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Rasmus Giese, CEO von United Internet Media
© United Internet Media

Rasmus Giese, CEO von United Internet Media: "Bei der Optimierung von Kampagnen unterstützt KI bei der Anpassung auf Klick-Zielgruppen."

Rasmus Giese, United Internet Media: „Im Marketing wird Nachhaltigkeit zum Schlüsselfaktor für Kaufentscheidungen.”

Warum die E-Mail ein die Menschen verbindendes Tool ist und United Internet Media wirtschaftlich davon profitiert, verrät CEO Rasmus Giese im Interview mit Internet World Austria. Zudem gibt Giese Einblick, wie KI in seinem Unternehmen eingesetzt wird.

Herr Giese, wenn Sie noch einmal auf das Digital-Werbejahr 2023 zurückblicken, wie fällt aus der Sicht von United Internet Media die Bilanz aus?

Rasmus Giese: Das Jahr 2023 sehen wir insgesamt positiv. Nach den Herausforderungen und Sondereffekten durch die Pandemie haben wir erstmals wieder ein Jahr erlebt, das planbarer verlief. Allerdings belasten nach wie vor gewisse Unsicherheiten die Wirtschaft, das wirkt sich auch auf die Werbebranche aus.

Gab es gravierende Unterschiede zu 2022, in welchen Segmenten herrschte wieder wirtschaftlicher Aufwind?

Giese: Nach den Boom-Jahren während der Pandemie hat 2023 insbesondere der digitale Handel eine Wachstumspause eingelegt. Da der E‑Commerce und die Internet-Werbung besonders eng miteinander verbunden sind, haben wir diese Entwicklung auch in den Online-Budgets gesehen. Erfreulicherweise ist im Gegenzug der stationäre Handel eingesprungen. Auch die Bereiche Dienstleistungen, Finanzen und Telekommunikation haben stark zugelegt.

Wie hat sich das Werbejahr aus Ihrer Sicht insgesamt entwickelt, verlief es kontinuierlich, gab es saisonale Schwankungen oder andere Ausreißer? 

Giese: Vor Kurzem hat der Online-Vermarkterkreis in Deutschland Zahlen für das letzte Jahr veröffentlicht. Diese lassen sich auf die Entwicklung in Österreich gut übertragen. Demnach ist das erste Quartal 2023 noch mit einem leichten Minus im Vergleich zum Vorjahresquartal gestartet. Dann ging es aber stetig bergauf und im vierten Quartal verzeichnete die Branche ein ordentliches Plus. Im Vorweihnachtsgeschäft kam der Handel noch einmal richtig in Schwung. Hiervon profitieren wir als E‑Mail-Anbieter besonders, da Unternehmen extra viele Newsletter mit Angeboten verschicken und gleichzeitig viele Transaktions-Mails anfallen: Bestellbestätigungen sowie Informationen zur Paketverfolgung und Rechnungen. Gleichzeitig wird mehr kommuniziert, etwa mit dem Händler oder wenn sich die Familie und der Freundeskreis über Geschenke und Treffen über die Feiertage austauschen. Die E‑Mail verbindet.

Die Spielregeln im Online-Marketing werden sich massiv ändern.

In den vergangenen Jahren hat die Entwicklung um die Third Party Cookies die Branche beschäftigt, dieses Thema scheint nun endgültig erledigt, wie sieht die Post-Cookie-Ära aus?

Giese: Das Schwinden der Third Party Cookies wird mit dem Abschalten im Chrome-Browser seinen finalen Höhepunkt ab Ende 2024, Anfang 2025 haben. Googles Einführung der Privacy Sandbox in Chrome im Web und in Android wird den heutigen Third Party Cookie oder Mobile Ad ID basierten Tracking- und Targeting-Systemen die technische Grundlage entziehen. Die Spielregeln im Online-Marketing werden sich also massiv ändern – vor allem im programmatischen Ökosystem.

Es gibt also Ersatz für die wegfallenden Zielgruppen(ansprachen) und Targeting-Möglichkeiten?

Giese: Die digitale Werbebranche hat als Reaktion mehrere Alternativen geschaffen. Hierzu zählen beispielsweise der Einsatz von kontextuell orientierter Kampagnenplanung, die Anwendung von Data Clean Rooms und alternative ID-Lösungen wie netID. Mit der European netID Foundation wurde ein unabhängiger, offener und sicherer Standard als Alternative zu den Walled Gardens der US-Plattformen etabliert. Mittlerweile verzeichnet die führende ID-Lösung im DACH-Raum über 15 Millionen Nutzerinnen und Nutzer. Die Zahlen legen stetig zu, denn weitere Internet-Angebote integrieren kontinuierlich den ID-Standard. Mittlerweile zählen über hundert Unternehmen aus allen Segmenten zu den Partnern. Seit Mitte 2022 treibt der Fachbeirat Österreich das Thema im lokalen Markt.

Welche weiteren Herausforderungen kommen aktuell auf die Marketing-Branche zu?

