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© netzeffekt

Alexander Schulz

Warum wir tausend Daten sammeln, aber nur zehn brauchen

Im Gastkommentar beschreibt Alexander Schulz von der Performance-Agentur netzeffekt die größten Missverständnisse im Zusammenhang mit Dashboards, KPIs und Datenanalyse und wie es gelingt, Dashboards optimal für sich und den Kunden zu nutzen.

Heute ist jeder darauf vernarrt, Daten zu sammeln, denn Daten sind die neue Währung. Wunsch der Kunden ist oft, alle Daten in einem Dashboard unterzubringen. Das ist dann so, wie hungrig einkaufen zu gehen: man sammelt jede Menge Sachen, die man später gar nicht braucht. Was nützt es, wenn der Kühlschrank voller Lebensmittel ist, man dann aber von der Auswahlmöglichkeit überfordert ist? Ein definiertes Gericht mit einer gezielten Auswahl an Lebensmitteln spart Zeit beim Einkaufen und gekocht wird das Gericht, das vorher definiert wurde. An alle planlosen Einkäufer da draußen: Probiert das mal aus, es funktioniert wirklich! Adaptiert auf Dashboards: Ein definiertes Ziel sowie eine exakte Auswahl an Daten, mit denen der Erfolg gemessen wird, sind der Schlüssel. Wir verraten drei Hacks, wie man herausfindet, welche Daten wirklich gebraucht werden. Außerdem zeigen wir die geläufigsten Fallen auf, in die man nicht tappen sollte, wenn man einen Daten-Overload vermeiden will.

1. Bedürfnisse des Kunden herausfinden

Wie findet man heraus, was der Kunde eigentlich braucht? Man fragt ihn einfach. Am besten aber ohne direkten Bezug zu Kennzahlen, besser einfach so, als würde man über ein Thema sprechen, bei dem der Schuh drückt, oder bei dem der Kunde ein gewisses Ziel erreichen möchte und nicht weiß, wie. Ist erstmal der Wunschzustand definiert, kann man genau herausarbeiten, anhand welcher Kennzahlen man diesen messen könnte. Reden sie mit dem Kunden in seiner Sprache: nicht in KPIs, sondern in Antworten auf Fragen. Gewährt man dem Kunden die Möglichkeit, sich KPIs aus dem Gesamtkatalog auszuwählen, dann will er sehr wahrscheinlich gleich alle haben. Kostet ja nichts. Lieber man hat mal alles zusammengesammelt, bevor am Ende etwas fehlt. Der Kunde weiß in den meisten Fällen jedoch nicht, was er mit den spezifischen Kennzahlen anfangen, bzw. worauf er später mit diesen schließen könnte. Also kann er auch nicht sagen, ob er diese Zahlen wirklich für seine Fragestellungen benötigt. Aber wir können das, denn dafür sind wir da. So kann ein Datenanalyst mit ein bisschen Erfahrung schnell definieren, welche Kennzahlen er genau für die vorliegende Problemstellung benötigt. So lange die Fragen des Kunden beantwortet werden, wird er auch zufrieden sein. Oftmals liegt es an der Unsicherheit der Kunden, dass sie lieber zu viel als zu wenig betrachten möchten. Diese Unsicherheit können und müssen wir den Kunden nehmen. Hier zählt das gegenseitige Vertrauen.

2. Wer ist die Zielgruppe?

Wer beschäftigt sich später mit dem Dashboard? Es macht einen erheblichen Unterschied, ob jemand das Dashboard nutzt, der an der direkten Aussteuerung von Kampagnen beteiligt ist, oder jemand, der eigentlich nur ein ‘Big Picture’ des aktuellen Geschehens haben möchte. Das sollte auf jeden Fall mit dem Kunden geklärt sein, bevor man in die Konzeption der Datenstruktur und des Dashboards startet. In einem Management Dashboard, das einen groben Überblick geben soll, geht es meistens um eine Gegenüberstellung von Aufwänden und Erträgen. Zum Beispiel: Wieviel Geld hat die Firma in welche Kampagne investiert und wie viele Kundenabschlüsse/Käufe wurden dadurch erzielt? Welches Werbemittel oder Keyword nun pro Kampagne besser performt, ist für den Betrachter des Management Dashboards weniger relevant. Diese Detailinformationen sind aber nützlich für die Kampagnenverantwortlichen, da sie Optimierungen vornehmen und die Kampagnen steuern müssen. Ein Kampagnenverantwortlicher möchte viel mehr ins Detail gehen, um optimieren zu können und benötigt somit ein anderes Dashboard. Wenn man die Anforderungen der Stakeholder nicht beachtet, kann es passieren, dass eigentlich vermeidbare interne Diskussionen beim Kunden entstehen. Wenn das Management eine Detailaufstellung aller Kennzahlen sieht, kann es sich gegebenfalls an einzelnen Zahlen festbeißen, die auf den ersten Blick kritisch aussehen, jedoch im Gesamtzusammenhang gesehen werden müssen. Informationsüberflutung ohne das nötige Fachwissen zur Interpretation dieser Informationen führt meist zu falschen Schlüssen.

