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Rene Zeman, MediaCom: „Das Thema Machine Learning wird massiv zunehmen.”

Rene Zeman, seit 2017 Digital Director bei der MediaCom, spricht über neue Entwicklungen in der Werbebranche, seine Arbeitserfahrungen und wie er Berufliches von Privatem trennt.

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Vor deiner jetzigen Tätigkeit bei MediaCom, warst du auch selbstständig und hast unter anderem bei App Launches mitgewirkt. Inwiefern macht es bei der heutigen schieren Unmenge noch Sinn, neue zu kreieren – und falls ja, wie stark muss man solche pushen?

Rene Zeman: Diese Frage lässt sich auf relativ viele Digitalbereiche umlegen und die zentrale Frage dabei ist, welchen Grund gibt es diese App dreimal am Tag zu öffnen? Wenn dies nicht so ist, stelle ich mir die Frage ist das Thema so sozial relevant für die User, dass sie die App mit ein-Wochen-Abstand immer wieder gerne und selbständig öffnen würden? Wenn das gegeben ist, dann war eine App vor zehn Jahren eine gute Idee und ist sie auch heute noch.

Wie leicht ist es heutzutage KundInnen von der Notwendigkeit von digitalem Marketing zu überzeugen?

Zeman: Das ist eine Frage die, wie viele Fragen im Sozialwissenschaftlichen Kontext, sich mit „es kommt drauf an“ beantworten lässt. Es kommt erstens darauf an, mit welchen Personen man zu tun hat, zweitens, um welche Art von Unternehmen es sich handelt und drittens, auf die Dynamik des Marktes, in den das Unternehmen unterwegs ist. Dabei geht es darum, wie die Prozesse aussehen und wie man vernünftige KPIs definiert, welche auch in Einklang mit den Marketing- und Unternehmenszielen stehen sollten. Dann gibt es auch Unternehmen, für die es nicht sehr viel Sinn macht, digital zu werben, weil die Zielgruppen, mit denen sie zu tun haben, auch gut anders erreicht werden können. Man muss neben dem digitalen Aufschwung auch zur Kenntnis nehmen, dass TV kein schlechtes Werbemedium ist, ganz im Gegenteil, es funktioniert wirklich gut. Wenn ich eine breite Standard-Audience erreichen möchte, gewinn ich im Awareness Funnel mit digital nicht allzu viele. Aber je spezifischer die Zielgruppe ist und je tiefer der Funnel beim Kunden relevant ist, umso relevanter ist auch digital.

Digital Marketing ist zwar kein neu aufkommendes Gebiet, aber es entwickelt sich stetig weiter. Gibt es da eine bestimmte Richtung, die die dir auffällt in das Ganze noch verstärkt hineingeht?

Zeman: Ja, es gibt mehrere Sachen, die spannend sind. Zum einen ist das Thema „Machine Learning“, das sehr oft auch unter künstlicher Intelligenz zusammengefasst wird, etwas, das massiv zunehmen wird. Wir setzen bereits eine ganze Menge unterschiedlichster Algorithmenansätze für unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten ein. Das wird noch viel stärker zunehmen. Wir haben ein eigenes Team, das sich um das Coden kümmert, weil es einfach hochrelevant ist.

Gibt es auch andere relevante Bereiche? Social Media oder etwas anderes vielleicht?

Zeman: Social Media. Das ist ein guter Punkt und ein recht spannender Punkt, weil er nämlich ein zweischneidiges Schwert ist. Für die allermeisten Werbekunden ist ja nicht nur die Medienpräsenz relevant, also die Zielgruppen zu erreichen, sondern es sind auch andere Dinge relevant, vor allem Brand Safety. Also sicherzustellen, dass meine Werbung nicht auf Plattformen oder in Umfeldern ausgespielt wird, die meine Marke massiv belasten. Wenn also ein relativ neues Social Media Thema am Tisch liegt, zum Beispiel TikTok, muss man sehr darauf aufpassen wo man landet. Das heißt, ja natürlich, die guten schönen, tollen Seiten sieht man recht schnell, aber es können sich auch ziemliche Abgründe auftun und diese Abgründe können relativ leicht produziert werden. Unsere Aufgabe als Agentur ist es unsere KundInnen vor solchen Dingen zu schützen. Ein wichtiger Aspekt ist, dass das Herstellen der Sicherheit in einem neuen Medium seine Zeit dauert und bis es dann geschehen ist, ist es nicht mehr der letzte Schrei, sondern da ist schon wieder das Neue da. Das macht das Ganze herausfordernd, weil sich widersprechende Zielsetzungen abgewogen werden müssen, die technologische Entwicklung und die gesellschaftliche Entwicklung, die passen da nicht wirklich gut zusammen.

Der digitale Bereich verändert sich ständig, was auch bedeutet er ist ständig präsent. Wird dir das dann irgendwann zu viel? Gönnst du dir auch manchmal einen Digital Detox?

Zeman: Die Frage ist spannend, weil man eigentlich davon ausgehen müsste, dass irgendwo so ein Schutzschalter sein soll. Jetzt habe ich den riesigen Vorteil, dass ich 30 Jahre Erfahrung im Beruf habe und dadurch auch sehr gut weiß, wann es einmal zu viel wird, oder wann das Potenzial besteht, dass es zu viel wird und dann dreh ich es schlichtweg ab. Nehme ich was mit nach Hause? Gut die vergangenen eineinhalb Jahre ist zu Hause eigentlich der Ort des Arbeitens, so gesehen nicht das Thema, aber nein. Was ich gelernt habe ist, dass man sehr scharf trennen muss zwischen Beruf und Privaten. Bei uns im Unternehmen, wird darauf viel wert gelegt. Viele bei uns im Unternehmen haben zwei Handys, sowohl das Firmenhandy, als auch ein Handy für die private Nutzung. Wenn man diese Möglichkeit hat kann man es abdrehen und das mach ich auch.

Internet World Austria berichtete in Zusammenarbeit mit dem Studiengang Marketing und Kommunikation der FH St. Pölten. Dieses Interview wurde im Zuge der Kooperation von Julia Ramoser und Florian Nägerl geführt.

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