Giese: Publisher und Werbetreibende können ihren Teil zum Wachstum der Branche beitragen: indem sie sich auf die Post-Cookie-Ära vorbereiten, in Technik investieren und auch nachhaltige Strategien verfolgen. Dass insbesondere Nachhaltigkeit wichtig ist, zeigt die aktuelle Ausgabe der Studienreihe “Digital Dialog Insights” der Stuttgarter Hochschule der Medien. 81 Prozent der befragten Marketing-Expertinnen und Experten aus dem DACH-Raum prognostizieren, dass die Investitionen in Nachhaltigkeit deutlich ausgebaut werden. Im Marketing wird Nachhaltigkeit zum Schlüsselfaktor für zukünftige Kaufentscheidungen: 71 Prozent der Befragten halten nachhaltige Strategien für entscheidend, um Kundinnen und Kunden zu gewinnen sowie neue Partnerschaften abzuschließen.

Wo sehen Sie die Potenziale von Nachhaltigkeit?

Giese: Unternehmerische und ökologische Verantwortung werden zum Wettbewerbsvorteil. Die Hälfte der E‑Mail-User in Österreich hält das Thema Nachhaltigkeit für sehr wichtig bis wichtig. Das sind Ergebnisse unserer aktuellen “E‑Mail-Marktstudie AT” in Zusammenarbeit mit dem Institut MindTake. Als spezifischen Aspekt bewerten über drei Viertel der Befragten hohe Datenschutz- und Sicherheitsstandards der Anbieter als relevant. Zudem ist für mehr als die Hälfte umweltfreundliches Recycling und die Aufbereitung von Notebooks und Servern ebenso bedeutsam wie die Übernahme von ökologischer Verantwortung durch die Anbieter digitaler Medien.

Wo steht GMX bei diesen Themen?

Giese: GMX ist in Sachen Nachhaltigkeit auf einem sehr guten Weg. Im Segment E‑Mails kommt es darauf an, dass Rechenzentren energieeffizient und ressourcensparend betrieben werden. Die von uns genutzten Server verwenden beispielsweise seit 2018 Ökostrom und sind nach dem ISO Standard 50.001 zertifiziert. Auch bei der Effizienz verbessern wir uns stetig: Seit 2017 hat sich zwar unser Datenvolumen verdreifacht. Durch innovative Cloud-Lösungen konnten wir aber die dafür benötigte Server-Hardware sogar reduzieren. Bei den Endgeräten gilt das Prinzip der Kreislaufwirtschaft: Reduce – Reuse – Recycle. Wir drehen an vielen Stellschrauben: So wollen wir im Segment Programmatic Advertising unsere Emissionen senken. Dafür arbeiten wir mit dem Nachhaltigkeitsspezialisten Scope3 zusammen. Das ist besonders relevant, weil der Anteil der programmatischen Werbung an den Budgets weiter zulegen wird. Zudem hilft uns Künstliche Intelligenz in vielen Bereichen, Kampagnen für unsere Werbekunden effizienter auszuspielen.

Wie wird KI die Geschäftsfelder Ihres Unternehmens verändern?

Giese: KI kommt insbesondere in den Bereichen Automatisierung, Optimierung und Targeting bereits zum Einsatz. Bei der Optimierung von Kampagnen unterstützt KI bei der Anpassung auf Klick-Zielgruppen. Dabei werden klickende Personen identifiziert und automatisch auf die Grundgesamtheit hochgerechnet. So lässt sich die Performance von Display-Werbung erhöhen. Zudem analysieren Algorithmen laufend das Surfverhalten auf unseren Portalen auf entsprechende Muster – die Einwilligung der Nutzerinnen und Nutzer vorausgesetzt. Identifiziert das System bei einer Gruppe eine klare Affinität zu einem bestimmten Thema wie Fußball oder Reisen, werden entsprechende Zielgruppen-Merkmale gebildet. Bei den hohen Reichweiten von GMX.at – die ÖWA hat für das vierte Quartal 2,33 Millionen Unique User für einen durchschnittlichen Monat ausgewiesen – lassen sich auch spitze Zielgruppen erreichen. Die KI ist dabei aber nur so gut wie die Daten. Und die stimmt bei UIM, dank First-Party-Daten mit hoher Qualität sowie hoher Besuchsfrequenz und Relevanz der Services. In Österreich haben 26,2 Prozent der E‑Mail-Nutzerinnen und ‑Nutzer ihre Haupt-Mail-Adresse bei GMX.at.

Beeinflusst KI auch das Frontend, also den sichtbaren Bereich für die Nutzerschaft?

Giese: Für GMX-Nutzerinnen und ‑Nutzer ist KI bei der Spam-Erkennung und vor allem im Intelligenten Postfach am sichtbarsten. Eingehende E‑Mails werden von einem Algorithmus vorsortiert und in fünf Kategorien angezeigt: Allgemein, Social Media, Newsletter, Bestellungen sowie Verträge & Abos. Als digitaler Assistent unterstützt das Intelligente Postfach bei der Erledigung von digitalen Aufgaben.

