbe-Plattformen wie Google oder Facebook, führt mehr Mitbewerb eben auch zu höheren Preisen für jeden Einzelnen, und da tun sich die großen Fische tendenziell leichter.

Welche Trends sehen Sie auf das Digital Marketing in den kommenden Monaten zukommen?

Urban: Mal abgesehen von dem Clubhouse-Hype, sehe ich den Bedarf einer holistischeren Betrachtung digitaler Geschäftsmodelle, und dem Zusammenwachsen der 4P‚s des Marketings in der strategischen und operativen Unternehmensführung.

Wo im Digital Marketing orten Sie Nachholbedarf bei Österreichs Unternehmen und Institutionen?

Urban: Wir haben das große Glück mit vielen mutigen Unternehmen zusammenarbeiten zu dürfen, und können daher selbst ständig dazulernen und an Experimenten teilnehmen. Ich denke dennoch, dass es stärker das von Clayton Christensen im „Innovator‚s Solution” beschriebene Mindset bräuchte, auch mal abseits des eigenen Öltankers oder Schiffs, Schnellbote auszusetzen, und diesen die Ressourcen zu geben, später vielleicht selbst sogar den eignen Öltanker zum kentern zu bringen. Ein größer Nachholbedarf besteht auch nach wie vor im Bereich der Aus- und Weiterbildung, und dem dadurch verbundenen War-for-Talents.

Welche heimischen Digital-Marketing-Kampagnen aus den vergangenen Monaten sind aus Ihrer Sicht Vorzeigeprojekte?

Urban: Als ehemaliges Vorstandsmitglied des interactive advertising bureau Austria (iab) hat mich die gesteigerte Qualität der Gewinner des diesmal virtuellen WebAd sehr gefreut. Aber ich sehe aktuell eher eine gesamtheitlichere Evolution der Kampagnen, und weniger ein paar Player, die für echte Revolutionen sorgen würden.

Und welche internationalen Digital-Marketing-Kampagnen sind Ihnen in den vergangenen Monaten aufgefallen?

Urban: Hier gehört die „Stevenage Challenge” von Burger King zu meinen absoluten Highlights, weil es diese Kampagne es wirklich geschafft hat sich in den kompletten Prozess der User-Journey, der als relevant definierten Zielgruppe in einer charmanten Art und Weise hineinzudenken. Aber es ist eine Kampagne, und ich denke, dass es weg von der Kampagnen-Denke zu holistischen digitalen Marketing- und Geschäftsprozessen gehen sollte.

Welchen schnell umsetzbaren Tipp in Sachen Digital Marketing haben Sie für Marketingverantwortliche in Unternehmen und Institutionen parat?

Urban: Kaufen Sie ihre eigenen Produkte oder Dienstleistungen online ein.

Dieses Interview ist Teil einer Interviewserie mit Vortragenden des berufsbegleitenden und praxisnahen Masterlehrgang Digital Marketing der Fachhochschule St. Pölten unter der Leitung von Prof. (FH) Mag. Harald Rametsteiner in Kooperation mit der Internet World Austria Redaktion.

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Elisa Krisper

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