Frau Auer-Germann, Herr Rathmayr, wie würden Sie den 2020-Jahrgang des iab webAD im Nachhinein bewerten: Exzellent, gut, mittelmäßig oder waren Sie eventuell sogar ein wenig enttäuscht?
Sabine Auer-Germann: Die Einreichungen waren sowohl inhaltlich als auch von der Aufbereitung her exzellent. Aufgrund der angespannten budgetären Situation hätten wir nicht mit so vielen erstklassigen Kampagnen-Videos gerechnet. In der Qualität der Arbeiten erkennen wir weder in kreativer noch strategischer Hinsicht einen Unterschied zu „normalen“ Jahren. Es waren extrem spannende Kampagnen dabei. Die Pandemie scheint Digitalumsetzungen sogar positiv befeuert zu haben.
Peter Rathmayr: Ich war sehr positiv überrascht. Die strategische Bedeutung digitaler Kanäle wurde in diesem schwierigen Jahr besonders deutlich. Viel mehr Projekte als in den Vorjahren waren das Ergebnis der Schnittmenge von IT und Marketing, beispielsweise durch Datenaktivierung oder gezielter Ansprache via CRM-Systemen. Das macht digitale Kommunikation aus: sehr exakt, sehr effizient und nahe dran an den quantitativen Unternehmenszielen.
Beim iab webAD 2020 wurden insgesamt 13 Gold-Awards vergeben. Wie viele goldene Auszeichnungen hatten Sie denn im Vorfeld zu vergeben geplant?
Auer-Germann: Wir wollten heuer in allen Kategorien Gold, Silber und Bronze vergeben, um zu vermeiden, dass einzelne Kategorien „abgestraft“ werden und leer ausgehen. Es gab in allen Kategorien genügend Einreichungen, um transparent zu vergleichen und die Preisträger zu ermitteln.
Die Kampagne „Twice the Nice 2.0” von der Erste Bank, Jung von Matt/Donau und Wavemaker hat nicht nur in der Kategorie „Beste Online-to-Offline-Kampagne“ gewonnen, sondern auch in der Sonderkategorie „Best in Show“. War das mit Abstand die beste Kampagne in diesem Jahr oder gab es, Ihrer Meinung nach, auch andere Anwärter für „Best in Show”?
Auer-Germann: Es gab definitiv mehrere Kandidaten für den Platin-Award. Wir haben eine zusätzliche Juryrunde eingelegt, um alle potenziellen Platin-Preisträger ausreichend diskutieren zu können. „Twice the Nice 2.0“ hat sich durchgesetzt, weil die schwierig zu aktivierende junge Zielgruppe über mehrere Kanäle sehr erfolgreich motiviert und überzeugt wurde, offline ein Konto zu eröffnen. Die gesamte Umsetzung ist herausragend, weswegen der webAD in Platin meiner Meinung nach absolut verdient ist.
Rathmayr: „Twice the Nice 2.0“ konnte in einem sehr kompetitiven Umfeld mit vielen reinen Online-Banken zu einer Offline-Handlung überzeugen. Die Kampagne ist ein Vorbild für die Werbewirkung von Digitalmarketing, die in harten Zahlen an Kontoeröffnungen messbar ist.
Bei den meisten Awards ist die eigentliche Verleihungsveranstaltung ein zentrales Element. Und die war heuer leider nicht möglich. Hat Ihnen der iab webAD 2020 auch ohne große Verleihungsveranstaltung Spaß gemacht?
Auer-Germann: Die Juryarbeit im Vorfeld war extrem befruchtend und aufschlussreich. Die Jury war hochkarätig besetzt und die Diskussionen auf einem sehr hohen Niveau. Für die Branche ist die Auszeichnung der Arbeiten von besonderer Bedeutung. Der iab webAD ist eine Auszeichnung, die bleibt, Vorbildwirkung hat, in der Neukundengewinnung hilft und im Employer Branding einen verdienten Stellenwert hat. Das Video ist eine schöne Möglichkeit, den ausgezeichneten Arbeiten und ihren MacherInnen eine Bühne mit hoher Aufmerksamkeit zu geben. Die Produktion des Videos hat trotz der widrigen Umstände mitten im Lockdown allen Beteiligten wirklich viel Spaß und Freude gemacht. Trotzdem sehnen wir uns alle wieder nach dem großen Networking-Event für die gesamte Branche. Manche Elemente aus diesem Jahr werden wir aber vielleicht beibehalten, um das Augenmerk noch stärker auf die digitale Exzellenz der PreisträgerInnen zu lenken.
Rathmayr: Wir arbeiten alle in einem digitalen Umfeld. Deswegen ist es uns auch leichtgefallen, die Juryarbeit online zu erledigen. Ich kann der Idee durchaus etwas abgewinnen, dass der iab webAD digital noch sichtbarer wird und viele Menschen erreicht, die den Rahmen der Award Show sprengen würden. Damit kommt digitale Exzellenz noch näher an potenzielle AuftraggeberInnen. Das kann additiv eine super Möglichkeit sein, den Ausgezeichneten noch mehr Wahrnehmung zu ermöglichen. Wir alle wollen aber wieder ein Fest mit den KollegInnen feiern und persönlich gratulieren!
Hand auf’s Herz: Welche Einreichung hinterließ bei Ihnen persönlich unabhängig davon, welchen Preis die Arbeit gewonnen hat, am meisten Eindruck?
Auer-Germann: Die Einreichungen in der Kategorie „Beste Corporate-Responsibility-Kampagne“ haben sowohl durch Leidenschaft und Empathie als auch durch ihre Wirkung beeindruckt. In den Kampagnen ist viel Leidenschaft und Herzblut für wichtige Themen zu erkennen. Alle Projekte behandeln relevante Themen, was die Entscheidung besonders schwierig machte.
Gab es im Rahmen des Juryprozesses schon Erkenntnisse über mögliche neue Kategorien oder Kategorie-Umschichtungen für den iab webAD 2021?
Auer-Germann: Bei den Kategorien gibt es keinen Stillstand. Wir evaluieren sie jährlich, um dem internationalen Standard zu entsprechen. Das ist einer der Gründe für die hohe Relevanz des iab webAD.
Rathmayr: Durch neue, relevante Kategorien wie „Beste Online-to-Offline-Kampagne“ oder „Beste ROI-Performance-Kampagne“ sprechen wir vermehrt die große Gruppe der Performance-Agenturen in Österreich erfolgreich an. Wir hoffen sehr, dass sich dieser Trend nächstes Jahr in starken Einreichungen fortsetzt. Die Kategorien zeigen hervorragende Argumente für Digital Marketing. Für mich liegt der Fokus nun auf den Marketingstrategien der zahlreichen Startups in Österreich. Viele etablierte Werber könnten von Learnings aus deren Internationalisierungs- beziehungsweise Skalierungsstrategien profitieren.