Es geht hier nicht um Armin Wolf. Doch, es geht um Armin Wolf. Auch. Denn ZIB2-Anchor Armin Wolf lieferte den Anlassfall für einen richtungsweisenden und höchst überfälligen Spruch des Österreichischen Presserats.
Der Online-Magazin styleupyourlife.at wurde Anfang Juli vom Senat 3 des Presserats in zwei Fällen für schuldig befunden und gerügt. Nach Ansicht des Presserats verstoßen die Beiträge „Armin Wolf nach Trennung: ‚Will nochmal was Neues machen‘“ und „Große Trauer: Armin Wolf verabschiedet sich live im ORF“ gegen die Punkte 2.1 (Gewissenhaftigkeit und Korrektheit in Recherche und Wiedergabe von Nachrichten) und 5 (Persönlichkeitsschutz) des Ehrenkodex für die österreichische Presse. Im ersten Fall kam sogar noch eine Verurteilung laut Punkt 6 (Verletzung der Intimsphäre) hinzu. Wolf hatte sich wegen der beiden Beiträge an den Presserat gewandt und kritisiert, dass die Schlagzeilen zwecks Clickbaiting bewusst irreführend formuliert worden seien. Soweit die Fakten.
Armin Wolf ist nur eines von vielen Opfern. Nicht zufällig. styleupyourlife.at nur eines von vielen Online-Medien. Zufällig wegen einer Grenzverletzung verurteilt. Nicht ganz zufällig. Eines von vielen schlechten Beispielen.
Denn tatsächlich versuchen immer mehr Digital-Medien, mit skandalheischenden Schlagzeilen Aufmerksamkeit, Klicks und damit letztendlich auch Werbegelder zu generieren. An vorderster Front mit dabei sind die Online-Versionen von mehr oder weniger erfolgreichen Printtiteln. Die Grenzen vom Journalismus hin zur verfänglichen Effekthascherei sind dabei fließend.
Im Grunde beginnt diese Praxis bei der sogenannten Suchmaschinenoptimierung, wenn Schlagzeilen nicht mehr nach journalistischen Kriterien formuliert werden, sondern rein nach Marketinggesichtspunkten. Eine nächste Stufe stellt die Abo-Masche dar. Ein deutsches Nachrichtenmagazin brachte es in dieser Disziplin zu einer frühen Meisterschaft, indem es spannende Anreißer auf Facebook stellte, denen nach dem Anklicken allerdings kein weiterer Inhalt, sondern ein Link zur Abo-Bestellung folgte.
In Zeiten, in denen immer mehr namhafte Medienmarken dazu übergehen, ihre Online-Angebot kostenpflichtig zu machen oder zumindest mit irgendeiner Form von Zugangsbeschränkung auszustatten, feiert diese Abo-Masche fröhliche Urständ. Den heißesten Schlagzeilen in den Social Media-Kanälen folgt beim Klick auf den jeweiligen Button allerdings oft nicht einmal ein lauer journalistischer Aufguss eines wikipedia-Eintrags, sondern das schnöde Abo-Offert.
Denn auch die Zusammenfassung von wikipedia-Einträgen oder die eklektische Zusammenfassung von anderen Online-Schnipseln zu Prominenten stellt mittlerweile eine beliebte Spielform des auf Clickbaiting ausgerichteten Online-Journalismus dar. Durchaus auch von führenden Medien-Häusern praktiziert.
Die Medien sehen sich dabei in einer Dreifach-Zwickmühle. Einerseits wollen sich generell im großen Info-Konzert auf den Social Media-Kanälen mitspielen. Dazu wollen und müssen sie natürlich Facebook, Google und Co. mit den eigenen Inhalten Paroli bieten. Zum anderen gilt es, Umsätze zu generieren und angesichts der schwindenden Werbeeinnahmen neue Erlösquellen zu generieren. Als einer der verführerischen Wege dazu erweist sich eben das Clickbaiting mit scheinbaren Skandalstories.
Alle Medien, die dieser Verführung erliegen, übersehen allerdings die dauerhafte Wirkung solcher Maschen. Die Userin, der Leser erkennt die Absicht und ist verstimmt. Der Klick in die inhaltliche Leere funktioniert einmal. Vielleicht ein zweites Mal. Möglicherweise sogar einige Male mehr. Doch spätestens dann haben Userinnen und Leser den Trick durchschaut, sind enttäuscht, verärgert, wenden sich ab, suchen eine neue, verlässlichere Informationsquelle.
Die aktuellen Sprüche des Österreichischen Presserats sind ein wichtiger Anfang, um oben beschriebenen Praktiken Einhalt zu gebieten. Hoffnung auf ein Änderung geben sie kaum. Denn abgesehen von der schieren Masse dieser Glücksspieler mit falschem Info-Boden gibt es wohl auch wenig Unrechtsbewusstsein bei den betroffenen Medien selbst. Ein Indiz dafür liefert der Presserat mit seinen Sprüchen zu Armin Wolf. Darin heißt es zu dem beschuldigten Online-Angebot: „Die Medieninhaberin nahm nicht am Verfahren teil.“