Profil-Zwillinge verbessern die Ausspielung von Anzeigen.

Mit welchen Innovationen dürfen die Werbekunden 2024 bei Ihrem Unternehmen rechnen?

Giese: Künstliche Intelligenz ermöglicht neue Lösungen im Bereich Targeting. Sehr spannend ist etwa unser Prospecting. Dabei greift das System auf Insights zu Usern zurück, die sich bereits für bestimmte Produkte oder Dienstleistungen interessiert oder diese bestellt haben. Parallel werden Nutzerinnen und Nutzer identifiziert, die zu diesen bereits konvertierten Usern viele Übereinstimmungen haben. Aufgrund ihrer Ähnlichkeiten haben diese so genannten Profil-Zwillinge mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls hohes Interesse oder Kaufabsichten. Das wiederum sorgt für eine treffsichere Ausspielung der Anzeigen – mit maximaler Relevanz ohne Cookies. Mit der Kombination aus Display Ads und dem nativen Inbox Ad gibt es das Prospecting mit enormer Reichweite auf allen Devices.

Ein weiterer Fokus liegt auf dem visuellen Upgrade der Inbox. Im letzten Jahr haben wir die Product Gallery Ad für die Inbox Ad gelauncht. Über diese lassen sich Bilder direkt im Posteingang platzieren. Über die Motive lassen sich sowohl Branding-Ziele erreichen als auch die Performance von Kampagnen steigern. Das ist für Werbetreibende gerade in diesen anspruchsvollen Zeiten besonders wichtig. Zudem haben wir Anfang des Jahres die Product Gallery Ad im Newsletter gestartet. Ein echter Booster für das E‑Mail-Marketing. Nun können Versender ihre Mailings und Newsletter mit bis zu drei Bildern verschicken, die direkt im Postfach angezeigt werden. Voraussetzung hierfür ist die Verwendung von trustedDialog. Die Kombination aus Prüfsiegel und Markenlogo und nun auch Bildmotiven sorgt für extreme Aufmerksamkeit, Sicherheit und Vertrauen. Vertrauen ist unser großer USP.

Wo spielt Vertrauen noch eine Rolle?

Giese: GMX gehört in Österreich zu den meistgenutzten Online-Nachrichtenangeboten. Laut dem aktuellen Digital News Report liegt GMX auf Platz fünf, 12 Prozent der Befragten nutzen GMX wöchentlich. Wir stärken unsere Brand auch durch Innovationen im Bereich Vertrauen. So ist GMX redaktioneller Pionier in Österreich beim Einsatz der Journalism Trust Initiative. Dazu hat die Redaktion die Transparenzregeln von Reporter ohne Grenzen eingeführt und in die journalistische Arbeit investiert. Der Lohn dieser Maßnahmen zeigt sich in der aktuellen E‑Mail-Marktstudie AT: Im Vertrauens-Ranking der digitalen Dienste liegt GMX in Österreich nur knapp hinter ORF.at auf dem zweiten Platz.

Wie schätzen Sie die aktuelle Entwicklung des Digital-Werbemarktes in Österreich, Deutschland und auch weltweit für 2024 ein?

Giese: Wenn die Wachstumszahlen in der Wirtschaft stimmen, dann wird auch die Werbeindustrie davon profitieren. Das digitale Segment zeigt sich trotz der wirtschaftlichen Herausforderungen äußerst robust. Die Erhebung von FocusMR zeigt für das Online-Segment nach dem positiven Start ins Werbejahr im Januar mit 13,1 Prozent nun auch für Februar ein weiteres Plus um 6,1 Prozent. Diese positive Entwicklung sehen wir auch in Deutschland. So prognostiziert der OVK für den Online-Displaywerbemarkt in Deutschland für das Gesamtjahr 2024 ein Plus von 7,9 Prozent. Digitale Werbung wird also weiter zulegen – die zunehmende Digitalisierung des Alltags und der Mediennutzung unterstützt diese Entwicklung.

Dieses Interview ist Teil einer Artikelserie rund um die „MOMENTUM Digitalspendingstudie 2023 & Prognose 2024”, die von der Agentur MOMENTUM WIEN in Kooperation mit dem iab austria erstellt wird. Die „MOMENTUM Digitalspendingstudie 2023 & Prognose 2024” wurde erstmals beim JETZT SUMMIT (20. und 21. März 2024) in Wien angeteasert und erscheint voraussichtlich im April 2024.

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Albert Sachs

Chris Budgen

„Im Wald vor lauter Bäumen” von Dirk Brockmann

In einer vernetzten Welt müssen wir vernetzt denken, um Zusammenhänge zu erkennen. So können wir komplexe Phänomene wie Pandemien, Klimawandel oder Verschwörungserzählungen verstehen. Der Komplexitätsforscher Dirk Brockmann betrachtet die Welt ganzheitlich.