Thomas Bernhard hat einst untertrieben

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Maximilian Mondel
Hausdurchsuchungen bei "Heute". Korruptionsvorwürfe gegen die Dichands. Die Fellners titeln in "Österreich" genüsslich mit den jüngsten Enthüllungen aus den Thomas-Schmid-Chats und werden seit Monaten mit nicht weniger schweren Vorwürfen konfrontiert.

Österreich gibt als Medienstandort aktuell ein gar trauriges Bild ab. Das war auch früher der Fall, etwa als man vor rund 25 Jahren als letztes Land Europas eine Privatradio- und Privat-TV-Szene gesetzlich ermöglichte. Doch jetzt ist es gerade besonders schlimm. Und dieser Tage werden wieder ein paar Kapitel hinzugefügt: Bei der Gratistageszeitung „Heute” gibt es Hausdurchsuchungen. Gegen die Verlegerfamilie Dichand („Kronen Zeitung”, „Heute”) gibt es Korruptionsvorwürfe. Die Fellners titeln in ihrer Gratis/Kaufzeitung „Österreich” genüsslich mit den jüngsten Enthüllungen aus den Chats des Sebastian-Kurz-Vertrauten Thomas Schmid und hauen auf die Dichands hin, obwohl sie seit Monaten mit nicht weniger schweren Vorwürfen (Stichwort Beinschab-Tool und die Veröffentlichung manipulierter Umfrageergebnisse) konfrontiert werden. 

Von außen betrachtet, gibt der Medienstandort ein verheerendes Bild ab, da nicht nur die sogenannten Krawallmedien, sondern auch der ORF (Stichwort Matthias Schrom) und „Die Presse” (Stichwort Rainer Nowak) in das türkise System rund um Ex-Kanzler Kurz verwickelt sind. So gesehen hat Thomas Bernhard, dem man einst gemeine Netzbeschmutzung vorgeworfen hat, mit seinen messerscharfen Analysen sogar noch untertrieben. Eigentlich ist alles viel schlimmer. Eigentlich sind wir Österreicher viel dreister, viel gieriger, viel machtbesessener, viel grauslicher, viel radikaler. Ja, nicht alle, aber viele und vor allem viele, die an exponierter Stelle agieren.

Auch das neue Medienpaket von Medienministerin Susanne Raab, das dieser Tage offenbart wurde, ist nicht dazu angetan, auf bessere Zeiten für den Medienstandort Österreich zu hoffen. Und die Medienförderungen in diesem Land sind ohnehin ein Trauerspiel, weil sie ein Selbstbedienungsladen für die Etablierten und Genehmen sind und die jungen, neuen, spannenden Projekte und Initiativen nicht an den Futtertrog vorgelassen werden. Fazit: Wenn man glaubt, es geht nicht mehr schlimmer – hierzulande geht’s. Weil niemand ein Interesse am Unbequemen, Unerwarteten und Augenöffnenden hat, sondern nur am Machterhalt und am Profit. Ab und zu werden dann ein paar besonders Dreiste, Grausliche, Gierige aus dem Karussell rausgeschleudert, aber wie bei der sagenumwobenen Hydra wachsen dem Ungeheuer nach jedem mal Kopfabschlagen zwei neue Köpfe nach. 

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