3. Limitation macht kreativ

Viele Wege führen nach Rom. Sie haben ja schon festgestellt, mit welchen Kennzahlen Sie Ihre Fragestellung tatsächlich beantworten können. Doch auch hier gibt es eine Fülle an ähnlichen KPIs, mit denen man am Ende die gleichen Aussagen treffen könnte. Sie brauchen nicht alle. Beispiel: Eine beliebte Aufstellung bei der Webseitenbetrachtung ist die Aufteilung in neue und wiederkehrende Nutzer. Die neuen Nutzer kommen zum ersten Mal auf die Webseite und die wiederkehrenden Nutzer waren bereits vor einer gewissen Zeit auf der Webseite und kehren nun zurück. Es gibt mehrere Kennzahlen die man in diesem Bezug analysieren kann: 

  • Anzahl neue Nutzer 
  • Prozentanteil an neuen Nutzern 
  • Anzahl wiederkehrende Nutzer 
  • Prozentanteil an wiederkehrenden Nutzern 
  • Prozentverhältnis zwischen neuen und wiederkehrenden Nutzern 

Braucht man jetzt alle in einem Dashboard? Nein. Man sollte sich für eine Kennzahl entscheiden, je nachdem welche Fragestellung beantwortet werden soll. Sind für die Fragestellung die neuen Nutzer besonders wichtig, wählt man den Anteil an neuen Nutzern. Sollen eher die Bestandskunden betrachtet werden, sind wiederkehrende Nutzer relevanter. Möchte man lieber das Verhältnis der beiden Nutzerkategorien untersuchen, sollte man die Ratio der beiden Werte betrachten. Es reicht in den meisten Fällen also eine Kennzahl, die eine wertvolle Aussage zur Fragestellung liefert. So eine Kennzahl nennt man auch aktionsorientiert, da die Aussage dieser Kennzahl eine Handlung/Aktion hervorruft. Sehe ich also, dass diese Zahl gestiegen oder gesunken ist, dann weiß ich sofort, worauf das zurückzuführen ist und was dementsprechend zu tun ist.

Aber wie kann man überprüfen, ob die ausgewählte Kennzahl eine aktionsorientierte Kennzahl ist? Durch das UjUjUj!-Prinzip, schön beschrieben in dem Buch „Web Analytics“ von Marco Hassler. Hier stellt man vermeintliche Schlussfolgerungen durch dreimaliges Fragen von “Und jetzt?” auf die Probe. Ein Beispiel: “Juhu, auf unserer Webseite ist im letzten Monat der Anteil an neuen Nutzern um 40 Prozent gestiegen!” 
“Und jetzt?” 
“Es waren Nutzer auf der Webseite, die uns noch nicht kannten.” 
“Und jetzt?” 
“Das könnte an der Werbekampagne zur Neukundengewinnung liegen, die letzten Monat gelaufen ist.” 
“Und jetzt?”

“Wenn sich zeigt, dass der Anteil an neuen Nutzern nach der Kampagne wieder deutlich sinkt, können wir darauf schließen, dass die Kampagne erfolgreich war und wir machen nochmal so eine Kampagne.” Sollte nach dem dritten “Und jetzt?” immer noch keine Aktion abgeleitet werden können, kann man sich die Beobachtung dieser Kennzahl sparen. Kennzahlen sollen einem einen Grund zum Optimieren geben und nicht einfach nur gut aussehen. Hat man seine Sammlung an aktionsorientierten und erfolgszentrischen Kennzahlen zusammen, steht dem Aufbau eines aussagekräftigen Dashboards nichts mehr im Wege.

Fazit

Am Ende kommt es also darauf an: Das Pferd nicht von hinten aufzuzäumen: Mit der Fragestellung anfangen, nicht mit den Kennzahlen. Zu wissen, wer es reiten soll: Anhand der Zielgruppe bzw. der Stakeholder bestimmen, welcher Detailgrad wirklich nötig ist Für jeden Reiter ein Pferd im Stall zu haben: Kennzahlen rauswerfen, die redundante Schlussfolgerungen zulassen.

Alexander Schulz, der Verfasser dieses Gastkommentars, ist Consultant Digital Analytics & BI bei netzeffekt.

Elisa Krisper

Elisa Krisper

Chris Budgen

„Chatter” von Ethan Cross

Der renommierte Psychologe Ethan Kross verschränkt für sein international vielbeachtetes Buch seine eigenen bahnbrechenden Forschungsergebnisse aus Verhaltens- und Hirnforschung mit zahlreichen Fallstudien aus der Praxis.